"Reformen, Reformen und wieder Reformen"
Junge Wirtschaft / Lisi Specht
JW-Bundesvorsitzender Herbert Rohrmair-Lewis
PRIMENEWS Redaktion 12.01.2016

"Reformen, Reformen und wieder Reformen"

Umfrage unter Jungunternehmern zeigt keinen Stimmungsumschwung bei der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, aber eine starke Bereitschaft, das eigene Unternehmen voranzutreiben. JW-Bundeschef Rohrmair-Lewis: "Die großen Ansagen der Politik fehlen."

Wien. Zum Jahreswechsel hat das market-Institut im Auftrag der Jungen Wirtschaft 1.212 Jungunternehmer zu ihren Einschätzungen der nächsten zwölf Monate befragt. Das Ergebnis: Der große Stimmungsumschwung ist ausgeblieben, Verbesserungen bei unternehmensspezifischen Faktoren legten jedoch nahe, "dass mutige Reformen für einen Umschwung sorgen können". Der JW-Bundesvorsitzende Herbert Rohrmair-Lewis zog bei der Präsentation der Ergebnisse am Dienstag in Wien einen Vergleich mit der schwindenden Wahlbeteiligung in Österreich - auch in der Wirtschaft sei eine "Entsolidarisierung" zu bemerken. Man schaue nicht nach rechts und links, kümmere sich weniger um Umfeld und Rahmenbedingungen, sondern schufte schlicht für das eigene Unternehmen. Der "Glaube an die Wirtschaft" gehe generell verloren. "Gekippt" sei die Stimmung schon im Jahr 2011.

„Die rapide Talfahrt der letzten Jahre konnte zwar angehalten werden, dennoch bleibt der Ausblick auf die wirtschaftliche Gesamtentwicklung unter den Jungunternehmern eher gedämpft", fasst Rohrmair-Lewis die aktuellen Konjunkturbarometer-Ergebnisse zusammen. "Die Jungen resignieren aber nicht, sondern treiben weiterhin ihre Unternehmen voran. Dazu muss die Bundesregierung jetzt rasch konkrete Impulse setzen und beweisen, dass die punktuellen Reformen im letzten Jahr, wie zum Beispiel das lang ersehnte Crowdfunding-Gesetz, keine Eintagsfliegen waren."

"Wirtschaft ist Psychologie"

Die Grundstimmung unter den Jungunternehmen hat zu Jahresbeginn 2016 einen Tiefststand erreicht. Mit 48% gehen mit Abstand die meisten Befragten von einer schlechter werdenden gesamtwirtschaftlichen Lage Österreichs aus – ein Anstieg von sieben Prozentpunkten im Vergleich zum Sommer 2015. Nur mehr 13% (-2 Prozentpunkte) glauben an einen Aufschwung, wogegen 39% mit einer gleich bleibenden Lage rechnen. Interessant ist, dass die Situation der Betriebe besser eingeschätzt wird als die allgemeine Lage der Wirtschaft, was laut Rohrmair-Lewis darauf hinweist, dass das Problem auch ein "klimabedingtes" ist: " Wirtschaft ist Psychologie." Rohrmair-Lewis: "Auch wenn knapp die Hälfte von einer Verschlechterung der Wirtschaftslage in Österreich ausgeht, sind wir Jungunternehmer weiterhin bereit anzupacken. Diese Optimismustankstellen der österreichischen Wirtschaft dürfen durch den fehlenden Reformeifer der Regierung nicht auch noch austrocknen."

Leichter Anstieg bei Investitionen möglich

Etwas bessere Werte offenbart das Konjunkturbarometer bei den geplanten Investitionstätigkeiten. Hier geben 21% (+5 Prozentpunkte) an, ihre Investitionen im Jahr 2016 erhöhen zu wollen. Bei 41% (-2 Prozentpunkte) werden sie gleich bleiben und 34% (-6 Prozentpunkte) planen diese zu verringern. Dennoch zeigen sich die Jungunternehmer sehr vorsichtig, was man bei der Einstellung zu neuen Mitarbeitern ablesen kann. Knapp drei Viertel (73%) planen nämlich kein neues Personal einzustellen. Besonders bitter dabei sei, dass dies nach wie vor 50% dezidiert ausschließen. Auch die Betriebe, die Mitarbeiter aufnehmen wollen, sind weniger geworden: Elf Prozent sagen ja, 14% eher ja. Wiener Unternehmer sind am ehesten bereit, neue Mitarbeiter einzustellen. Das Thema Arbeitsplätze bleibt ein bestimmender Faktor: 30 bis 50% der Arbeitsplätze könnten in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren in ihrer bestehenden Form wegfallen, zitiert der JW-Chef aktuelle Studien. Für die Schaffung neuer Jobs, die etwa im Zuge der Digitalisierung entstehen, brauche es umso mehr die Förderung der Gründer und Unternehmer.

Bei der Kostensituation konnte der schlimmste Negativtrend gestoppt werden und auch bei der Ertragslage gibt es positive Anzeichen. 21% erwarten eine Verbesserung (+2 Prozentpunkte), 40% rechnen mit einer konstant bleibenden Ertragslage (+1 Prozentpunkt) und 33% sehen eine Verschlechterung auf sich zukommen. Das ist ein Rückgang um vier Prozentpunkte. Von einer echten Trendumkehr zu sprechen, ist aber noch zu früh. Im langfristigen Vergleich blieben die Werte "bescheiden".

Appell: Jetzt muss der Reformmotor gestartet werden

Im nach wie vor trüben Konjunkturausblick sieht der JW-Bundesvorsitzende einen eindeutigen Auftrag: „In Zeiten von mäßigen Wachstumsraten brauchen wir in Österreich endlich effektive Impulse wie einen Beteiligungsfreibetrag von 100.000 Euro und eine Lohnnebenkostenbefreiung für den ersten Mitarbeiter im ersten Jahr." Nu so könne man "unsere vielversprechenden jungen Unternehmen stärken und deren Potential für Wachstum, Innovation und Jobs ausschöpfen".

Das Alternativfinanzierungsgesetz sowie die Aufstockung der AWS-Garantien seien im letzten Jahr erste wichtige Schritte gewesen. Für einen echten Stimmungsaufbruch müssten aber "der Reformmotor gestartet und die großen Baustellen angegangen werden", um die "Chancen des digitalen Wandels in Wachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand in Österreich zu verwandeln": "Dazu brauchen wir ein neues, unternehmerisches Mindset statt Bürokratiewahnsinn und staatlicher Bevormundung." (red)

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