Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2019
© Juergen Christandl
Dieter Henrich.
MARKETING & MEDIA Redaktion 05.03.2020

Presserat präsentiert Jahresbericht und Fallstatistik für 2019

Neuer Präsident des Trägervereins und neue Senatsmitglieder; bei den Rügen überholt "Österreich/oe24" die "Krone".

WIEN. Gestern wählte der Trägerverein Dieter Henrich, Geschäftsführer des Verbands der Regionalmedien Österreich, zu seinem Präsidenten. Er folgt Thomas Götz vom Verein der Chefredakteure nach. Neuer Vizepräsident ist Wolfgang Sablatnig (PC Concordia). Darüber hinaus wurden auch zwei neue Senatsmitglieder bestellt: Alexandra Halouska von der "Kronen Zeitung" (Senat 2) und Annette Gantner von den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Senat 3). Zudem wurde beschlossen, Alexander Warzilek für weitere fünf Jahre mit der Geschäftsführung des Presserats zu betrauen.

Fallstatistik 2019
Der Presserat zog heute bei seiner Jahrespressekonferenz Bilanz für das Jahr 2019. Die Senate des Presserats behandelten im Vorjahr insgesamt 297 Fälle, in 37 Fällen stellten sie Verstöße gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse fest. Fünf Ethikverstöße wurden als geringfügig eingestuft und daher bloß Hinweise ausgesprochen. Zum Vergleich: 2018 gab es bei 302 Fällen 36 Ethikverstöße (davon drei Hinweise).

Nachfolgend die Fallzahlen 2019 für einzelne Medien und in Klammer dazu jeweils die medienethischen Verstöße: „Österreich“ 47 Fälle (14), „Kronen Zeitung“ 51 (9), „Wochenblick“ 6 (4); „VN“ 10 (3); „Heute“ 22 (3), „NÖN“ 9 (3), „Kleine Zeitung“ 16 (2), „Kurier“ 27 (2), „Die ganze Woche“ 1 (1), „Der Grazer 3 (1), „OÖN“ 7 (1), „SN“ 6 (1), „Die Presse“ 12 (1), „Der Standard“ 48 (0).

In sechs Fällen wurden die Senate eigenständig aktiv; dabei wurden vier Ethikverstöße festgestellt.

Medienethische Entscheidungen des Jahres 2019
Die meisten Ethikverstöße betrafen Persönlichkeitsverletzungen (Punkt 5 des Ehrenkodex), einige auch Diskriminierungen von Personengruppen (Punkt 7 des Ehrenkodex) sowie die Trennung zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten.

Zu den Persönlichkeitsverletzungen zählten u.a.: Die Bezeichnung von Conchita Wurst als „krank und verhaltensgestört“ in einem Kommentar in der „Kronen Zeitung“; die Veröffentlichung eines Videos, das einen Profi-Langläufer beim Blutdoping zeigt (heute.at, kleinezeitung.at, krone.at, oe24.at, vol.at); die Veröffentlichung von Bildern der Mordopfer von Kitzbühel („Heute“, „Kronen Zeitung“, „Kurier“, „oe24“, vol.at); die Veröffentlichung eines Bildes eines ehemaligen Olympiasiegers in Boxershorts bei seiner Verhaftung („Kronen Zeitung“); die Bekanntgabe des neuen Namens eines wegen Mordes und Sexualstraftaten verurteilten Mannes („Kronen Zeitung“); die Veröffentlichung von Bildmaterial, das einen Schwertmord zeigt (krone.at; oe24.at, wochenblick.at); der Abdruck eines erfundenen Interviews mit der Witwe eines Ermordeten („Kronen Zeitung“).

Als Diskriminierungen werteten die Senate z.B. eine Passage in einer steirischen Gratis-Wochenzeitung, wonach Migranten in Wien „wie Ratten hausen“; die Veröffentlichung eines Bildes, das schwarze Kämpfer in Afrika zeigt, bei einem Bericht über Kriminalität von Migranten in Schweden (wochenblick.at).

Darüber hinaus gab es mehrere Verstöße gegen das Gebot, zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten zu unterscheiden. Etwa bei einem Beitrag über eine Flusskreuzfahrt in Frankreich, der überwiegend Werbesprache enthielt und die Leser zum Buchen der Reise veranlassen sollte („Die ganze Woche“) oder einem Beitrag über Möbel für Jugendliche der Firma kika (auf "oe24").

Zudem stellte der Presserat wegen eines irreführenden Artikels über die vermeintliche Genesung eines Tumorpatienten durch „Wunderheiler“ einen Ethikverstoß fest („Der Grazer“).

Kein Ethikverstoß war nach Meinung des Presserats die Veröffentlichung einer Karikatur in der „Kronen Zeitung“, in der zwei Spitzenpolitiker der FPÖ als Ratten dargestellt wurden – ausschlaggebend war hier, dass dadurch auf das „Rattengedicht“ der FPÖ Braunau hingewiesen wurde und daher ein gewisser Sachbezug vorlag. Auch der in der „Kleinen Zeitung“ erhobene Antisemitismusvorwurf gegenüber der „BDS-Bewegung“ wurde vom Presserat nicht geahndet. Zuletzt wurde auch ein Bild, das Vizekanzler Werner Kogler zeigt, wie er einen Burger isst, als medienethisch unbedenklich eingestuft.

Den Tätigkeitsbericht 2019, in dem einige der oben genannten Fälle genauer beschrieben werden, sowie eine detaillierte Fallstatistik finden Sie unter www.presserat.at.

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig. (red)

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