Nationalratswahl 2024: Präsent in allen Medien
© Parlamentsdirektion/Thomas Topf
MARKETING & MEDIA Redaktion 27.09.2024

Nationalratswahl 2024: Präsent in allen Medien

Diesen Sonntag wird in Österreich gewählt. medianet nahm die Wahlberichterstattung genauer unter die Lupe.

••• Von Elisabeth Schmoller-Schmidbauer

Am kommenden Sonn­tag stehen die österreichischen Nationalratswahlen an und beenden damit einen Sommer, geprägt von medialem Wahlkampf und Stimmenwerbung. Zeit also für eine Retrospektive, wie die österreichischen TV-Unternehmen die Nationalratswahl inhaltlich und programmatisch aufbereiteten und welche Sendungen die höchsten Reichweiten erzielten. (Sämtliche Zahlen und Daten waren bis Redaktionsschluss Donnerstag, 12 Uhr, aktuell und gültig.)

Einen traditionell sehr breiten Raum nahm das Wahl-Thema im ORF-Programm ein. Dieses Jahr schnürte der ORF nach eigenen Angaben zufolge allerdings das bislang umfangreichste Programmpaket zur Nationalratswahl am 29. September. Sämtliche ORF-Studios (und viele Privatsender, Anm. d. Red.) berichteten nicht nur im TV, sondern verfolgten eine multimediale Strategie und boten Beiträge zusätzlich digital und via Radio an.
Großes TV-Kick-off für den Wahlkampfsommer bildeten im ORF2 die von Martin Thür moderierten „Sommergespräche”, die im August um je 21.05 Uhr stattfanden: Beate Meinl-Reisinger von den Neos, Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen, FPÖ-Chef Herbert Kickl, Andreas Babler von der SPÖ und Bundeskanzler Karl Nehammer von der ÖVP waren zu Gast und stellten sich Thürs Fragen. Anschließend an die „Sommergespräche” analysierte in den „Sommer(nach)gesprächen” ORF-III-Chefredakteurin Lou Lorenz-Dittlbacher in einer Expertenrunde die Performance der Kandidaten.

Kickl: meiste Zuseher

Zumindest was die Reichweite betrifft, ging Herbert Kickl dabei als Sieger hervor: 869.000 Zuschauer lockte der FPÖ-Chef vor den Bildschirm, was einem Marktanteil von 35% entspricht. Andreas Babler belegte in Sachen Reichweite den zweiten (746.000 Zuschauer, 30% Marktanteil), Karl Nehammer den dritten Platz (737.000 Zuschauer, 32% Marktanteil), danach folgten Beate Meinl-Reisinger (543.000 Zuschauer, 22% Marktanteil) und Werner Kogler (526.000 Zuschauer, 24% Marktanteil).

TV-Duelle & Kontroverse

In die heiße Phase ging die ORF2-Wahlkampf-Berichterstattung im September mit dem Start der „Wahl24”-TV-Konfrontationen der Spitzenkandidaten bzw. Spitzenkandidatin der Parlamentsparteien. Vor allem innerhalb der SPÖ sorgte vorab die Entscheidung des ORF für Aufregung, erstmals die in den Umfragen führenden Partei-Chefs in der letzten Konfrontation vor der Wahl gegeneinander antreten zu lassen – und nicht wie bisher die bei der vergangenen Nationalratswahl stärksten Parteien.

Damit trafen am 23. September Herbert Kickl und Karl Nehammer aufeinander – anstatt eines Duells zwischen Babler und Nehammer. Auf Nachfrage beim ORF verwies man auf ein Statement von ORF-Chefredakteur Johannes Bruckenberger, der u.a. auf Twitter bzw. in der Tageszeitung Kurier meinte: „Die Reihenfolge der Konfrontationen war eine unabhängige Entscheidung der Chefredaktion in Abstimmung mit dem für die Information zuständigen Generaldirektor. Die Basis dafür waren journalistische Kriterien. Übrigens – die Geschichte der TV-Konfrontationen im ORF zeigt, die höchsten Reichweiten wurden nicht immer am Schluss erzielt und waren meist unabhängig von der Reihenfolge.”
Der Kritik vonseiten der SPÖ tat dies freilich keinen Abbruch. „Entscheidungen, die nach einem Entgegenkommen gegenüber einer Partei aussehen – wie die Entscheidung über die Reihenfolge der TV-Duelle – schaden dem Ansehen des ORF und seiner Unabhängigkeit”, so SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzdar.
Unabhängig davon trafen die Kandidaten ab 5. September um jeweils 20.15 Uhr bzw. 21.05 Uhr in den TV-Duellen aufeinander. Das viel diskutierte Grande Finale der „Wahl24”-TV-Duelle erfolgte am 23. September mit Babler vs. Meinl Reisinger um 20.15 Uhr und Kickl vs. Nehammer um 21.05 Uhr.

Reichweiten & Marktanteile

Als reichweitenstärkstes ORF2-TV-Duell entpuppte sich dennoch das große Finale zwischen Kickl und Nehammer am 23. September um 21.05 Uhr: Im Schnitt brachte es dem ORF 922.000 Zuseher bei 36% Marktanteil, das Duell zwischen Babler und Meinl-Reisinger erreichte im Schnitt 690.000 Zuseher bei 27% Marktanteil.

Die 20.15 Uhr-„Wahl24”-Duelle im Reichweitenranking: Die höchste Reichweite um 20.15 Uhr schafften Kickl vs. Kogler mit durchschnittlich 840.000 Zuschauer und einem Marktanteil von 33%, gefolgt von Babler vs. Nehammer mit 754.000 Zusehern und einem Marktanteil von 31% sowie Babler und Meinl-Reisinger 690.000 Zuseher bei 27% Marktanteil. Die niedrigsten Werte erreichten Babler vs. Kogler mit im Schnitt 593.000 Zusehern bei 26% Marktanteil und das Kogler-Nehammer-Duell mit 560.000 Zusehern bei 25% Marktanteil.

21.05 Uhr-Duelle im Detail

Die höchste Reichweite unter den 21.05 Uhr-Duellen konnten, nach dem Nehammer-Kickl-Finale, Meinl-Reisinger vs. Nehammer mit durchschnittlich 791.000 Zusehen bei 32% Marktanteil für sich verbuchen, gefolgt vom Duell Kickl vs. Meinl-Reisinger mit 716.000 Zusehern und einem Marktanteil von 31% und Babler vs. Kickl, das im Schnitt 697.000 Personen erreichte und einen Marktanteil von 30%. Kogler und Meinl-Reisinger traten vor durchschnittlich 673.000 Zusehern und bei 29% Marktanteil aufeinander.

Weitere Duelle & Interviews

Neben den bekannten Formaten im ORF2 strahlte ORF III bereits am 30. August um 20.15 Uhr die „Konfrontation der Spitzenkandidaten aus Alpbach” aus. Lou Lorenz-Dittlbacher befragte die Spitzenkandidatin und Spitzenkandidaten der fünf Parlamentsparteien vier Wochen vor dem Endspurt des Nationalratswahlkampfs nach Lösungen und Antworten zu den dringendsten Themen unserer Zeit. Am 3. September sendete ebenfalls der ORF III um 20.15 Uhr zunächst die Diskussionsveranstaltung „Wahl 24: Der große Schlagabtausch” mit den Parteispitzen im Landestheater Salzburg und danach um 22 Uhr „Wahl 24: Der große Schlagabtausch – Die Analyse” mit Politikexpertinnen und -experten.

Auswahl ORF-Landesstudios

Auch die Landesstudios lieferten gesonderte Berichterstattung zur Nationalratswahl. So wurden etwa in „Salzburg heute” Reportagen über Wahlkampfauftakt und Wahlkampfende von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Die Grünen, Neos und KPÖ Plus jeweils mit etwa zwei bis drei Minuten Sendezeit gezeigt.

Auch in „OÖ heute” wurde umfassend über die Runde der oberösterreichischen Spitzenkandidaten berichtet. Und der ORF Niederösterreich bot erstmals mit den Niederösterreichischen Nachrichten ein eigenes Wahlformat an: die großen Niederösterreich-Diskussion zur Nationalratswahl mit Listenersten der Niederösterreichischen Landeslisten aller im Nationalrat vertretenen Parteien. Eine Zusammenfassung wurde in „NÖ heute” ausgestrahlt.
Das Landesstudio Wien zeigte eine Woche lang in „Wien heute” Interviews mit Wiener Spitzenpolitikern. Die höchsten Reichweiten erzielten die Gespräche mit FPÖ-Landesparteiobmann Dominik Nepp mit durchschnittlich 164.000 Zusehern und einem Marktanteil von 46% sowie ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer mit 155.000 Zusehern bei einem Marktanteil von 45%.

Puls 4, Puls 24 & Joyn

Neben dem öffentlich-rechtlichen TV-Sender lieferten auch die österreichischen Privatsender reichlich Berichterstattung und Konfrontationen zur anstehenden Wahl. Die Sendergruppe ProsiebenSat1 Puls 4 bot wie der ORF ebenfalls „Sommergespräche” mit Werner Kogler, Dominik Wlazny von der Bier-Partei, Beate Meinl-Reisinger, Andreas Babler sowie – nach kurzfristiger Absage eines Sommergesprächs aufgrund von Terminkollisionen – auch ein Einzelinterview mit Bundeskanzler Karl Nehammer am 29. August. Die „Sommergespräche” und das Nehammer-Interview wurden auf Puls 4, Puls 24 sowie Joyn um je 20.15 Uhr gezeigt. Was die Reichweiten betrifft, ergatterte das „Sommergespräch” mit Beate Meinl-Reisinger das Platz 1-Stockerl: Auf Puls 4 erreichte das „Sommergespräch” einen Marktanteil von 4,9% und auf Puls 0,8%. Das „Sommergespräch” mit Dominik Wlazny schaffte auf Puls 4 einen Marktanteil von 4,5% und auf Puls 24 0,5% Marktanteil – und damit Platz zwei beim Reichweiten-Ranking der Puls 4-„Sommergespräche”.

Am 8. September trafen beim Duellabend um 20.15 Uhr dann ÖVP-Staatssekretärin Claudia Plakolm, stv. SPÖ-Klubobfrau Julia Herr, stv. FPÖ-Klubobmann Hannes Amesbauer, die Klima-, Umwelt- und Verkehrsministerin (Grüne) Leonore Gewessler, Neos-NR-Abgeordneter Sepp Schellhorn und Neos-EU-Abgeordneter Helmut Brandstätter aufeinander und diskutierten zentrale Fragen zu Themen wie u.a. Klimawandel, Sicherheit oder Integration.
Ausgestrahlt wurde die Diskussionsrunde um 20.15 Uhr auf Puls 24, ATV und Joyn und erreichte einen Marktanteil von 5,0% auf ATV und 0,9% auf Puls 24, wie es vonseiten der Sendergruppe heißt.

Die Puls-Elefantenrunde

Und schließlich fand am 22. September um 20.15 Uhr die große Elefantenrunde statt, wo die Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien zur großen Konfrontation aufeinandertrafen. Nur einer fehlte: Herbert Kickl sagte die Teilnahme an der Diskussionrunde ab, da sich die FPÖ bereits in der Vergangenheit sowohl vom Sender Puls 4 als auch von der Kronen Zeitung benachteiligt behandelt fühlte. Die Elefantenrunde, die gemeinsam von der Puls 4-ATV-Gruppe und der Kronen Zeitung veranstaltet wurde, verfolgten am Sonntag 1,1 Mio. Österreicher. Die Sendung erreichte auf Puls 24, ATV und Puls 4 sowie Krone.TV einen Marktanteil von 16,9% und eine durchschnittliche Reichweite von rund 327.000 Zusehern. Auf Joyn erreichte die Elefantenrunde eine Watchtime von 941.011 min bei rund 36.000 Live-Video-Views.

Kandidaten in ServusTV

Der Salzburger Sender ServusTV nahm sich ebenfalls der Nationalratswahl an und zeigte von 14. August bis 4. September wöchentlich Einzeltalks mit Andreas Babler, Beate Meinl-Reisinger, Werner Kogler, Herbert Kickl und Karl Nehammer.

Außerdem standen Talks mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten am Programm, wie der Talk „Wahl24 – Die große Regierungsbilanz”. Zu Gast waren unter anderem Publizist und Ex-Politiker Gerald Grosz, Arbeitsrechtlerin Katharina Körber-Risak und Gesundheitswissenschaftler Martin Sprenger.
Die besten Reichweiten bei den ServusTV-Formaten zur Wahl erreichte der Talk mit Herbert Kickl mit durchschnittlich 223.800 Zusehern und einem Marktanteil von 10,16% sowie das Gespräch mit Bundeskanzler Karl Nehammer mit durchschnittlich 119.200 Zusehern bei 5,78% Marktanteil (beide Talks: Startzeit 21.15 Uhr). Die Diskussionsrunde „Wahl24 – Die große Regierungsbilanz” erreichte im Schnitt 94.900 Zuseher bei 5,49% Marktanteil (Start 21.46 Uhr). Auf Platz vier: Andreas Babler im Gespräch mit durchschnittlich 83.800 Zusehern und einem Marktanteil von 8,62% (Start: 22.56 Uhr).

Die regionale Perspektive

Zur Ergänzung einer nationalen Berichterstattung des ORF und den großen Privatsendern fokussierte sich etwa der Wiener Regionalsender W24 auf Themen und lokale Politik in der Bundeshauptstadt, wie Marcin Kotlowski, Geschäftsführer der WH Media GmbH, gegenüber medianet erklärt: „Im Vergleich zu den bundesweiten Formaten des ORF, wie den Elefantenrunden, bietet W24 eine regionale Perspektive und gibt lokalen Akteuren eine Bühne. Während der ORF nationale Themen abdeckt, konzentrieren wir uns als Stadtsender auf städtische Anliegen und sind damit eine Ergänzung zur überregionalen Berichterstattung. Beispielsweise geben wir den jungen Spitzenkandidaten aus Wien eine Bühne.”

In der Berichterstattung zur Nationalratswahl wurde der Fokus auf die Stadt verstärkt: In der Sendung „Bei Tesarek im Rathaus” traf der ehemalige ORF-Chefredakteut Paul Tesarek regionale Spitzenpolitiker im Wiener Rathaus, wo für die Wiener Stadtbevölkerung relevante Themen besprochen wurden. „Im Wahlkontext wird gezeigt, wie nationale Entscheidungen die Stadt und ihre Bezirke betreffen”, so Kotlowski, und meint weiter: „Mit diesem Format machen wir politische Themen für das Wiener Publikum greifbar.”(Das gesamte Interview mit Marcin Kotlowski findet sich auf www.medianet.at.)
Auch der Regionalsender Kurier TV mit einer thematischen Ausrichtung auf Wien, Niederösterreich und Burgenland konzertierte sich in seiner Berichterstattung auf lokale und regionale Themen. Im Vorfeld der Nationalratswahl waren allerdings nicht lokale Politiker, sondern die Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien zu Gast im Format „Bei Gebhart – Spezial”, moderiert von Kurier-Chefredakteur Martin Gebhart. „Nur Herbert Kickl ist nicht gekommen, Karl Nehammer hat aufgrund des Hochwassers abgesagt, hier hoffen wir auf einen Ersatztermin. Auch Politikanalyst Thomas Hofer war zu Gast in ‚Bei Gebhart – Spezial' und hat seine Einschätzung zum Ausgang der Wahl abgegeben”, erklärt Marcel Schachinger, Programmleiter von Kurier TV.

Fazit von oe24.TV

Und last but not least: oe24.TV bot Wahlduelle mit Vertretern der Parlamentsparteien sowie Diskussionsrunden der Kleinparteien und eine große Elefantenrunde am 24. September mit allen Spitzenkandidaten. Fazit vonseiten der Chefredaktion: „Besonders hitzig war die Diskussion zwischen Dagmar Belakowitsch (FPÖ, Anm. d. Red.) und Yannick Shetty (Neos, Anm. d. Red.) zum Thema Pride. Schwierig gestaltet hat sich die Organisation und Umsetzung des Interviews mit Dominik Wlazny alias Marco Pogo. Unkompliziert, unaufgeregt und sehr professionell hingegen die Kommunikation mit der Liste Madeleine Petrovic LMP – Petrovic hätte sich übrigens gerne mit Grünen duelliert – die haben das aber abgelehnt.”

Ausstehend: diverse Elefanten- und Diskussionsrunden.

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