WIEN. Bei einem internationalen Austausch organisiert vom Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung der Vereinten Nationen (UNODC) diskutierten Expertinnen und Experten in New York, wie Opfer von Kriminalität im Internet besser unterstützt werden können. „Betroffene von Hass im Netz fühlen sich in Österreich leider oft allein gelassen und wissen nicht, wie sie sich wehren können. Es fehlt an niederschwelligen und effizienten Möglichkeiten, um rechtlich gegen Anfeindungen im Internet vorzugehen. Da Hasskommentare vorrangig von Konten mit Klarnamen ausgehen, bringt die Einführung einer digitalen Ausweispflicht keinerlei Nutzen für die Opfer“, erklärt ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert in seinem Vortrag.
An Unterstützung fehlt es den Opfern oft auch von offizieller Seite, denn das Personal bei Justiz und Polizei ist häufig nicht ausreichend geschult, um eine schnelle und effiziente Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten. „Die zukünftige Regierung muss deshalb ausreichend finanzielle Ressourcen für Staatsanwaltschaft und Polizei bereitstellen, damit notwendige Schulungsmaßnahmen und die Einrichtung von spezialisierten Stellen finanziert werden können“, rät Schubert.
Die ISPA regt die Einrichtung einer spezialisierten zentralen Anlaufstelle (eines Single Point Of Contact: SPOC) für den Austausch zwischen Rechtsdurchsetzungsbehörden und Providern an. Denn nicht nur die komplexen rechtlichen Bedingungen, sondern auch die zusätzlichen technischen Herausforderungen bedürfen einer Bearbeitung durch Expertinnen und Experten. In vielen Staaten sind derartige Einrichtungen bereits zum erfolgreichen Standard geworden, denn sie entlasten lokale Behörden und beschleunigen die Verfahren, wodurch Opfern schneller geholfen werden kann. In Österreich hingegen weisen grenzüberschreitende Anfragen von Behörden an Internetplattformen im internationalen Vergleich eine unterdurchschnittlich niedrige Erfolgsquote auf. Speziell in Hinblick auf den Opferschutz ist dies extrem bedauerlich. „Erfreulicherweise sind bereits erste positive Gespräche geführt worden, um auch in Österreich so eine spezialisierte Anlaufstelle zu schaffen. Wir hoffen, dass diese engagiert vorangetrieben werden. Von unsinnigen und ungeeigneten Maßnahmen wie einer digitalen Ausweispflicht, die sogar kontraproduktiv für den Opferschutz ist, soll hingegen Abstand genommen werden“, mahnt Schubert.
Bestehendes Recht wird aufgrund von organisatorischen Hürden an verschiedenen Stellen, z. B. bei der Anzeigeerstattung oder der Beweissicherung, oft nur mangelhaft durchgesetzt. Um hier Abhilfe zu schaffen, müssen die Ressourcen aufgestockt werden, damit eine effektive Bearbeitung der Fälle sichergestellt ist. „Eine schnellere Rechtsdurchsetzung würde die Situation für Betroffene massiv erleichtern und deutlich zum Opferschutz beitragen. Dieser muss oberste Priorität haben“, betont Schubert. (red)