Herbstlicher Slowdown
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INDUSTRIAL TECHNOLOGY Helga Krémer 02.09.2022

Herbstlicher Slowdown

Ökonomen blicken besorgt ins kommende Halbjahr – der EMI sank im Sommer unter 50 Punkte und damit unter die Wachstumsgrenze.

WIEN. Die Abkühlung der Industriekonjunktur hat sich Mitte des dritten Quartals 2022 erneut verstärkt: „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im August um fast drei Punkte gegenüber dem Vormonat auf 48,8 Punkte. Damit fiel der Indikator erstmals seit 25 Monaten unter die Wachstumsgrenze von 50 Punkten“, erklärt UniCredit Bank Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. Nach dem rund zweijährigen Aufschwung, der nach dem Höhepunkt der Coronakrise im Frühjahr 2020 einsetzte, befinde sich die österreichische Industrie seit diesem Sommer auf dem Weg in die Rezession. „Die heimischen Betriebe haben im August deutlich weniger Auftragseingänge als im Vormonat verbuchen können und daher die Produktion stark verringert. Noch nimmt die Beschäftigung zu, aber das Tempo des Stellenaufbaus hat spürbar nachgelassen. Positiv anzumerken ist, dass sowohl die Lieferprobleme als auch der Kostenauftrieb nachgelassen haben. Allerdings vor allem als Folge der geringeren Nachfrage, die auch in den kommenden Monaten für eine rückläufige Entwicklung in der Industrie verantwortlich sein dürfte“, fasst Bruckbauer die wichtigsten Umfrageergebnisse vom August zusammen.

Produktion zurückgefahren
Der Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex gegenüber dem Vormonat war im August auf eine Verschlechterung aller Komponenten zurückzuführen. Besonders stark habe sich der Rückgang der Produktionsleistung und des Neugeschäfts ausgewirkt. Nachdem es im August erneut zu einem deutlichen Einbruch des Auftragseingangs gekommen war, hätten die heimischen Betriebe die Produktion eingeschränkt. „Der dritte Produktionsrückgang in Folge fiel erstmals sehr deutlich aus, nachdem in den Monaten davor noch die Aufarbeitung von Auftragsrückständen für eine stabile Auslastung gesorgt hatte. Der Produktionsindex sank auf 45,8 Punkte, den tiefsten Wert seit Mai 2020“, meint UniCredit Bank Austria-Ökonom Walter Pudschedl.

Die Auftragsrückstände hätten angesichts des geringeren Neugeschäfts so stark abgenommen wie zuletzt am Höhepunkt der Coronakrise. „Wie der Rückgang des Neugeschäftsindex auf 39,7 Punkte zeigt, fiel das vierte Minus der Auftragseingänge hintereinander gravierender aus als die Produktionseinbußen. Zudem beschleunigten sich die Auftragsverluste im Vergleich zu den Vormonaten sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland“, so Pudschedl.

Der aktuelle Rückgang der Auftragsentwicklung sei laut den UniCredit Bank Austria-Ökonomen neben der gestiegenen Unsicherheit, der erhöhten Preise und der leicht verschlechterten Finanzierungskonditionen durch die geldpolitische Verschärfung der EZB auch auf bereits gut gefüllte Lagerbestände der Abnehmer der Industrie zurückzuführen.

Getrübte Aussichten
Fast alle Details der monatlichen Umfrage unter heimischen Produktionsbetrieben würden auf eine andauernde Talfahrt der Industriekonjunktur in Österreich in den kommenden Monaten hin. Um auf die schwächere Nachfrage zu reagieren, wurde die Produktion bereits zurückgefahren. Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes in den wichtigsten Exportdestinationen deuten auf eine anhaltende Abschwächung der Exportnachfrage hin. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Eurozone sei im August zwar nur geringfügig auf 49,7 Punkte gesunken, liege damit aber genauso unter der Wachstumsgrenze von 50 Punkten wie der Einkaufsmangerindex in Deutschland, Österreichs wichtigstem Handelspartner.

Auffällig sei dabei vor allem der starke Rückgang der Auftragseingänge, was die österreichische Zulieferindustrie belasten wird. Die Verschlechterung des Exportumfelds sei bereits in Österreichs Industrie angekommen. Das Auftrags-Lager-Index-Verhältnis habe sich im August den vierten Monat in Folge verschlechtert und zeige damit, dass die Bestände in den Verkaufslagern ausreichen, um die aktuellen Auftragseingänge auch mit einer geringeren Produktionsleistung zu bewältigen.

„Die anhaltenden Lieferengpässe, die hohen Kosten für Vormaterialien und Rohstoffe, steigende Finanzierungskosten, die große Unsicherheit hinsichtlich der Energieversorgung und die Eintrübung der globalen Konjunktur haben im August den Pessimismus der österreichischen Industriebetriebe weiter erhöht. Die Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate waren die niedrigsten seit dem Höhepunkt der Coronakrise im Frühjahr 2020. Der Erwartungsindex sank auf nur noch 41,2 Punkte“, sagt Bruckbauer. Fast doppelt so viele Unternehmen würden bis Jahresende mit einem Produktionsrückgang statt mit einem Anstieg rechnen.

„Nach dem Anstieg der Industrieproduktion im ersten Halbjahr 2022 um fast acht Prozent rechnen wir für die kommenden Monate zwar mit einer Rezession in der Industrie, dennoch wird aufgrund des guten Starts ins Jahr die Industrieproduktion im Jahresdurchschnitt 2022 noch um rund 3,5 Prozent zulegen“, erwartet Bruckbauer. 2021 betrug das Wachstum in der Sachgüterindustrie fast zwölf Prozent. (hk)

 

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