Mit Selbstironie wider den Fachkräftemangel
© Obi
RETAIL Redaktion 13.09.2024

Mit Selbstironie wider den Fachkräftemangel

Obi nimmt in seiner „Hidden Talents”-Kampagne ein Vorurteil gegenüber der Baumarktbranche aufs Korn.

••• Von Paul Hafner

Einer der am häufigsten genannten Vorteile des stationären Einzelhandels gegenüber dem E-Commerce ist die Möglichkeit zur profunden Beratung. Gleichzeitig wird gerade jenen Branchen, in denen Kunden auch wirklich Beratungsbedarf haben, häufig nachgesagt, ebendiesen nur unzureichend zu erfüllen. Neben dem Elektronikhandel trifft das Vorurteil des sich geradezu „versteckenden” Mitarbeiters auch die Baumarktbranche .

Getreu dem Credo „Angriff ist die beste Verteidigung” setzt sich Marktführer Obi seit Mitte Juli im Rahmen seiner augenzwinkernden „Hidden Talents”-Kampagne entschlossen mit besagtem Klischee auseinander – und versucht sich damit an neuen Wegen, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. medianet hat mit Obi-Marketingchef Dominik Hackl über die Beweggründe, das Konzept und die Umsetzung der groß angelegten, crossmedialen Kampagne gesprochen.


medianet:
Mit ‚Hidden Talents' hat Obi mitten im Sommer eine große Employer Branding-Kampagne gelauncht. Warum gerade jetzt – und mit welchem Ziel?
Dominik Hackl: Die Zeit für die ‚Hidden Talents'-Kampagne ist aus mehreren Gründen ideal. Zum einen befinden wir uns in einem herausfordernden Arbeitsmarkt, in dem es für Unternehmen immer wichtiger wird, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Und zum anderen wollten wir das bestehende Vorurteil, dass Baumarktmitarbeiter schwer zu finden seien, humorvoll aufgreifen und zu unserem Vorteil nutzen. Unser Ziel ist es, potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere junge Talente, anzusprechen und sie für eine Karriere bei Obi zu begeistern. Mit dieser Kampagne möchten wir verdeutlichen, dass wir die verborgenen Talente unserer Kolleginnen und Kollegen erkennen und fördern.

medianet:
Stichwort schwer zu findende Mitarbeiter: Wie heikel ist Selbstironie als Kampagnen-Element, gerade wenn es um ein typisches Kundenärgernis geht?
Hackl: Selbstironie ist immer ein Balanceakt, aber wir sind überzeugt, dass sie in diesem Fall perfekt passt. Vorurteile existieren in so gut wie allen Lebensbereichen. Wir sprechen das größte Vorurteil der gesamten Baumarktbranche an. Indem wir dieses Vorurteil direkt ansprechen und humorvoll damit umgehen, zeigen wir, dass es meist nicht zutreffend ist und nutzen es gleichzeitig zu unserem Vorteil. Es war uns besonders wichtig, dieses Vorurteil in einen Vorteil zu verwandeln und dabei die Skills und Talente unserer eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vordergrund zu rücken. Das spricht für Authentizität und stärkt das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden – eine Kampagne, die nach innen und außen wirkt.

medianet:
Eine der zentralen Herausforderungen im Employer Branding besteht bekanntlich darin, auch die bestehende Belegschaft glaubwürdig anzusprechen, ‚mitzunehmen' und in die Kampagne zu integrieren. Wie ist man das angegangen?
Hackl: Die interne Kommunikation spielt in dieser Kampagne eine zentrale Rolle. Die Obi-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sind nicht nur die Gesichter der Kampagne, sondern auch aktiv in den gesamten Kommunikationsprozess eingebunden. Schon in der Konzeptionsphase haben wir unter anderem unsere dualen Studentinnen und Studenten miteinbezogen. Uns war es wichtig, dass sie ihre Perspektiven und Erfahrungen einbringen konnten. Über unser internes Social Intranet teilen wir regelmäßig Updates und Erfolgsgeschichten, um den Zusammenhalt und die Identifikation mit Obi weiter zu stärken.

Besonders wichtig war es uns, dass alle Mitarbeiter die Botschaft der Kampagne verstehen und mittragen, denn Obi ist weit mehr als klassischer Einzelhandel. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben im Alltag eine Vielzahl an Aufgaben zu bewältigen – von der Kundenberatung, über die Planung bis hin zur Logistik uvm. Das vermeintliche ‚Verstecken' resultiert oft aus der enormen Vielfalt und dem hohen Anspruch dieser Aufgaben, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagtäglich mit Engagement und Professionalität meistern. Mit der Kampagne wollen wir genau das honorieren und die vielfältigen Skills und Talente unserer ‚Obianer' in den Vordergrund rücken.


medianet:
Auch wenn sich die Kampagne primär an potenzielle Arbeitnehmer wendet – welche Botschaften hält sie speziell für die Kundschaft bereit?
Hackl: Die Kampagne vermittelt neben ihrer primären Ausrichtung auf Arbeitnehmer auch unseren Konsumentinnen und Konsumenten wichtige Werte. Wir wollen zeigen, dass Obi ein modernes, dynamisches Unternehmen ist, das gemeinschaftlich mit Freude, Humor und Selbstironie auftritt. Gleichzeitig unterstreichen wir unsere Kundenorientierung und die Bereitschaft, gängige Stereotype und Vorurteile herauszufordern. Unser Ziel ist es, nicht nur als führender Baumarkt wahrgenommen zu werden, sondern auch als Arbeitgeber, der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schätzt und fördert.

medianet:
Ein Höhepunkt der Kampagne war der diesjährige Obi-Lehrlingsmarkt. Dabei haben zwischen Ende Juli und Mitte August rund 100 Lehrlinge und duale Studenten den Obi-Baumarkt in Spittal an der Drau geführt. Wie fällt die Bilanz aus, wie haben sich die Berufsanfänger geschlagen?
Hackl: Der Lehrlingsmarkt war ein großer Erfolg und hat eindrucksvoll demonstriert, wie tatkräftig und talentiert unsere jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Die Lehrlinge und dualen Studenten haben in diesen zwei Wochen gezeigt, dass sie nicht nur das Tagesgeschäft souverän meistern können, sondern auch innovative Ideen mit einbringen. Besonders stolz sind wir auf die positive Resonanz von den Kundinnen und Kunden, die die Professionalität und den Einsatz unserer jungen Talente ausdrücklich gelobt haben. Als besonderes Highlight gab es darüber hinaus während des Lehrlingsmarkts den eigens initiierten Event ‚Hide and Win – Österreichs größtes Versteckspiel'. Über unsere Social Media-Kanäle konnten sich Interessierte bewerben, um ihre Versteck-Skills unter Beweis zu stellen. Gewinner Emrah versteckte sich am geschicktesten und durfte anschließend 120 Sekunden lang gratis im Obi shoppen …

medianet:
Wie wird es das restliche Jahr in Sachen Kampagnen weitergehen?
Hackl: Wir haben in den kommenden Monaten noch einige spannende Kampagnen geplant. Wir führen unsere Hidden Talents-Initiative weiter, um kontinuierlich junge Talente anzusprechen und unsere Position als attraktiver Arbeitgeber zu festigen. Für unsere Kundinnen und Kunden geht es im Herbst mit den beliebten ‚Biber Bonus Wochen' weiter, die immer wieder großen Anklang finden. Im Winter wird dann eine emotionale Weihnachtskampagne folgen, die darauf abzielt, unsere Kunden in der festlichen Saison zu begleiten und besondere Momente zu schaffen. Diese Kombination aus zielgerichteten Kampagnen wird uns helfen, sowohl unsere Arbeitgebermarke als auch unsere Kundenbindung weiter zu stärken.

medianet:
Abschließend noch einmal kurz zum Anstoß der Hidden Talents-Kampagne, dem Fachkräftemangel: Welche Maßnahmen abseits von Werbung und Branding ergreift Obi, um der im heimischen Handel ja nun schon seit einigen Jahren schwierigen Situation entgegenzuwirken?
Hackl: Abseits von Kampagnen setzen wir auf eine umfassende Personalentwicklungsstrategie. Dazu gehören attraktive Ausbildungsprogramme am Obi Campus, kontinuierliche Weiterbildungsmöglichkeiten und die Förderung einer offenen, inklusiven Unternehmenskultur, die sich auf Obi-eigene Werte stützt: Gemeinschaft, Schaffensfreude, Eigenverantwortung und Entwicklung. Wir arbeiten eng mit Schulen und Universitäten zusammen, um frühzeitig Talente zu identifizieren und für den Handel zu begeistern. Darüber hinaus bieten wir flexible Arbeitsmodelle und Karrierechancen, um uns als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

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