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Kontrollverlust Österreichische Unternehmen halten nach wie vor an der klassischen Gleitzeit mit Kernzeit fest. Flexiblere Modelle bleiben vor allem wegen mangelndem Vertrauen die Ausnahme.

Redaktion 25.08.2017

Das Home-Office bleibt oft ungenutzt

Theoretisch setzen viele heimische Betriebe auf flexible Arbeit, in der Realität ist sie aber die Ausnahme.

WIEN/LINZ. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance und die leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie machen flexible Arbeitszeitmodelle für Mitarbeiter ­durchaus attraktiv. Unternehmen wiederum profitieren von der höheren Motivation und Einsparmöglichkeiten bei den Arbeitsplätzen. Und auch in Sachen Umweltschutz und Verkehr bietet Teleworking durch den Wegfall von Pendlerfahren Vorteile.

Flexibilität ist wichtig ...

Laut der kürzlich präsentierten Flexible Working Studie von Deloitte Österreich, der Universität Wien und der FH Oberösterreich gaben 90% der 412 befragten Personalleiter und Führungskräfte an, dass ihr Unternehmen flexible Arbeitsmodelle anbietet. Viel Freiheit bei der Gestaltung ihres Arbeitstages haben aber trotzdem nur vergleichsweise wenige Mitarbeiter.

Recht gut etabliert ist das Home-Office in IT- und Telekommunikationsunternehmen und in großen Firmen. Ansonsten ist die klassische Gleitzeit mit klar definierten Anwesenheitszeiten aber das Höchste an Freiheit, das den Mitarbeitern zugestanden wird. Modelle wie Gleitzeit ohne Kernzeit, Vertrauens­arbeitszeit oder Teleworking sind die Ausnahme.
„Diese werden von den Unternehmen nur als Vorteil für Mitarbeiter gesehen. Bei klaren Regelungen profitieren aber beide Seiten von der gesteigerten Flexibilität”, ist Barbara Kellner, Managerin bei Deloitte Österreich, überzeugt.

.... aber Anwesenheit auch

In gut der Hälfte der Betriebe (52%) beschränkt sich Teleworking auf einige wenige Mitarbeiter. Lediglich in einem Fünftel der Betriebe könnte die Mehrheit der Belegschaft von zu Hause aus arbeiten. Doch selbst dann wird in der Hälfte der Fälle nur vereinzelt von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

„Präsenz gilt immer noch als Indikator für gute Leistung. Deshalb wird Home Office oft nur eingeschränkt genutzt”, sagt Kellner.

Mangelndes Vertrauen

Mit steigendem Vertrauen erhöht sich zwar die flexible Handhabung von Arbeitszeit und -ort, der deutlich ausgeprägte Wunsch der Unternehmen nach Kontrolle erschwert dies aber in der praktischen Umsetzung. Immerhin 40% der Unternehmen setzen auf das Prinzip „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser”.

Und das gilt oft auch für den ­Feierabend, die Wochenenden oder den Urlaub.
Fast zwei Drittel der Betriebe erwarten, dass ihre Führungskräfte auch in ihrer Freizeit jederzeit erreichbar sind, in immerhin 22% der Firmen gilt das auch für Mitarbeiter ohne leitende Funktion.
„Richtlinien in Bezug auf Verfügbarkeit sowie Anwesenheit gibt es selten und meist nur für die Nutzung von Home Office”, bestätigt Bettina Kubicek, Professorin für Organisationsentwicklung an der FH Oberösterreich. „Arbeitszeit und Freizeit müssen aber klar abgegrenzt werden. Das ist für Wohlbefinden und langfristige Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter wesentlich.”
Christian Korunka, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Wien, ist überzeugt, dass sich mehr Vertrauen seitens der Arbeitgeber aber rechnen würde: „Vertrauen ist immer eine Vorschussleistung. Die Studie belegt jedoch, dass die Attraktivität als Arbeitgeber klar mit dem Grad der Flexibilität steigt.”

Weitere Forschungen

In weiteren Forschungsprojekten werden sich die Universität Wien und FH Oberösterreich der Flexibilisierung der Arbeit und den Chancen und Herausforderungen, die damit verbunden sind, auch künftig widmen.

Für eine im Oktober startende Studie sucht Professor Korunka noch Unternehmen, die in demnächst flexible Arbeitszeitmodelle einführen oder ausbauen wollen. (bb)

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