Milchbauern wollen mehr Kennzeichnung und bessere Preise
© APA AFP John MacDougall.
RETAIL Redaktion 27.05.2019

Milchbauern wollen mehr Kennzeichnung und bessere Preise

34 Cent für den Liter Milch ist für die Bergbauern zu wenig zum Überleben; seit 2001 hat etwa die Hälfte der steirischen Molkerei-Lieferanten aufgegeben.

GRAZ. Die österreichische Milchwirtschaft ist im Wandel: Während die Kosten für Tierwohl und Produktion steigen, klettern die Preise nicht im selben Ausmaß mit hinauf. Immer mehr Milchbauern müssen ihre Betriebe zusperren. Anlässlich des bevorstehenden Weltmilchtages am 1. Juni forderte die Standesvertretung am Freitag bei einem Pressegespräch in Graz mehr Kennzeichnung bei Milchprodukten.

Der steirische Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher - selbst Milchbauer in der Obersteiermark - gab als Ziel eine höhere Wertschöpfung für bäuerliche Familienbetriebe aus: "Die Kosten steigen schneller als der Milchpreis." Dabei bieten steirische und österreichische Milchbauern gentechnikfreie Qualität. Besonders schwierig zu erfüllen seien kurzfristige Trendänderungen der Konsumenten, denn Investitionen in der Produktion sind langfristig angelegt. Da springen oftmals Molkereien ein, die sich neben der Frischmilchherstellung auch auf Nischen und neue Produkte spezialisieren.

 "Obwohl die Milchbauern die Wünsche der Verbraucher und des Lebensmittelhandels erfüllen, ist der Milchpreis für viele Betriebe nicht ausreichend, um ein entsprechendes Einkommen zu erzielen, das auch die notwendigen Neuerungen und Investitionen ermöglicht", so Titschenbacher. Derzeit erhalte ein Bauer für seinen im Handel verkauften Liter Milch nur 34 Cent. Das rentiere sich vielleicht für einen norddeutschen Betrieb mit 2.000 Milchkühen auf Flachland, doch für einen Bergbauern werden wohl auch 60 Cent zu wenig sein. Sie können derzeit ohne Ausgleichszahlungen nicht überleben, so der Kammerpräsident.

Agrarlandesrat Johann Seitinger (ÖVP) unterstrich: "Milch, das weiße Gold, ist weltweit nach Wasser das sensibelste Lebensmittel. Nur mit Wasser allein kann man aber nicht leben, mit Milch schon." Erzeuger hätten höchste Verantwortung, brauchen viel Wissen und Hygiene. Das schwierige internationale Umfeld und drückende Handelspreise bringen aber viele Landwirte zum Aufgeben. Während in der Steiermark 2001 noch rund 9.487 Molkerei-Lieferanten gezählt wurden, waren es 2018 nur noch 4.229.

Von diesen mehr als 4.000 steirischen Milchlieferanten sind ein Großteil Bäuerinnen, die als Direktvermarkter und Käsehersteller ein Zubrot verdienen. So auch Elisabeth Hörmann aus Bruck an der Mur: Sie hat den elterlichen Vollbetrieb übernommen und stellte im Laufe von drei Jahrzehnten auf Nebenerwerb um. Sie hat 28 Milchkühe und wünscht sich, dass ihr Standort erhalten bleibt und sie nicht irgendwann sagen muss: "Mein Betrieb stand dort."

Seitinger forderte: "Die Gastronomie und der Tourismus müssen sich zu heimischen Produkten bekennen." Er kritisierte den Import von Palmöl, "Billigfett", für das Regenwälder gerodet würden, während heimisches Milchfett aus Eis und Butter verdrängt werden. Er verstehe auch nicht, warum bei Preissteigerungen von wenigen Cent aufgeschrien werde: "Wir haben höchst wertvolle Lebensmittel, die zum Billigstpreis angeboten werden. Manche Rabatte - wie 55 Prozent auf Fleisch - sind schandhaft. Das gibt es nicht einmal bei Gebrauchtwagenreifen." (red)

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