WIEN. Einen mehrmonatigen Lockdown stecken auch die ertragreichsten Unternehmen nicht so ohne Weiteres weg. Für die Anbieter von Glücksspiel und Sportwetten wird 2020 wohl zu einer enormen Herausforderung. Und das, obgleich wesentliche Umsatzbringer von den Restriktionen nahezu nicht betroffen waren. Die Annahmestellen für „Lotto 6 aus 45“, „Euromillionen“, „Rubbellos“ & Co. waren durchgängig verfügbar, so wie auch das Spielen im Internet die ganze Zeit möglich war. „Sowohl bei Lotterieglücksspielen als auch im Online-Glücksspiel erwarten wir deshalb keine Umsatzrückgänge, dafür in den anderen Spielarten umso kräftigere“, so Studienautor Andreas Kreutzer von Branchenradar.com Marktanalyse. So schrumpfen beispielsweise die Bruttospielerträge der Spielbanken voraussichtlich um rund dreißig Prozent gegenüber Vorjahr. Das entspricht einem finanziellen Abgang um etwa 100 Mio. €. Die Heftigkeit der Kontraktion erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass man in Spielbanken mit der üblichen Anzahl von ausländischen Besuchern wohl erst wieder in der Wintersaison rechnen kann.
Noch härter trifft es den Sportwettensektor. Für 2020 ist ein Rückgang der Bruttoerlöse um nahezu 45% bzw. rund 145 Mio. € prognostiziert. Zwar konnte man prinzipiell auch in Zeiten des Lockdown Wetten online platzieren, da aber alle wettrelevanten Sportveranstaltungen abgesagt und Ligen ausgesetzt wurden, nur auf Exoten. Infolge mutierten für die Allermeisten Sportwetten zu Glücksspiel – die Nachfrage brach ein. Auch wenn einige Fußballligen vor dem Sommer fertig gespielt werden, etwa in Österreich, Deutschland oder Spanien und auch der Formel 1-Zirkus noch vor dem Sommer die neue Saison startet, dürfte sich die Lage erst im Herbst, zu Beginn der neuen Fußballsaison, wieder substanziell bessern.
Auch die Einnahmen aus dem Automatenglücksspiel außerhalb der Kasinos werden im heurigen Jahr vermutlich deutlich geringer ausfallen als 2019. Denn selbst wenn die Automatensalons gemeinsam mit der Gastronomie Mitte Mai wieder öffnen, ist – aufs Jahr betrachtet – mit einem Rückgang der Bruttospielerträge um rund zwanzig Prozent gegenüber Vorjahr zu rechnen. Für den Finanzminister bedeutet das eine Verkürzung der Bemessungsbasis um zirka 76 Mio. €.
Bei Lotterieglücksspielen steigen die Bruttoerlöse indessen auf 680 Mio. € (+1,2% geg. VJ) und beim Online-Glücksspiel auf 270 Mio. (+2,0% geg. VJ). Die im Hinblick auf das Expansionstempo der vergangenen Jahre relativ geringe Dynamik im Online-Glücksspiel erklärt sich primär durch die deutlich reduzierte Nutzung von Online-Sportwetten-Portalen, wodurch sich auch die Prävalenz am Spielemarkt verringert.
Im Jahr 2019 wuchs der Markt für Glücksspiel und Sportwetten noch moderat um 0,9 Prozent gegenüber Vorjahr auf insgesamt 1,93 Mrd. €. Wachstumsbeiträge lieferte allerdings nur noch der Online-Sektor, also Online-Glücksspiel und Online-Sportwetten. Sowohl Lotterieglücksspiele als auch der stationäre Sektor (Spielbanken, Automaten/VLT und stationäre Sportwetten) entwickelten sich rückläufig. (red)