Verfassungsausschuss diskutiert Zukunft der Wiener Zeitung, Inseratenvergabe und Medienförderung
© Moritz Ziegler Wiener Zeitung
MARKETING & MEDIA Redaktion 26.01.2023

Verfassungsausschuss diskutiert Zukunft der Wiener Zeitung, Inseratenvergabe und Medienförderung

Gesetzesvorschlag zur Errichtung einer Stiftung "Forum Verfassung" wird in Begutachtung geschickt.

WIEN. Mit Medienministerin Susanne Raab widmete sich der Verfassungsausschuss des Nationalrats heute mehreren Forderungen. So setzt sich die Opposition für die Zukunft der Wiener Zeitung, mehr Transparenz am Medienmarkt und bei Regierungsinseraten, die Unabhängigkeit des ORF und für die Förderung der Medienkompetenz ein. Sämtliche Anträge wurden vertagt, wobei zum Vier-Parteien-Gesetzesantrag für die Errichtung einer Stiftung "Forum Verfassung" eine Ausschussbegutachtung beschlossen wurde.

Finanzielle und politische Unabhängigkeit der Wiener Zeitung
Die NEOS üben Kritik am Gesetzentwurf zur Zukunft der Wiener Zeitung und drängen auf die Ausarbeitung eines gänzlich neuen Gesetzentwurfs, der die Zeitung innerhalb eines definierten Zeitraums in eine finanzielle und politische Unabhängigkeit führt (3041/A(E)). Die vorliegenden Pläne der Regierung seien keine adäquate Lösung für den Fortbestand des Blatts, meint NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter zu den Plänen für eine Online-Abbildung des aktuellen Tagesgeschehens und die Erscheinung eines Monatsmagazin in Printform. Obwohl sie den Wegfall der Pflichtveröffentlichungen befürwortet, würde die unklare redaktionelle Ausrichtung wohl auf ein "Sterben auf Raten" hinauslaufen, meinte die Antragstellerin. Ihr Vorstoß würde die Möglichkeit eröffnen, andere Optionen durchzudenken, um den Fortbestand zu sichern, so Brandstötter (NEOS). Auch Sabine Schatz (SPÖ) sprach sich im Namen ihrer Fraktion für den Erhalt der ältesten Tageszeitung der Welt durch ein adäquates Finanzierungsmodell aus.

"Print ist keine Zukunft", meinte dazu Eva Blimlinger (Grüne). Bei der niedrigen Auflage von 8.000 erachtet sie eine Neuausrichtung des Blatts als erforderlich, aber auch als einmalige Chance für ein neues Produkt. Nach der Gesetzesbegutachtung werde derzeit konstruktiv über vielfältige mögliche Zukunftsformen der Wiener Zeitung diskutiert und abgewogen, welche Punkte aus den eingelangten Stellungnahmen aufgenommen werden können. Die Rahmenbedingungen und der finanzielle Spielraum seien klar definiert. Kurt Egger (ÖVP) zeigte sich in Richtung SPÖ und NEOS darüber verwundert, einem Printmedium nachzutrauern. Mit der Begleitung in eine digitale Zukunft sichere man den Erhalt der Wiener Zeitung, sagte er. Der Entschließungsantrag wurde vertagt.

Mehr Transparenz bei Inseratenvergaben
Die Opposition fordert Änderungen bei der Inseratenvergabe durch die öffentliche Hand. So geht es der FPÖ mit ihrem Vorstoß (2002/A(E)) darum, die Regierungsausgaben zu deckeln, um die politische Einflussnahme auf die mediale Berichterstattung durch die Inseratenvergaben in finanzieller Hinsicht zu erschweren. Zur Transparenz und Kontrolle sollte dem Parlament jährlich ein Evaluierungsbericht zugeleitet werden. In einem gemeinsamen Antrag fordern auch Henrike Brandstötter (NEOS), Christian Hafenecker (FPÖ) und Jörg Leichtfried (SPÖ) einen jährlichen Transparenzbericht und weitere gesetzliche Maßnahmen zur Sicherstellung einer politisch vertretbaren Praxis der Inseratenvergabe (2138 A(E)), etwa die Reduzierung des Vergabevolumens von Schaltungen, die Förderung von Qualitätsjournalismus oder die Einrichtung einer öffentlich einsehbaren Datenbank.

Das von der Regierung geplante Medienpaket würde diese Forderungen nicht gänzlich abdecken, erklärte Henrike Brandstötter (NEOS) das Ansinnen. Hinsichtlich der Legitimität bei der Inseratenvergabe würden immerhin Vorwürfe im Raum stehen. Auch Sabine Schatz (SPÖ) betonte den aus ihrer Sicht starken Bedarf, die Vergabe transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten. Da sich an den hohen Ausgaben der Bundesregierung wohl nichts ändern werde, untermauerte Susanne Fürst (FPÖ) die Forderung ihrer Fraktion nach einem Kostendeckel und mehr Kontrolle.

Eva Blimlinger (Grüne) und Kurt Egger (ÖVP) verwiesen auf den vorliegenden Gesetzesentwurf, wobei Bundesministerin Susanne Raab Gemeinsamkeiten mit den Anträgen verortet. Die Grundlage für die Inseratenvergabe sei das Informationsbedürfnis der Bevölkerung, erklärte sie. Dabei soll vollständig transparent dargelegt werden, warum für welche Zielgruppen in welchen Medien inseriert werde, sagte Raab zur geplanten Datenzugänglichkeit bei der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR). Beide Anträge wurden vertagt.

Unabhängigkeit des ORF, Fake News & Medienförderung

Vertagt wurden auch drei weitere Entschließungsanträge. Für eine Novelle zum ORF-Gesetz machen sich SPÖ und NEOS gemeinsam stark (2480/A(E)). Die Strukturen des ORF sollten an die Anforderungen eines Medienunternehmens im 21. Jahrhundert angepasst werden, mit der dessen Unabhängigkeit nachhaltig gesichert wird. Dabei geht es den Antragstellerinnen und Antragstellern auch darum, den öffentlich-rechtlichen Auftrag im digitalen Bereich weiterzuentwickeln, da junge Menschen sich in der Welt des linearen Fernsehens und Radios nicht mehr zu Hause fühlen würden. Ferner würden die zuletzt kursierenden Vorwürfe die Legitimation des ORF als Leitmedium in Frage stellen, meinte Henrike Brandstötter (NEOS). Auch für Michael Schnedlitz (FPÖ) ist der Antrag vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegenüber dem ORF Niederösterreich wichtig. Er übte in diesem Zusammenhang Kritik daran, dass die Parlamentssitzungen künftig nur mehr im ORF III übertragen werden sollen. Christian Drobits (SPÖ) regte die schnelle Vorlage eines Gesetzesentwurfs an, woraufhin Kurt Egger (ÖVP) bestätigte, dass ein ORF-Gesetz kommen werde, um die Stärkung der Unabhängigkeit und gleichzeitig die langfristige Finanzierung zu gewährleisten. Laut Eva Blimlinger (Grüne) würden diesbezüglich Gespräche laufen.

NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter ortet eine immer stärker werdende Bedrohung der österreichischen Gesellschaft durch Fake News und Desinformation und fordert die Regierung dazu auf, einen Fünf-Punkte-Plan umzusetzen, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern (2751/A(E)). Ihr entsprechender Vorschlag beinhaltet schulische und außerschulische Medienkompetenzentwicklung auch für Erwachsene, ein Gütesiegel für journalistische Sorgfalt, staatliche Förderungen für seriöse Fakten-Check-Initiativen und unabhängige Social-Media-Kanäle zur Vermittlung von Medienkompetenz-Inhalten sowie die Einrichtung eines mit unabhängigen Expertinnen und Experten besetzten Büros gegen Fake News und Desinformation. Susanne Fürst (FPÖ) kritisierte den Vorstoß, sich "Wahrheit von einem Büro vorgeben zu lassen", woraufhin Georg Bürstmayr (Grüne) entgegnete, dass die Wahrheit - bei deren Feststellung die Wissenschaft helfe - die Basis für die demokratische Auseinandersetzung bilde.

Um feststellen zu können, ob am heimischen Medienmarkt die mit den einzelnen Fördertöpfen einhergehenden Ziele erreicht werden, fordern die NEOS einen jährlichen Bericht über die Auswirkungen der Förderungen (3040/A(E)). Dieser sollte von der Bundesregierung bei unabhängigen Fachexpertinnen und Fachexperten beauftragt und umgehend auf der Website der RTR veröffentlicht werden, erläuterte Henrike Brandstötter (NEOS). Auch die SPÖ sieht Notwendigkeit für einen solchen Bericht. Christian Drobits (SPÖ) schlug aber ein größeres Intervall für den Berichtszeitraum vor. Ministerin Susanne Raab konnte den Wunsch nach mehr Transparenz zwar nachvollziehen, verwies aber auf die Veröffentlichung der geförderten Projektvolumina sowie auf den jährlichen Kommunikationsbericht, worin die Arbeit der RTR dokumentiert werde.

Errichtung einer Stiftung "Forum Verfassung"
Schließlich beschloss der Verfassungsausschuss einstimmig eine Ausschussbegutachtung zum vorliegenden Vier-Parteien-Antrag zur Stiftung "Forum Verfassung" (3077/A). Die Einrichtung dieser Stiftung schlagen ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS vor, um die Bedeutung der österreichischen Bundesverfassung und des Verfassungsgerichtshofs stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und das Verfassungswissen zu verbessern.

Unter anderem sollen eine Ausstellung mit digitalem Schwerpunkt, interaktive Führungen, Veranstaltungen, die Entwicklung von Unterrichtsmaterial und die Förderung wissenschaftlicher Arbeiten dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen, wobei eine enge Anbindung der Stiftung an den Verfassungsgerichtshof vorgesehen ist. Zudem ist geplant, alle zwei Jahre einen Verfassungspreis auszuschreiben, um Personen auszuzeichnen, die sich besonders für die Vermittlung der Bedeutung der Verfassung engagieren und Ideen zur Förderung des Demokratie- und Rechtsstaatsverständnisses entwickeln. Finanziert werden soll die Stiftung vorrangig von der öffentlichen Hand. Neben einer Einmalzahlung von 710.000 € sind dem Antrag zufolge jährlich wertgesicherte Zuwendungen in der Höhe von 700.000 € vorgesehen.

Nach der Einholung von Stellungnahmen bis zum 14. Februar soll der heute vertagte Antrag vom Ausschuss wiederaufgenommen werden. (Schluss Verfassungsausschuss) (red)

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