Elektroautos aus China – Warum die EU-Ausgleichszölle umstritten sind
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MOBILITY BUSINESS Redaktion 31.10.2024

Elektroautos aus China – Warum die EU-Ausgleichszölle umstritten sind

Deutsche Autobauer und österreichische Auto-Zuliefererbetriebe befürchten chinesische Gegenmaßnahmen.

BRÜSSEL. Die Europäische Union hat die Verordnung zu den Zollaufschlägen für Elektroautos aus China in Kraft gesetzt. Ab Mittwoch gelten Zusatzzölle von bis zu 35,3 Prozent. Die deutschen Autobauer und österreichischen Auto-Zuliefererbetriebe befürchten Gegenmaßnahmen durch Peking und Nachteile für ihr exportorientiertes Geschäftsmodell.

Warum hat die EU die Zölle verhängt?
Brüssel wirft Peking übermäßige Subventionen für seine E-Autobauer vor, die ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Dadurch drohten bei europäischen Herstellern Werksschließungen und Arbeitsplatzverluste, heißt es in einer Untersuchung, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangenes Jahr eingeleitet hatte.

Wie viele E-Autos verkaufen Chinas Anbieter?
Von der Leyen begründet das Vorgehen gegen China damit, die Weltmärkte würden von "billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt". Tatsächlich haben chinesische Anbieter wie BYD und SAIC ihren Marktanteil in Europa in den vergangenen zwei Jahren auf knapp acht Prozent gesteigert. Größer ist allerdings der Anteil von E-Autos von BMW, Volvo oder Tesla, die in China gefertigt und in der EU verkauft werden.

Welche Zölle greifen nun?
Der höchste Ausgleichszoll liegt bei 35,3 Prozent und wird zusätzlich zum bisherigen Zollsatz von 10 Prozent fällig. Das trifft etwa den chinesischen Hersteller SAIC. Für den Konzern Geely werden zusätzliche 18,8 Prozent fällig, für den Hersteller BYD günstigere 17 Prozent. Alle Zollaufschläge gelten vorerst für fünf Jahre.

Was müssen deutsche Hersteller bezahlen?
Autobauer wie BMW, Volkswagen und ihre chinesischen Joint-Venture-Partner müssen einen Zollaufschlag von 20,7 Prozent bezahlen, wenn sie Elektroautos aus China in die EU exportieren. Der US-Hersteller Tesla handelte in Brüssel den niedrigsten Zollsatz von 7,8 Prozent aus. Betroffen sind jeweils ganze Fahrzeuge, nicht Einzelteile wie Batterien.

Was fürchten die deutschen Autobauer?
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnt vor einem "weitreichenden Handelskonflikt" mit Peking, der das deutsche Wirtschaftswachstum weiter drücken und zu Arbeitsplatzverlusten führen könnte. Für deutsche Hersteller ist China ein wichtiger Markt, auch wenn ihr Absatz von Verbrennern dort zuletzt stark zurückging und bei E-Autos chinesische Marken vorne liegen.

Was sagt Deutschland?
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich gegen die Zollaufschläge ausgesprochen und vor wirtschaftlichen Schäden in Europa gewarnt. Deutschland und Länder wie Ungarn oder die Slowakei wurden allerdings Anfang Oktober bei einem Votum der Mitgliedsländer in Brüssel überstimmt. Insbesondere Frankreich und Italien, deren Autobauer weniger in China vertreten sind, stehen hinter der härteren Gangart der EU-Kommission.

Was sagt Österreich?
Österreich hat sich bei der Abstimmung über die Zöllaufschläge für Elektroautos aus China enthalten. Mitte Oktober hatte Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sich im Zollstreit für eine Verhandlungslösung ausgesprochen. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) sprach sich dafür aus, den Dialog mit China aufrechtzuerhalten. Österreich hat einen sehr großen Autozulieferer-Sektor. Die Branche beschäftigt nach Eigenangaben über 80.000 Menschen in mehr als 900 Unternehmen. Der Anteil der Autozulieferindustrie an der Wertschöpfung der österreichischen Sachgütererzeugung liegt bei zehn Prozent, der jährliche Produktionswert bei 20 Mrd. Euro. Zu den klingenden Namen der Branche gehören Magna in Graz und das BMW-Werk in Steyr sowie der heimische "Patent-Kaiser" AVL List in Graz, Pierer Mobility in Mattighofen sowie der Lampenhersteller ZKW in Wieselburg.

Welche Folgen haben die Zölle für Autokäufer?
Kritiker warnen vor höheren Kosten für die Käufer von in China hergestellten Elektroautos in Europa. Ob die chinesischen Hersteller die Zusatzzölle tatsächlich an die Verbraucher weitergeben, ist bisher allerdings unklar. Manche Experten verweisen auf die relativ hohen Gewinnmargen in Europa.

Wie reagiert China auf das Inkrafttreten der Zölle?
Das Handelsministerium der Volksrepublik wirft Europa "Protektionismus" vor und droht mit "allen notwendigen Maßnahmen", um seine E-Autobauer zu schützen. Peking rief wegen der EU-Zölle die Welthandelsorganisation (WTO) an. Zudem hatte China Anfang Oktober vorläufige Strafzölle auf europäischen Weinbrand eingeführt und droht mit Aufschlägen auf Milchprodukte und Schweinefleisch. Brüssel schaltete deshalb seinerseits die WTO ein.

Sind die Verhandlungen endgültig gescheitert?
Zuletzt gab es nach Brüsseler Angaben noch "erhebliche" Meinungsunterschiede mit Peking, denn China bestreitet illegale Subventionen. Dennoch will die EU-Kommission die Gespräche fortsetzen. Bei einem Erfolg könnte die EU die Zollaufschläge wieder aussetzen. (APA)

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