WIEN. Die Social Media Audio-App ist quasi über Nacht zum Erfolg geworden. Wer dabei sein will, der muss ein iPhone besitzen und eingeladen werden. medianet sprach mit dem Kommunikationsexperten und JMC-CEO Josef Mantl über den Hype.
medianet: Seit Kurzem flippt die heimische Kommunikations-und Werbeszene wegen der neuen Chat-App Clubhouse aus. Wieder ein neuer Hype, der sehr bald auch wieder verglühen wird? Wie ist Ihre Meinung dazu?
Josef Mantl: Quasi über Nacht katapultierte sich die App an die Spitze der Download Liste im App Store. Aber auch nach dem 'initial' Hype merkt man, dass das Interesse am regen Austausch zu spannenden und brandaktuellen Themen nicht nachlässt. Auch vielen anderen Apps wurde zunächst nachgesagt, nur kurzfristig bestehen zu können – viele davon bewiesen das Gegenteil. Clubhouse hat meiner Meinung nach enormes Potenzial für langfristigen Erfolg. Nicht zuletzt aufgrund der Einzigartigkeit der Plattform: Audio only, die Auflösung der Sender-Empfänger-Rolle sowie das Fehlen klassischer Social Media-Algorithmen sind die klaren Assets dieser Applikation. Dass das oben genannte Potenzial auch ausgeschöpft wird, zeigt sich auch daran, dass sich die App ständig weiterentwickelt und neue Funktionen hinzukommen. Auch die Verfügbarkeit der App auf Android wurde bereits angekündigt.
medianet: Kritik an der App gibt es aber auch, von 'Hier treffen Medienfuzzis auf Medienfuzzis, um über Medien zu parlieren' bis 'die nächste Bubble' .Was entgegnen Sie den Kritikern?
Mantl: Diesem Kritikpunkt würde ich ganz klar die breite Themenvielfalt auf Clubhouse entgegenhalten. Ich bin täglich mit vielen verschiedenen 'Räumen' konfrontiert. Egal mit welchem Thema man sich gerade beschäftigt, welcher Branche man angehört oder schlichtweg worauf man neugierig ist: Clubhouse bietet spannende Diskussionen und regen Wissenstransfer in unterschiedlichsten Bereichen. Diese App macht manche süchtig – Stichwort: FOMO (Fear Of Missing Out). Nicht nur allgemein nach diesem bekannten Wording unserer Zeit gemeint, sondern konkret auf Clubhouse bezogen: Die Angst, etwas zu verpassen, wird auch dadurch verstärkt, dass die Talks live stattfinden und nicht aufgezeichnet werden – somit gibt es die nicht die Möglichkeit, diese später'nachzuhören'.
medianet: Kritisiert wird, dass hier, wie in vielen anderen Fällen auch, abermals Experten Content verschenken. Sehen Sie das auch so?
Mantl: Diese Ansicht teile ich nicht ganz, obwohl man sicher aufpassen muss. Ich denke, dass hier beiderseitig Spillover-Effekte entstehen können. Experten profitieren maßgeblich von anderen, frischen neuen Sichtweisen, die mittels Clubhouse unmittelbar zur Verfügung stehen. Ein enormer Vorteil, den diese App hier bietet, ist der Mix aus Live-Podcast- Charakter und 'öffentlicher Telefonkonferenz', der sich insbesondere durch rasches Feedback auszeichnet.
medianet: Trotz der Kritik gibt es auch in Österreich eine bereits relativ aktive Szene. Sie selbst setzten es ja bereits ein – in welcher Form genau und welchen Nutzen bringe es?
Mantl: JMC war unter den Early Adoptern auf Clubhouse in Österreich und hostete mit unserer Plattform 'Moving Forward' bereits zwei Talks zu den Themen 'Clubhouse als First-Mover nutzen' sowie 'Mehrwert von Clubhouse im Kommunikations- & Marketingmix' mit spannenden Gästen. In naher Zukunft wollen wir Clubhouse Talks auch als Add-On zu unseren Moving Forward Digital Round Tables bzw. im Rahmen ganzheitlicher Kommunikationsprozesse anbieten. Der Nutzen ist hierbei vielseitig und reicht von der Forcierung der eigenen Expertenrolle, über die Verknüpfung zu anderen Communities bis hin zur Ansprache eines neuen, zusätzlichen Zielpublikum nebst anderer'„klassischen' Medien und Plattformen.
medianet: Für wen ist Clubhouse aus Ihrer Sicht interessant?
Mantl: Neben dem Nutzen für Netzwerk und Wissenstransfer geht es auch ganz klar um Branding und Positionierung durch Wissen und Inhalte für Unternehmen, Start-ups, Agenturen, Marketeers, Influencer, etc. Die App ist allein durch die Vielzahl und Diversität an 'Räumen' für eine breite Palette an Stakeholdern geeignet und bietet zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten.
medianet: Clubhouse ist eine rein auf Audio basierende Lösung – eine Einschränkung oder eher ein Vorteil, weil die Aufmerksamkeit mangels anderer Eindrücke steigt?
Mantl: Das reine Audio-Format von Clubhouse hat überwiegend Vorteile, sowohl für Speaker als auch für Zuhörer. Ganz wesentlich hierbei für mich sind zweierlei Dinge: Zum einen, wie auch schon in der Fragestellung angesprochen, die erhöhte Aufmerksamkeit mangels anderer Eindrücke, zum anderen aber auch insbesondere die niedrige Hemmschwelle und Flexibilität, die Clubhouse bietet. Egal wo man ist, oder was man gerade tut: Kopfhörer rein und schon ist man mittendrin im Geschehen.
medianet: Ein Vorteil von Clubhouse ist, dass man dort auf Menschen bzw. Entscheider treffen kann, bei denen man sonst vermutlich eher schwer einen Termin bekommen würde. Wie ließe sich dieser Umstand nutzen?
Mantl: Noch nie war es so einfach, mit Opinion Leadern, Entscheidungsträgern, Stars und Influencern in ein Live-Gespräch zu kommen. Branchenexperten, Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft, ja Celebrities sind zum Greifen nahe. Dies kann jeder einzelne für sich netzwerktechnisch nutzen. Für Unternehmer, Start-ups, Agenturen und andere bieten sich hier aber auch andere Synergie Effekte, nicht zuletzt aufgrund des intimen und exklusiven Feelings dieser App.
medianet: Derzeit ist Clubhouse vor allem eine Anwendung für die Medien- und Marketingszene. Lässt sich Clubhouse auch auf andere Branchen nutzbringend ausdehnen und welchen andern Kunden könnte Sie einen Mehrwert bringen?
Mantl: Das ist derzeit die heiß diskutierte Frage im Business. Auch wir haben in unserem vergangenen Talks über die Möglichkeiten und Potenziale von Clubhouse gesprochen. Es ist sicher stark B2B-lastig, aber dort dafür jetzt schon sehr breit aufgestellt.
medianet: Wann ist Ihr nächster Clubhouse-Event?
Mantl: Wir werden im Februar und Richtung Frühjahr gleich mehrere Clubhouse Talks veranstalten oder co-hosten, auch als Bestandteil größerer Kommunikationsaktivitäten. So haben wir einen weiteren wertvollen Mosaikstein im gesamten Kommunikationskunstwerk. Wir freuen uns natürlich über rege Anteilnahme an der Diskussion. (red)