WIEN. Den gesamten Sektor der Veranstaltungs-, Messe- und Kongresswirtschaft mit vielen verbundenen Zulieferern haben die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mit 90 bis 100% Umsatzeinbruch am härtesten getroffen. Andere Branchen vermochten es, zumindest in Teilen, ihren Umsatz zu bewahren bzw. durch die erste Lockerung der Maßnahmen zumindest wieder ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen. Unsere Branche war als erste von Corona-Eingriffen betroffen, hat einen 100%igen Umsatzverlust, und wird die längste Erholungszeit benötigen – ein „First in Last out“-Problem.
Die angebotenen Hilfeleistungen der Bundesregierung werden für die meisten Unternehmen in der Veranstaltungswirtschaft bei Weitem nicht ausreichen und es werden unverschuldete Insolvenzen folgen, trotz guter wirtschaftlicher Bilanzen vorangegangener Jahre. Um den Schaden für diese Branche dennoch bestmöglich einzudämmen, sind punktgenaue und treffsichere Hilfen oberstes Gebot. Vieles konnte bereits auf den Weg gebracht werden (Kurzarbeit, 15 Mrd. € Corona- Nothilfefonds, Härtefallfonds, 100% Kreditgarantien des Bundes, Bezuschussung von bis zu 75% der Betriebskosten), dennoch müssen diese Maßnahmen und Pakete adaptiert werden, um die Auswirkungen der gänzlichen, monatelangen Umsatzverluste durch das Veranstaltungsverbot oder Veranstaltungsbeschränkungen zu mildern.
Es ist derzeit noch nicht absehbar, wann wieder Veranstaltungen im gewohnten Ausmaß durchgeführt werden können. Es braucht daher dringend einen Stufenplan, der die Kriterien für eine schrittweise Aufhebung des Veranstaltungsverbotes, unter Bedachtnahme der unterschiedlichen Veranstaltungsformate festlegt.
Die Initiatoren der Initiative http://ohne-uns.at , die als unabhängige Plattform für die gesamte Veranstaltungswirtschaft agiert und mittlerweile 400 Unternehmen und Personen des Veranstaltungssektors österreichweit repräsentiert, sind Verfasser des folgenden Maßnahmenkataloges.
Untermauert wird dies durch das aktuelle Branchen – Tracking der Veranstaltungs- und Messedienstleister (KW 16/17), das eine Momentaufnahme und ein alarmierendes Stimmungsbild der aktuellen Situation der betroffenen Unternehmen darstellt sowie den Wunsch nach einer starken Vertretung der Veranstaltungsbranche seitens der Wirtschaftskammer enthält.
Anknüpfend an die bestehenden, für Unternehmen aller Branchen zugänglichen Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung, sind folgende Modifizierungen für die Veranstaltungswirtschaft notwendig um Arbeitsplätze zu erhalten, die Liquidität sowie den Strukturerhalt der Unternehmen und EPU’s zu sichern und die Investitionsfähigkeit nach der Krise zu stärken:
KMU-relevante Maßnahmen
• Verlängerung der Kurzarbeit (über 6 Monate hinaus, bis zum Ende der Auswirkungen der Krise):
• Reduktion auf 0% Arbeitszeit muss im gesamten Zeitraum möglich sein, in dem es keine Umsätze gibt.
• Keine verpflichtende Konsumation von Urlauben während der Kurzarbeit
• Verlängerung des Corona – Hilfsfonds – Fixkostenzuschuss (über 3 Monate hinaus, bis zum Ende der Auswirkungen der Krise)
• Liquiditätssicherung durch
• Rücktrag der entstandenen Verluste aus der Covid19 – Krise auf die letzten 3 Wirtschaftsjahre.
• 100%ige Verlustverwertung der entstanden Verluste im Covid19 - Zeitraum (auch Überhang des Verlustrücktrages) mit zukünftigen Gewinnen der folgenden Wirtschaftsjahre.
Diese Maßnahmen sind einfach zu realisieren und führen zukünftig zu mehr Liquidität, welche wiederum für Investitionen verwendet werden können. Ferner sind diese Maßnahmen administrativ leicht umsetzbar, da die Bescheide bei den jeweiligen Finanzämtern vorliegen.
• Ausgleichszahlung für den Erhalt von Arbeitsplätzen (je Mitarbeiter/je Monat):
◦ je erhaltenem Arbeitsplatz (auch inkl. Arbeitnehmer in Kurzarbeit) erhält das Unternehmen einen rückzahlungsfreien Zuschuss pro Monat zur Abdeckung von infrastrukturellen Arbeitsplatzkosten.
EPU-relevante Maßnahmen
• Verlängerung der Auszahlungen aus dem Härtefallfonds (über 3 Monate hinaus, bis zum Ende der Auswirkungen der Krise):
• Unter den aktuell bekannten Bedingungen der Phase 2 des Härtefallfonds, die eine monatliche Beantragung und die Berücksichtigung von Nebeneinkünften beinhaltet.
• Dringende Berücksichtigung von Investitionskosten der EPU, welche dadurch keinen Gewinn haben.
• Festlegung eines Mindestauszahlungsbetrages in Höhe der Mindestsicherung.
• Anpassung der SVS – Vorschreibungen:
• Die Vorschreibungen der SVS müssen angepasst werden.
• Der Mindestbeitrag in Höhe von 154,72 €/Monat für 2020 sollte aufgrund der Covid-19 Krise auf 65,03 €/Monat für die Dauer der Auswirkungen der Krise herabgesetzt werden (Dieser Betrag deckt sich mit dem Selbstversicherungsbeitrag für geringfügig Beschäftigte in der ÖGK).
• Verlängerung des Corona – Hilfsfonds – Fixkostenzuschuss (über 3 Monate hinaus bis zum Ende der Auswirkungen der Krise):
• Eine prozentuelle Berücksichtigung von privaten Fixkosten (Miete, Strom & Gas und Lebenshaltung) ist in Form eines Pauschalsatzes notwendig.
Stufenweise Aufhebung des Veranstaltungsverbotes
Differenzierte Betrachtung von Veranstaltungen (Kriterien und Maßnahmenkatalog):
• Die Veranstaltungsbranche braucht dringend einen Plan, wann welche Veranstaltungen unter welchen Rahmenbedingungen (je nach Art der Veranstaltung) und mit welchen Kriterien (Platzbedarf m2je Person, Leitsysteme für Mindestabstand, Art des Settings, Cateringmöglichkeiten, Hygienemaßnahmen,…) schrittweise wieder stattfinden können.
• Zur aktiven Mitarbeit an einem entsprechenden Kriterien- und Maßnahmenkatalog stehen die Verfasser zur Verfügung. (red)
Verfasser:
Philipp Cejnek, CEO Signature Group GmbH
Gertrude Emrich, CEO Party Rent Österreich Emrich GmbH
Tibor Fehle, CEO Habegger Austria GmbH
Jakob Gailhofer, CEO Getec Eventtechnik GmbH
Heinz Gruber, CEO Rent a Tent Eventservice GmbH
Bernhard Hofer, CEO Plakativ – Belutti GmbH
Adam Mogyoro, Steuerrecht & Steuerberatung
Stina Stani, VSB Event OG
Patrick Zapfel, CEO Redline Enterprise GmbH
Katharina Zehender, CEO Eve Events Venue Exhbitions GmbH