Diskussionsrunde zur Wirtschaftspolitik
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MARKETING & MEDIA Redaktion 22.05.2024

Diskussionsrunde zur Wirtschaftspolitik

Senat der Wirtschaft nimmt Wirtschaftsprogramm der Parteien in den Fokus.

WIEN. Österreichs größte unabhängige Unternehmerorganisation, der Senat der Wirtschaft, lud vor Kurzem zu einer hochkarätigen Diskussionsrunde mit Vertretern der wahlwerbenden Parteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, Die Grünen und NEOS ins Parlament-Restaurant Kelsen ein, um das Wirtschaftsprogramm der einzelnen Parteien zu ergründen und zu debattieren, wie der Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig gestärkt werden kann.

Moderiert von Kathrin Gulnerits, Chefredakteurin des NEWS Magazins, diskutierten Nationalratsabgeordneten und Vertreter der wahlwerbenden Parteien Kurt Egger (ÖVP), Jörg Leichtfried (SPÖ), Maximilian Linder (FPÖ), Dr. Jakob Schwarz, BA (DIE GRÜNEN) sowie Josef Schellhorn (NEOS) über verschiedene Aspekte der österreichischen Wirtschaftspolitik.

Der Sozialdemokrat Jörg Leichtfried sieht die Einrichtung eines weitreichenden staatlichen Transformationsfonds als das wichtigste Instrument, um den größten Herausforderungen wie z.B. der Klimakrise zu begegnen. Er erkenne die schwierige Lage der KMU und der Industrie an, denn nur wenn es ihnen gut gehe, könne auch eine erfolgreiche Sozialpolitik getätigt werden. Die Forderung nach „Bürokratieabbau“ dürfe allerdings nicht zu Lasten von Sozial- und Umweltvorschriften gehen und die Rolle der Sozialpartner dürfe nicht beschädigt werden. Österreich brauche einen Plan, um aus der Krise zu kommen.

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Egger identifiziert den Arbeitskräftemangel als größte Herausforderung für den österreichischen Wirtschaftsstandort. Am Ende des Tages müsse die Gleichung sein: Arbeit muss sich wieder lohnen. Gleichzeitig müsse außerdem das solidarische Sozialsystem gewährleistet sein. Politik sei immer auf Kompromissen beruhend, und in Zukunft werde es mit einer eventuellen Dreierkoalition sicher nicht einfacher. Man dürfe nicht übermütig werden und müsse die komplexe Balance von Wirtschaft, Umwelt, Sozialsystem und Bildungssystem stets im Auge behalten.

Der Unternehmer und Gastronom, Sepp Schellhorn von den NEOS kritisierte den österreichischen Föderalismus und das starre System der Sozialpartner, sowie den Förderregen und „Sinnlosigkeiten“ wie Geldverschwendungen am Beispiel von neun Landesstellen für Facharbeiteranwerbung oder einer eigenen niederösterreichischen Landesstelle für „Kunst auf Kreisverkehren“. Zu Einsparungen und echten Reformen komme es wohl nur, wenn die Einnahmen ausbleiben. Österreich sei ein Land, wo jeder für etwas zuständig, aber niemand für etwas verantwortlich sei. Neben Reformen in Bildung und Wirtschaft brauche es auch Risikokapital für junge Unternehmen.

Grünen-Abgeordneter Jakob Schwarz sieht den Reformbedarf insbesondere um den notwendigen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben, und verwies dabei auf Neuerungen der Bundesregierung wie die FlexCo sowie den Transformationsfonds. Davon sei besonders die Autoindustrie in Hinblick auf die unvermeidbare Umstellung auf Elektromobilität betroffen. Auch unterstütze er eine Erleichterung bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse zur Anwerbung für Fachkräfte. In Sachen Bürokratie plädierte er für die Einrichtung von „One Stop Shops“ zur Steigerung der Effektivität der Verwaltung und Genehmigungsverfahren.

Für FPÖ-Abgeordneten Linder, seit 28 Jahren Bürgermeister der Gemeinde Afritz am See, gilt die ausufernde Bürokratie als größte Herausforderung für kleine und mittlere Betriebe. Auch wenn Bestimmungen und Regelungen durchaus wichtig seien, sei der Dschungel aus Vorschriften und Gesetzen für Einzelunternehmer nicht zu durchdringen – der Staat sollte stärker die Perspektive des schaffenden Unternehmers einnehmen und diesen unterstützen. Das betrifft nach seiner Meinung auch zentralistische Vorgaben der EU, die oft am Ziel vorbeischössen, ohne Kenntnis der Verhältnisse vor Ort! Jegliche neue Steuer lehnt abgeordneter Linder kategorisch ab.

Hans Harrer, Vorstandsvorsitzender des Senat der Wirtschaft, hat erneut die Klientel- und Parteipolitik in Österreich kritisiert, und seine Besorgnis zum Ausdruck gebracht. Zwar lobte er den sachlichen und respektvollen Ton der Teilnehmer, er vermisse aber den realpolitischen Ansatz zu gemeinschaftlichen Lösungen der dringlichsten Standortprobleme: „Politische Arroganz und ideologiegetriebene Klientelpolitik setzen Unternehmer, das Rückgrat unserer Wirtschaft, immer wieder neuen Hürden aus. Doch heute wurde klar: Dialoge wie dieser sind unerlässlich, um im ‚Wir‘ Lösungen zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes zu finden und umzusetzen. Gleichzeitig müssen Unternehmer noch mehr Verantwortung gegenüber Staat und Gesellschaft übernehmen, wie z.B. auch die politische Bildung ihrer Mitarbeiter fördern. Denn die Zukunft unseres Landes und unseres Wirtschaftsstandorts liegt in unser aller Hände.”

Da die Zeit nicht ausreichte, sämtliche Fragen der Senatoren zu beantworten, boten die anwesenden Abgeordneten spontan die Fortsetzung des Dialogs mit dem Senat der Wirtschaft an. Die ersten persönlichen Gesprächstermine sind bereits vereinbart.

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