Corona-Verluste
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Rudolf Anschober
HEALTH ECONOMY Redaktion 20.08.2020

Corona-Verluste

Das Minus der Sozialversicherungen wird sich bis 2024 auf rund 3,3 Milliarden Euro summieren.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Die Sozialversicherungen haben zu Beginn der Woche erstmals seit Beginn der Corona-krise eine Gebarungsvorschau vorgelegt. Es ist auch die erste Vorschau nach dem Start der fusionierten Krankenversicherungen. Wie erwartet, fällt diese negativ aus: Laut dem Dachverband der Sozialversicherungsträger wird über alle fünf Träger hinweg ein Minus von 619 Mio. € für heuer erwartet.

2,7 Mrd. Euro-Minus bei ÖGK
Die Gebarungsvorschau 2021 bis 2024, die – wie man im Dachverband betont – auf einer sehr vorsichtigen Planung basiert, zeigt über die drei Krankenversicherungsträger (Gesundheitskasse ÖGK, Selbstständigenkasse SVS und Beamten/Eisenbahner/Bergbau BVAEB) hinweg ein kumuliertes Minus von 3,3 Mrd. €, davon 2,7 Mrd. für die Österreichische Gesundheitskasse. In den Unfallversicherungen soll voraussichtlich im Jahr 2024 wieder ein positives Ergebnis erreicht werden, und auch in den Pensionsversicherungen soll in den nächsten Jahren nahezu ausgeglichen bilanziert werden.
Für heuer weist die Prognose allein für die Krankenversicherungen zusammen ein Minus von 558 Mio. € bei einem Gesamtbudget von 20,2 Mrd. € aus, sagte Ingrid Reischl, Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger. Verglichen mit dem Voranschlag (-216 Mio.), hat sich das erwartete Bilanzergebnis damit um 342 Mio. € verschlechtert. Sei man im Voranschlag 2020 noch von einem Beitragswachstum von 4,1 Prozent ausgegangen, zeige sich aktuell ein Wachstum von nur 1,1 Prozent, hieß es. „Die vollen Auswirkungen der Covid-19-Krise werden voraussichtlich erst ab Herbst schlagend – aktuell wurden Forderungen gestundet, durch eine mögliche Insolvenzwelle Ende des Jahres kann es daher zu weiteren Beitragsausfällen kommen“, befürchtete Reischl.
Regierung soll helfen
Am Mittwoch begann Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mit Gesprächen mit den Kassen, zunächst mit der ÖGK über eine mögliche Hilfe durch den Bund. Für Reischl muss dabei das Ziel sein, durch Corona entstandene Belastungen von der Regierung ersetzt zu bekommen. Eine medianet-Umfrage unter den Gesundheitssprechern der Parlamentsparteien zeigt eine klare Zustimmung für eine Bundeshilfe. Nur die NEOS sind gegen Bundeszuschüsse. Anschober will nicht nur mit der ÖGK über einen finanziellen Ausgleich für durch Corona bedingte Verluste reden, sondern auch mit den Bundesländern bezüglich der Krankenhausfinanzierung. Die ÖGK ist über eine an die Einnahmen gekoppelte Pauschale auch der größte Finanzier der Spitäler. Etwa ein Drittel der Kasseneinnahmen geht an die Länder. Sinken die Einnahmen, gehen auch die Zahlungen entsprechend zurück, und die Zuzahlungen der Länder als Spitalsträger steigen. „Im September soll es klare Regelungen und Vereinbarungen geben“, betonte der Minister. Er verwies auf ein „gutes Einvernehmen“ mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und sei daher zuversichtlich, was den Ausgang der Verhandlungen betrifft.

Arbeitgeber bremsen
Offen ist derzeit noch, wie die Arbeitgeberseite, die in den Kassen seit der Reform das eigentliche Sagen hat, zu Zuschüssen steht. ÖVP-Kassenfunktionär und Reischl-Vize Peter Lehner hat am Montag den Ruf nach einer Ausfallhaftung des Bundes zurückgewiesen. „Die Sozialversicherung steht auf einem stabilen Fundament, und die Leistungen sind für alle Versicherten sichergestellt“, sagte er. Die „Panikmache“ sei „verantwortungslos“. Auch die Pharmabranche versuchte zu beruhigen – vor allem im Hinblick auf die von den Kassen erwarteten Anstiege bei den Arzneimittelausgaben. Die Prognose sei hier noch alles andere als verlässlich.

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