Kinderzeitung über „Strom“
© APG Caro Burger
Christoph Schuh
MARKETING & MEDIA Redaktion 12.07.2024

Kinderzeitung über „Strom“

Stromverteilnetzbetreiber kooperieren mit der Kleinen: Wissensheft zur Verwendung an Volksschulen.

••• Von Alexander Haide

GRAZ. Das Produkt ist in dieser Form einzigartig in Österreich: Gemeinsam haben die Verteilnetzbetreiber e-steiermark, e-netze, Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB), Kärnten Netz, Linz Netz, Netz Burgenland, Netz OÖ, Tinetz – Tiroler Netze, Wiener Netze und APG mit der Redaktion der „Kleinen Kinderzeitung“ (Kleine Zeitung) ein neues Wissensheft konzipiert, das Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren umfassendes Wissen zum Thema Strom vermittelt. Die Sonderausgabe rund um das Thema Strom ist in sechs Bundesländer-Versionen erschienen, wurde an rund 2.071 Volksschulen verteilt und erreichte etwa 115.000 Kinder.

APG-Unternehmenssprecher Christoph Schuh zieht eine erste Bilanz und verrät, was mögliche Kommunikationsstrategien in Zukunft sein könnten.

medianet: Ist eine Kinderzeitung zum Thema Strom mehr als nur eine Marketingmaßnahme?
Christoph Schuh: Das Projekt hat verschiedenste Ebenen. Erstmals in der Geschichte der Netzbetreiber haben wir eine bundesländerübergreifende Kommunikationsmaßnahme gesetzt. Das zeigt, dass die gesamte Branche neue Instrumente verwenden und neue Wege gehen muss, damit die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung nicht nur als Segmentinitiative wahrgenommen wird, sondern als gemeinsamer Effort. Denn die versorgungssichere Energiewende ist nur gemeinsam zu schaffen, wenn alle an einem Strang ziehen. Zum anderen haben wir den Kommunikationszielen folgend eine Analyse angestellt, wer die Akteure sind, die wir erreichen müssen. Sprachwissenschaftlich führt die Kommunikation mit sechs bis zwölfjährigen dazu, dass man eine besondere Sprache und Erklärform für sehr komplexe Themen wählen muss, damit sie von der Zielgruppe verstanden wird. Neben den Kindern als Primärzielgruppe ist die Sekundärzielgruppe der Eltern wichtig, die über dieses Medium ebenfalls erreichbar sind. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Kinder viele Produkte mit nach Hause nehmen und mit den Eltern darüber sprechen. Wir erreichen damit nicht nur die Volksschüler, sondern auch deren Eltern für eines der wichtigsten Themen, nämlich wie das Energiesystem als Gesamtes funktioniert. Wir, als Übertragungsnetzbetreiber, haben unabhängig von der Zielgruppe zudem die Pflicht zu informieren, weshalb und wie wir in den Netzausbau investieren. Deshalb ist die Kinderzeitung eines von vielen Instrumenten das wir verwenden, damit die Bewusstseinsbildung und Transparenz über unsere Maßnahmen auch in der Bevölkerung ankommen.

medianet: Bespielen Sie damit auch die Zielgruppe von Morgen?
Schuh: Es ist die Folge einer logischen Kommunikationsmaßnahme, dass man einerseits eine Zielgruppe anspricht, die für die Zukunft besonders relevant ist. Andererseits ist das, was in der Schule in Physik oder Chemie erzählt wird, teilweise von der Praxis entfernt. Ich selbst habe erst im Zuge meiner Arbeit für die APG gelernt, was eine Megawattstunde bedeutet oder wie Strom überhaupt produziert wird. In der Schule war das rein theoretisch für mich und ohne eine praktischen Lebensnutzen. Vielleicht war ich auch nur ein besonders uninteressierter Schüler was Chemie und Physik betrifft. Ein lebendiges Beispiel an dem Kinder Zusammenhänge erkennen können ist, dass der Strommast vor der Haustüre etwas mit dem iPhone, dem e-Scooter oder der Spielekonsole zu tun hat. Das kann schon ein Aha-Erlebnis und gewissermaßen auch prägend sein. Ein anderer Aspekt ist, dass Kinder das Thema Infrastruktur als tatsächlich notwendig erkennen, um etwa die PV-Anlage am Dach sinnvoll einsetzen zu können und damit sie nicht den Mythos glauben, dass man damit Tag und Nacht autark ist. Es sind viele kleine Bausteine, die wir mit dem umfassenden systemischen Ansatz in der Zeitung erklären, wie alles zusammenhängt. Wir zeigen, dass die einzelnen Sektoren, wie die Kraftwerksbetreiber, die Netzbetreiber, die Speicherbetreiber und Autoproduzenten, die normalerweise einzeln auftreten, ein Gesamtsystem sind, das nur zusammen funktionieren kann. Zusätzlich zur Zeitung gab es auch Arbeitsblätter, die die Lehrer mit den Schülern in den Klassen aufarbeiten konnten, was nicht nur ein passives Lesen ermöglicht, sondern in der Folge auch ein aktives Anwenden des Wissens. Es geht aber auch um den Wissenstransfer an die Eltern.

Ich spreche oft mit Bürgerinitiativen, wo Dinge zur Sprache kommen, die ich als Unwissenheit und zum Teil als Naivität bewerte, ohne den Menschen eine böse Absicht zu unterstellen. Ich merke dabei aber, dass irgendwo beim Informationstransfer etwas falsch gelaufen ist, wovon ich die APG selbst nicht ausnehme. Wir sind auch nicht frei von Fehlern, was die Kommunikation betrifft. Das Ziel ist es, eine ganzheitliche Darstellung zu erreichen und interessierten Menschen die Möglichkeit geben, sie auch so aufzunehmen und zu verarbeiten. Nur so können wir den Sinn transportieren, weshalb wir neun Milliarden Euro investieren, weshalb die versorgungssichere Energiewende nicht nur ein Thema für die Energiewirtschaft ist, sondern auch etwas mit dem eigenen Haushalt zu tun hat, oder weshalb Kapazitäten im Stromnetz unmittelbar mit dem Strompreis zusammenhängen. All das sind Dinge, die wir sonst nicht kommunizieren könnten.

medianet: Weshalb haben bei der Zeitung nur Netzbetreiber aus sechs Bundesländern mitgemacht und nicht aus allen neun?
Schuh: Das ist relativ einfach erklärt. In Niederösterreich gibt es ein eingeführtes Produkt, eine Kinderzeitung, die von den Kollegen der Netz Niederösterreich gemacht wird. In Vorarlberg hat man ebenfalls einen eigenen Zugang. Unser Ziel war es nicht, auf Biegen und Brechen alle zusammenzuspannen, sondern überall dort zusammenzuarbeiten, wo es kein vergleichbares Produkt oder keine Initiative in dieser Richtung gibt. Hätten wir das gemacht, wäre eine kostenmäßig schwierige Adaption des Produkts nötig gewesen. Also haben wir es überall dort umgesetzt, wo wir eine grüne, unbespielte Wiese vorfanden. Die Zeitung wird auch nicht nur an Kinder in Schulen weitergegeben, wir setzen sie auch bei unserem Tag der offenen Tür ein, oder für Führungen in Umspannwerken. Wir haben also einen darüber hinaus gehenden Lehrmitteleffekt, der über die unmittelbare Anwendung in der Schule hinausgeht.

medianet: Gibt es einen Grund, weshalb Sie mit diesem Produkt die Teenager-Zielgruppe nicht bedienen?
Schuh: Zum einen hat die sprachwissenschaftliche Analyse ergeben, dass wir jene Sprache, die wir für diese Zielgruppe aufbereiten, auch jene ist, die Eltern am besten verstehen. Der Kommunikationsmehrwert ist also maximiert. Wenn wir andererseits die Volksschule verlassen und in die späteren Altersgruppen gehen, hätten wir vermutlich vier unterschiedliche Kinderzeitungen oder Zeitungen für Jugendliche machen müssen. Was dann zu einem sehr hohen Ausmaß verloren ginge wäre der Mitlesefaktor der Eltern. Je älter die Kinder werden, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie das Produkt mit nach Hause bringen und darüber mit den Eltern sprechen. Neben der Logistik ist es auch eine mediale Frage, die wir als Aufgabe für die Zukunft sehen, nämlich das Thema Multi-Channel-Communications und wie wir es mit einem halbwegs günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis schaffen, zielgruppenspezifisch kommunizieren zu können. Wir diskutieren gerade intern, ob Instagram und TikTok im kommenden Jahr ein Thema sein können, dann wären wir genau in dieser Zielgruppe. Wir überlegen auch Kooperationen bei unseren Tagen der offenen Tür mit höheren oder berufsbildenden Schulen.

medianet: Weshalb entstand die Kooperation gerade mit der Kleinen Zeitung?
Schuh: Die Kleine Zeitung macht standardmäßig einmal pro Monat eine Kinderzeitung. Wir, als APG, haben vor zwei Jahren bereits gute Erfahrungen mit einer Kinderzeitungsausgabe gemacht. Wir legen bei den Regeln, wie man werbetechnisch und kommunikativ mit Kindern im Sinne des Schutzes umgeht, höchste Kriterien an. Es gibt keine Werbung oder keine Produktempfehlungen. Es ist also auch medial ein sauberes Produkt, da die Kleine Zeitung nichts in der Kommunikation mit dem Endprodukt zu tun hat. Es ist nach den höchsten pädagogischen und Schutzstandards für Kinder gemacht.

medianet: Gibt es Pläne für weitere Kommunikationsmaßnahmen in diese Richtung?
Schuh: Wir werden die entstandenen Kontakte mit den Schulen und Lehrern dazu nutzen, sie bei Tagen der offenen Tür in den Regionen einzuladen. Es wird seitens der APG für die strukturelle Kommunikationsplanung in der Zukunft angedacht, einen zielgruppenspezifischen Newsletter zu machen, sollten wir in die Social Media gehen. Das geht allerdings nicht direkt an die Kinder, sondern über Schulen. Die ganz saubere Trennung zwischen Kommunikation, Werbung und Marketing in geschützten Zielgruppen ist uns besonders wichtig. Wir werden die Zielgruppe in Zukunft mit neuen Ideen und Produkten ansprechen, denn wie erwähnt, gibt es in ihr die höchsten Mitnahmequoten und die höchsten Merkraten. Ich bin überzeugt, dass es für unter zehnjährige Kinder ein Erlebnis für das ganze Leben ist, wenn sie ein Umspannwerk besuchen. (ah)

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