WIEN. Der Jahreswechsel ist traditionell die Zeit der guten Vorsätze: Vielleicht das Rauchen aufgeben, mehr Sport treiben oder einfach nur weniger Süßes essen, sind einige der Klassiker. Die Motivation, sich von alten Gewohnheiten zu befreien, ist zu Beginn des Jahres besonders hoch. Gerade Führungskräfte sind gut beraten, sich für das neue Jahr etwas ganz Konkretes vornehmen, um gemeinsam mit dem eigenen Team besser zu werden, und – gerade in schwierigen Zeiten - etwas zum Positiven zu verändern.
Mit den richtigen Leadership-Vorsätzen kann diese – zugegebenermaßen nicht ganz leichte – Übung gelingen. Worauf es im neuen Jahr ankommt und welche die wichtigsten Vorsätze für Führungskräfte und ihre Teams sein sollten, erklärt der Dekan der WU Executive Academy, Bodo B. Schlegelmilch.
Teil 1: Leading myself – was für mich wichtig ist
Bei Neujahrsvorsätzen ist es wie bei allen anderen Veränderungsprozessen auch: Man sollte zuallererst bei sich selbst beginnen – und das gilt ganz besonders für erfolgreiches Leadership. Aus diesem Grund widmet sich der erste Teil dem Thema Self-Leadership.
Self-Leadership-Vorsatz #1: Denken Sie wie ein Unternehmer
Um sich in unserer dynamischen Business-Welt, in der kreatives Denken und herausragende Ergebnisse unverzichtbar sind, von der Konkurrenz abzuheben, sollten auch Sie wie ein Pionier oder Unternehmer denken. Aber wie kann es gelingen, auf Knopfdruck neue Ideen einzubringen und stets lösungsorientiert an Probleme heranzugehen?
Versuchen Sie, Problemen mit Neugier zu begegnen. Hinterfragen Sie den Status quo und loten Sie neue Möglichkeiten aus. Bevor Sie ein Projekt starten, fragen Sie sich: Woher kommt dieses Problem? Wie kann ich schnell und effizient etwas verändern, um einen Mehrwert zu schaffen? Und denken Sie nach jedem Projekt darüber nach, was nicht funktioniert hat. So bauen Sie Resilienz auf und werden von Mal zu Mal besser.
Bleiben Sie stets agil und offen für Neues, indem Sie sich über die wichtigsten Trends auf dem Laufenden halten und regelmäßig ihre Fähigkeiten erweitern. Nehmen Sie sich jede Woche Zeit, um durch Inspiration aus anderen Disziplinen, Austausch unter Gleichgesinnten oder gezieltem Networking zu lernen. Auch kreative Hobbys können Ihre Problemlösungsfähigkeiten verbessern.
Innovation gedeiht am besten in der Zusammenarbeit mit anderen. Institutionalisieren Sie daher regelmäßige Brainstormings oder führen Sie ein Innovationsjournal, um Ideen und Feedback in Ihrem Team auszutauschen. Dies führt zu neuen und vielfältigen Lösungen und fördert das Vertrauen, den Zusammenhalt und die Kompetenzen im Team.
Self-Leadership-Vorsatz #2: Werden Sie zu einer Führungskraft, die bereichsübergreifend agiert
Um als Führungskraft zukünftig erfolgreich zu sein, ist es unerlässlich, sowohl die Organisation mit ihren möglicherweise siloartigen Strukturen zu führen als auch die einzelnen Mitglieder Ihres Teams. Mit anderen Worten: Sie müssen in der Lage sein, die großen Zusammenhänge zu sehen und gleichzeitig vertikal in die richtigen Beziehungen zu investieren. So kann diese Übung gelingen:
Machen Sie zunächst eine Bestandsaufnahme, wie gut Sie derzeit funktionsübergreifende Beziehungen managen. Identifizieren Sie Ihre fünf wichtigsten Stakeholder und stellen Sie deren strategische Bedeutung für Sie fest. Nun fragen Sie sich: Widme ich jenen Personen, die strategisch am wichtigsten für mich sind, genügend Zeit und Aufmerksamkeit?
Als Nächstes geht es darum, sich anzusehen, wie viel Zeit Sie für die Führung von Teams aufwenden und wie viel Zeit Sie für die Führung Ihres eigenen Teams aufwenden. Wenn Sie feststellen, dass Sie zu viel Zeit für vertikale Führung aufwenden, dann sollten Sie verstärkt in den Aufbau von Beziehungen zu den wertvollsten Führungskräften in anderen Teams investieren.
Schließlich geht es darum, die Beziehungen zu vertiefen. Um verlässliche Arbeitsbeziehungen und Vertrauen zu Führungskräften in anderen Teams intensivieren zu können, sollten Sie deren Motivationen, Einschränkungen und Ziele verstehen. Nur so ist es möglich, echte Win-Win-Situationen zu schaffen, indem Sie Lösungen und Prozesse vorschlagen, die für beide Seiten von Vorteil sind.
Self-Leadership-Vorsatz #3: Lernen Sie aus Fehlentscheidungen der Vergangenheit
Wir alle sind nicht davor gefeit, immer wieder dasselbe zu tun, in der Hoffnung, beim nächsten Mal andere Ergebnisse zu erzielen. Es ist nur allzu menschlich, an vertrauten Mustern festzuhalten, aber die großen Veränderungen passieren dann, wenn wir uns unsere Entscheidungen in der Vergangenheit genau ansehen und sie als potenzielle Lernchancen nutzen. Stellen Sie sich daher diese Fragen, um bei zukünftigen Entscheidungen aktiv aus den gewohnten Mustern auszubrechen:
Vor welcher Entscheidung stehe ich heute?
Nehmen Sie sich bewusst Zeit, um das Problem klar zu definieren, bevor Sie sich auf die Lösung stürzen. Ein vage umrissenes Problem führt nur selten zu einem konkreten Ergebnis.
Was an dieser Entscheidung stresst mich?
Finden Sie heraus, was Sie beunruhigt. Stress kann Ihr Urteilsvermögen trüben und Sie dazu verleiten, sich auf gewohnte Muster und voreingenommenes Denken zu verlassen, anstatt neue Möglichkeiten auszuprobieren.
Von welchen Entscheidungen in der Vergangenheit kann ich lernen?
Analysieren Sie vergangene Entscheidungen, die nicht funktioniert haben. Finden Sie heraus, was schiefgelaufen ist und warum. So können Sie vermeiden, dieselben Fehler zu wiederholen.
Welche Annahmen führten zu diesen Fehlern?
Denken Sie sich nochmals in die Situation hinein und hinterfragen Sie die Annahmen, die Sie getroffen haben. Sind Sie vielleicht den Weg des geringsten Widerstandes gegangen, oder haben voreilige Entscheidungen getroffen?
Was kann ich daraus lernen und beim nächsten Mal anders machen?
Nutzen Sie nun diese Erkenntnisse für zukünftige Entscheidungen und ändern Sie bewusst Ihr (reflexartiges) Verhalten und Ihre Herangehensweise. Sie werden erstaunt sein, welche Ergebnisse sich so erzielen lassen.
Teil 2: Leading the team – was das Team braucht
Neben Self-Leadership ist es aber genauso wichtig, sich zu überlegen, was Führungskräfte konkret tun können, um für ihre eigenen Teams oder ihre Führungskollegen da zu sein und sie optimal zu unterstützen – vor allem in besonders herausfordernden Zeiten. Genau darum geht es im zweiten Teil bei den Team-Leadership-Vorsätzen.
Team-Leadership-Vorsatz #1: Die fünf wichtigsten Eigenschaften erfolgreicher Führungsteams
Als Führungskraft in einem Führungsteam hängt Ihr Erfolg nicht nur von Ihrem individuellen Talent und Ihrem Einsatz ab, sondern auch davon, wie effektiv die einzelnen Mitglieder miteinander zusammenarbeiten. Dies fünf Team-Eigenschaften haben das Potential, die Ergebnisse Ihrer Zusammenarbeit im Team auf ein neues Level zu heben:
Zielorientierung
Erfolgreiche Teams richten sich an gemeinsamen Zielen aus und setzen dabei klare Prioritäten. Ohne Richtung, in die man gemeinsam gehen möchte, kann selbst die ehrgeizigste Vision ins Wanken geraten.
Disziplin und Fokus
Top-Teams halten sich an Routinen, haben produktive Besprechungen, in denen sie die (vor allem zeitlichen) Ressourcen er anderen schonen, und stellen sicher, dass alle ihre Rollen kennen. Disziplin und Fokus bilden dabei das Fundament, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und sie auch entsprechend erfolgreich umzusetzen.
Umsetzungsstärke und Verlässlichkeit
Die effektivsten Führungsteams sind resilient, hart in der Sache, aber als echte Teamplayer weich zu den Menschen und betrachten Veränderung und Hindernisse als Herausforderung, und nicht als Gefahr. Sie laufen gerade in schwierigen Situationen zur Höchstform auf und sind da, wenn man sie (am dringendsten) braucht. Management by example eben.
Flexibilität und Offenheit für Neues
Erfolgreiche Teams sind auch anpassungsfähig und reagieren schnell auf Veränderungen. Dabei sind sie bereit, auch Risiken einzugehen und leben eine Kultur, in der Fehler OK sind – solange sie als Lernchancen genutzt werden.
Teamwork ist der Schlüssel zum Erfolg
Echte Teamplayer setzen auf persönliche Beziehungen, geben allen eine gleichberechtigte Stimme und halten sich an Vereinbarungen. Dabei fördern sie Vertrauen und Verbundenheit und scheuen nicht davor zurück, Feedback zu geben und Kritik annehmen zu können.
Team-Leadership-Vorsatz #2: Unterstützen Sie Ihr Team gerade in unsicheren Zeiten
Unplanbarkeit, kontinuierliche Veränderungen und wachsende Komplexität können bei Mitarbeitern zu Verunsicherung und bisweilen sogar Angstgefühlen führen, sowohl in Bezug auf ihre aktuelle Position als auch im Hinblick auf ihre Zukunftsaussichten.
Wie können Sie daher gerade in herausfordernden Zeiten so führen, dass sich Ihr Team gestärkt fühlt und nicht durch negative Gefühle verunsichert wird?
Denken Sie in Chancen, nicht in Gefahren
Wenn Sie über Unsicherheit sprechen, dann betonen Sie die Chancen, die vor Ihnen liegen, etwa die Möglichkeit zu experimentieren, innovativ zu sein oder Prioritäten und Verantwortlichkeiten zu verschieben. Diese Herangehensweise hilft Ihnen, die Aufmerksamkeit Ihres Teams auf das Potenzial für positive Veränderungen zu lenken, anstatt auf die Herausforderungen, mit denen die Menschen gerade konfrontiert sind.
Sprechen Sie über Ihre Erfahrungen
Wenn Sie darüber nachdenken, wie Sie in der Vergangenheit erfolgreich durch unsichere Zeiten navigiert sind, dann kann dies Ihr Team daran erinnern, dass Unsicherheit unvermeidlich ist – und gleichzeitig das Vertrauen stärken, dass Sie es auch dieses Mal gemeinsam schaffen werden.
Ermutigen Sie Ihr Team, unternehmerisch zu denken
Fordern Sie Ihre Mitarbeiter auf, regelmäßig über den Tellerrand hinauszuschauen, innovativ zu sein und eigenständig Probleme zu lösen. Je öfter sie gemeinsam mit Ihrem Team die Komfortzone verlassen, desto natürlicher wird es sich beim nächsten Mal anfühlen.
Team-Leadership-Vorsatz #3: Meistern Sie die drei größten Herausforderungen der hybriden Arbeitswelt
Über eines sind sich Experten einig: Hybrides Arbeiten ist gekommen, um zu bleiben. Neben vielen Vorteilen, die die Verquickung von Büroarbeit und Homeoffice mit sich bringt, gibt es auch einige zentrale Herausforderungen, mit denen Manager von hybriden Teams konfrontiert sind, die es zu meistern gilt. Hier eine kleine Anleitung:
Stimmen Sie Ihre Zeitpläne ab
Anstatt feste Präsenztage im Büro festzulegen, sollten Sie sich auf einige (Halb-)Tage einigen, an denen möglichst alle gleichzeitig im Büro sind. Dies ist etwa für Einarbeitungen, wichtige Besprechungen oder Projekte, etc. von Vorteil. Machen Sie klar, warum diese gemeinsamen Momente wichtig sind, damit die Mitarbeiter Ihre Beweggründe verstehen und sich auch daran halten.
Eine starke Unternehmenskultur als Schlüssel
Je weniger Anwesenheit, desto schwieriger ist es, eine wertschätzende Unternehmenskultur aufrechtzuerhalten. Versuchen Sie deshalb, die Anwesenheit möglichst wertvoll zu gestalten, indem Sie das Büro zu einem „Smart Space“ machen: Weg von Großraumbüros und hin zu kleineren Büroeinheiten, in denen fokussiertes Arbeiten möglich ist, und größeren Begegnungs- und Kreativzonen, die Innovation und digitale Zusammenarbeit fördern. Denn: Kreative Zusammenarbeit ist die Basis für Innovation. Deshalb ist es auch so wichtig, entsprechende Freiräume zu schaffen – im Denken wie auch zeitlich und räumlich.
New Leadership als oberste Priorität
Räumliche Distanz benötigt mehr Leadership, nicht weniger. Remote Leadership basiert auf Vertrauen, klarer und offener Kommunikation und gibt je nach Bedarf der Mitarbeiter individuell Struktur und vor allem auch Sicherheit. Was allerdings nicht mit Micromanagement und Kontrollmails oder gar -anrufen verwechselt werden darf. Deshalb ist es auch so wichtig, die Stimmung im Team regelmäßig einzufangen und besser einmal zu viel, als zu wenig zu kommunizieren.
Team-Leadership-Vorsatz #4: Schaffen Sie eine Teamkultur, in der alle ihre Meinungen äußern, aber auch zuhören können
Sich im Büro offen (und angstfrei) äußern zu können, wirkt sich auf unterschiedlichste Weise positiv aus: Es fördert die Innovationskraft eines Unternehmens, stärkt die Inklusion und erhöht die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Was aber können Sie konkret tun, damit auch Ihr Team einen „Safe Space“ hat, in dem jeder das Gefühl hat, dass seine Stimme gehört und sein Beitrag geschätzt wird?
Schaffen Sie Raum für Feedback und Feedforward
Damit die Kommunikation in Ihrem Team keine Einbahnstraße bleibt, ist es notwendig, auch die entsprechenden Rahmenbedingungen und Prozesse dafür zu schaffen. Feedback und Kritik ist wunderbar. Stellt sich allerdings die Frage, wo, wann und in welcher Form sie geäußert werden kann und soll? Schaffen Sie eigene Formate dafür, vielleicht kurze „Espresso-Talks“ zwischendurch, oder auch kurze Pausen während längeren Besprechungen, um zu sehen, ob alles klar ist und alle am selben Strang ziehen. So wird es Ihnen gelingen, einen Rahmen zu schaffen, um Rückmeldung zu geben und Feedback einzuholen, in dem sich alle Beteiligten wohl fühlen.