Geisterküchen und Liquid Evolution
© APA/AFP/Behrouz Mehri
„Ghost Kitchens” werden auf Lieferportalen wie gewöhnliche Restaurants vermarktet und angezeigt, doch das Lokal(-Branding) ist rein virtuell. Serviert wird allein per Lieferbote.
RETAIL Redaktion 29.05.2020

Geisterküchen und Liquid Evolution

Hanni Rützlers neuer Food Report beleuchtet das Beschleunigungspotenzial der Krise in Sachen Trends.

••• Von Paul Hafner

WIEN. Im Vorjahr war das große Thema von Hanni Rützlers im Jahrestakt erscheinenden Food Report die „Snackification” der Esskultur; ihr neuer Report nimmt die Coronakrise als kreativen Motor und Beschleuniger verschiedener Entwicklungen unter die Lupe. „Corona hat die Welt verändert. Nun gilt es, diese veränderte Welt aktiv zu gestalten”, so Rützlers Ansage.

Welt im Wandel

Wenn es um positive Aspekte der Pandemie für verschiedene Lebensbereiche – wie Umweltschutz und Einkaufskultur – geht, ist ein häufig genutzter Begriff jener der Disruption bzw. des disruptiven Potenzials der Krise: Überall, wo es Tendenzen und Trends Richtung Wandel gibt, erhalte dieser Rückenwind.

Konkrete und aktuell viel genannte Beispiele dafür im Lebensmittelhandel sind der Regionalitätstrend und der Durchbruch im E-Commerce, wo sich der LEH bis vor Corona bekanntlich schwer tat.
Eines von drei großen Themen des Food Report ist der Boom der „Ghost Kitchens” – ein Phänomen, das auf dem medialen Radar noch nicht recht aufgeleuchtet ist. Gemeint sind Restaurants, in denen nur gekocht, aber nicht bedient wird. Mit ihnen habe sich „freilich schon vor der Krise eine Disruption der Alltagsgastronomie angekündigt”, so Rützler; nun passiere sie „schneller als erwartet”.
„Lieferservice­-Unternehmen beschränken sich nicht mehr bloß auf simple Botendienste, sondern entwickeln sich in einem enormen Tempo zu Food­Plattformen, die, basierend auf den via Apps generierten Kundendaten, völlig neue Gastronomiekonzepte hervorbringen – von Delivery­only­-Restaurants bis zu virtuellen Restaurants, die lediglich als Marke existieren und Speisen in eigens errichteten und selbst betriebenen ‚Ghost Kitchens' zubereiten.”
Der zweite Megatrend betrifft die Erhaltung der Biodiversität und damit die Zukunft unserer Ernährung. Corona werde den „Werte-Shift” der letzten Jahre, der Nachhaltigkeit zu einem der wichtigsten Themen gemacht hat und die Bedrohung des Klimawandels mehr in den medialen Fokus gerückt hat, weiter beflügeln und auch die biologische Artenvielfalt – „den Grundstein und Motor” für die Erhaltung gesunder Ökosysteme – aufs Tapet bringen.

Nicht nur Sekt oder Selters

Massiven Umsatzeinbrüchen vieler Getränke-Start-ups zum Trotz: Alkoholfreie Getränke werden weiter boomen. Grund ist das veränderte Gesundheits- und Wellnessbewusstsein der jungen Generationen, das neben dem Lebensmittel- auch den Getränkemarkt in den kommenden Jahren „gravierend verändern” werde; begleitender Subtrend: Foodpairing mit Direktsäften.

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