Mit etwas Glück kommen wir davon
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FINANCENET Redaktion 09.12.2022

Mit etwas Glück kommen wir davon

Die Rezession klopft an die Tür – doch beim Erste Asset Management sieht man Licht am Ende des Tunnels.

••• Von Reinhard Krémer

Die Konjunktur taumelt, und die Inflation, lange totgeglaubt, feiert fröhliche Urständ’. Die Rezession klopft an der Tür. Doch wenn die Experten von Erste Asset Management (Erste AM) recht behalten, könnte die Welt mit einem blauen Auge davonkommen: Nach Monaten der Marktturbulenzen sehen die Analysten trotz der weltweiten wirtschaftlichen Herausforderungen Licht am Ende des Tunnels. Es lebe die Chance, dass die angesagte Rezession 2023 nicht kommt oder nur sehr milde verläuft, auch wenn die Historie und die Theorie dagegen sprächen, erläutert Erste AM-Anlagechef (Chief Investment Officer; CIO) Gerold Permoser.

Jetzt sei es an der Zeit, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und die neuen Opportunitäten an den Aktien- und Anleihenmärkten zu nutzen. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten in aller Welt, die hohe Inflation, steigende Renditen und Konjunkturängste haben die Märkte in die Knie gezwungen. Permoser spricht von einem schwierigen Jahr, das für Anleger in Fonds kaum Auswege offen ließ. „Die einzige Anlageklasse, sie sich 2022 gut entwickelt hat, waren Rohstoffe.”
Der Fokus der Zentralbanken läge in der Bekämpfung der hohen Inflation, die vor allem Europa und die USA getroffen habe, aber weniger China. Es gebe nun erste Anzeichen, dass der Preisauftrieb seinen Höhepunkt erreicht habe und 2023 deutlich nachlassen werde. Dafür sei jedoch ein geringer Anstieg der Arbeitslosigkeit notwendig.

Spirale nicht in Sicht

Eine Lohn-Preis-Spirale kann Permoser nicht ausmachen. Die Inflation in Europa sei vor allem den hohen Energiepreisen und dem Ukrainekrieg geschuldet. Wegen der hohen Energie- und Lebenshaltungskosten sieht die Erste AM das Inflations- und Rezessionsrisiko in Europa höher als in den USA. „Sollten wir bei den Energiekosten eine Entspannung sehen, dann wird sich die Inflation einbremsen, aber vorerst über dem Zentralbankenziel (von zwei Prozent im Euroraum; Anm.) liegen”, so Permoser.

Notenbanken haben reagiert

Mit der hohen Inflation verknüpft, sei es zu einem „Regimewechsel” in der Notenbank-Politik gekommen: Die Zentralbanken seien unter Druck geraten, die geldpolitischen Zügel schneller als erwartet anzuziehen.

Die extrem unterstützende Geldpolitik im Zuge der Corona-pandemie werde nun Schritt für Schritt zurückgefahren. Die Zinsen würden wohl noch bis ins Jahr 2023 hinein angehoben. Permoser erwartet zur Mitte des Jahres 2023 ein Leitzinsniveau von fünf Prozent in den USA und von drei Prozent in Europa. Akademischen Studie zufolge würden sich die konjunkturdämpfenden Maßnahmen von Zinserhöhungen circa 18 Monate später zeigen.

Dämpfer bis Ultimo 2023

Der Erste AM-Anlagechef rechnet daher mit dämpfenden Auswirkungen auf das Wachstum ab Mitte nächsten Jahres, die zur Jahreswende 2023/2024 ihren Höhepunkt erreichen werden. Da die Anleihen-Renditen diese Entwicklung schon vorweggenommen hätten, befinden sich die Renditen nach Einschätzung der Erste AM auf einem attraktiven Niveau, um Anleger für die globalen Risiken zu entschädigen. Die Märkte für festverzinsliche Anlagen hätten so viel Wertpotenzial wie schon lange nicht mehr.

Lukrative Anleiherenditen

Das gelte vor allem für Unternehmensanleihen: Im Bereich von Investmentgrade liege die Rendite derzeit bei circa vier Prozent, bei hochrentierenden Unternehmensanleihen sogar bei circa sieben Prozent. Permoser: „Das sind attraktive Risikoaufschläge, wenn man davon ausgeht, dass die Ausfallsraten nicht erheblich ansteigen.”

An den Aktienmärkten sei die Übertreibung nach dem Corona-crash vorbei. Durch die starken Korrekturen seien die Bewertungen deutlich günstiger als zu Jahresbeginn. „Aktien sind nicht teuer, aber auch nicht billig”, so der Erste AM-CIO.
In Phasen wie der jetzigen seien angesichts der Rückschlaggefahren bei einer Rezession Investitionen über Fondssparpläne, wo der Einstiegskurs geglättet wird, eine gute Variante.

Dollar zu hoch – Gold mau

Bezahlt machen könnte sich auch eine Anlage in Mischfonds, in welcher die Vorteile von Aktien und Anleihen zum Tragen kämen und ein „Risikopuffer” gegeben sei.

Der US-Dollar konnte 2022 von seinem Status als Leit- und Krisenwährung profitieren, sei nun aber überbewertet. Enttäuscht zeigt sich Permoser von der Entwicklung des Goldpreises, der trotz der Krise an Wert verloren hat. Das könnte sich 2023 umkehren, wenn der Dollar seine Gewinne abgebe, so der Erste AM-Anlagechef.

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