••• Von Paul Christian Jezek
Während der Gesamtmarkt an Einfami- lienhäusern 2014 ein Minus von 1,9% verzeichnet hat, haben Einfamilienhäuser in Fertigbauweise um 1,5% zugelegt – und auch der Umsatz ist gestiegen.
Die Mitglieder des Fertighausverbandes (ÖFV) errichteten im vergangenen Jahr 2.530 Einfamilienhäuser im Inland. Dieser Zuwachs um 1,5% ist umso beachtlicher, als der Gesamtmarkt der Einfamilienhäuser im Vorjahr mit 14.800 errichteten Einheiten um 1,9% zurückgegangen ist.
Insgesamt wurden 2014 ca. 4.300 Einfamilienhäuser in Fertigbauweise gemäß ÖNORM B 2310 errichtet. Weiters wurden im Vorjahr im Inland 86 großvolumige Projekte von den ÖFV-Mitgliedern realisiert (ein Plus von 6,7%).
2014 erzielten die ÖFV-Mitglieder einen Gesamtumsatz von 545 Mio. €, was einer Steigerung um fünf Mio. oder 0,9% entspricht.
„Echte” Fertighäuser
Die Vorteile des Fertigbaus dürften so offensichtlich sein, dass immer mehr Baufirmen mit dem Begriff „Fertighaus” werben, schlussendlich jedoch ein konventionell gebautes Haus realisieren oder ein Gebäude, das den Mindestanforderungen der Fertighausnorm nicht entspricht.
„Wir wollen deshalb eindeutig klarstellen, was ein ,echtes’ Fertighaus ausmacht”, postuliert Roland Suter, Präsident des Fertighausverbandes (und Hartl-Haus-Chef). „Die Vorteile des Fertigbaus ergeben sich nur in der Kombination eines ganzen Bündels von Rahmenbedingungen – das bloße Herausgreifen eines Elements wie z.B. der Fixpreisgarantie macht aus einem Bauvorhaben noch lange kein Fertighaus.”
Dennoch werde immer wieder versucht, Attribute des Fertigbaus zu kopieren und sich so Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, so Suter. Dabei ist Österreich das einzige Land Europas, das den Fertigbau in einer Norm regelt. Die ÖNORM B 2310 definiert den Begriff „Fertighaus” und die Leistungsumfänge der Ausbaustufen „Schlüsselfertig”, „Belagsfertig” und „Ausbauhaus”.
Auf das Material kommt es dabei nicht an: Fertighäuser können in Holz-, Beton- oder Ziegelbauweise errichtet werden. Wesentlich ist, dass die Wand-, Decken- und Dachelemente in einer Produktionsanlage vorgefertigt werden und in einem hohen Vorfertigungsgrad auf die Baustelle transportiert werden.
Je höher dieser Grad ist – so z.B. Fenster bereits eingebaut, Installationen in den Wänden –, desto weniger Arbeiten fallen vor Ort an. In den Produktionshallen kann witterungsunabhängig gefertigt und exakt verarbeitet werden.
Auch die Qualitätssicherung ist leichter als die Überwachung von Arbeiten auf der Baustelle.
„Unsere Mitglieder dokumentieren laufend die Qualitätsstandards und werden zusätzlich durch akkreditierte Prüfinstitute überwacht”, verspricht Suter. Produkte von ÖFV-Mitgliedern führen daher das Fertighaus-Gütezeichen – ein Qualitätslabel, das sich auf das gesamte Gebäude bezieht.
Zeit ist Geld
Ein Vorteil industriell vorgefertigter Bauteile ist die kurze Bauzeit. Durchschnittlich in zwei Tagen ist ein Einfamilienhaus auf der Baustelle fertigmontiert und wetterdicht; in drei bis vier Monaten wird der Innenausbau komplettiert.
Die kurze Bauzeit ist ein Vorteil, der nicht nur beim Einfamilienhausbau, sondern verstärkt im großvolumigen kommunalen Bau von Bedeutung ist. Die Anrainer werden deutlich weniger gestört, der Straßenverkehr weniger beeinträchtigt, Lärm- und Staubbelästigung werden auf ein Minimum reduziert und die Gebäude sind rascher nutzbar.
Auch finanziell bringt eine rasche und termingerechte Fertigstellung Vorteile für private und institutionelle Auftraggeber.
Da Fertighäuser rasch gebaut werden, können die Hersteller auch einen Fixpreis für die Dauer von zwölf Monaten garantieren. Je schneller gebaut wird, desto weniger wirken sich Preissteigerungen bei Baumaterialien aus. Bei einem langsamen Baufortschritt, wo Gewerke zusätzlich wechseln, ist die Gefahr von Baukostenüberschreitungen deutlich höher.
Bei der Umsetzung eines Bauprojekts in Fertigbauweise tritt der Fertighausproduzent häufig als alleiniger Ansprechpartner auf – der Bauherr hat damit wesentlich weniger Koordinationsaufwand und ein einfacheresProjektmanagement. Zudem ist bei allfälligen Mängeln ein Unternehmen in der Gewährleistung; gegenseitige „Schuldzuweisungen” der Einzelgewerke entfallen. Auch ergibt sich in der Regel eine deutlich bessere Kostenplanung.
Aufgrund der verschiedenen erprobten Wandaufbauten ist im Fertigbau jede architektonische Vorgabe realisierbar. Je nach Bedarf (Energiekennzahlen, bauphysikalische Anforderungen, etc.) kann mit den fertig konzipierten Systemen geplant werden. Der konstruktive Aufbau des Gebäudes muss daher nicht „neu erfunden” werden, individuell sind lediglich die optische Gestaltung, der Grundriss und sonstige Wünsche.
Mythen im Faktencheck
Viele Vorurteile über Fertighäuser halten sich erstaunlich hartnäckig – schön langsam sollte damit aber Schluss sein …
• Fertighäuser sind keine „Häuser von der Stange”. Nur noch eine sehr geringe Prozentzahl der Häuser wird nach dem Katalog des jeweiligen Anbieters gebaut; alle anderen werden vollständig individuell (nach eigenen oder Architekten-Entwürfen) geplant oder ausgehend von einem Kataloghaus mehr oder weniger stark adaptiert.
• Fertighäuser sind keine „Billighäuser”. Unterscheidungskriterium ist heutzutage nicht mehr der Preis, sondern die Bauweise sowie die rasche und für den Bauherrn unkompliziertere Fertig-stellung. Fertighäuser sind in denmeisten Fällen preislich mit Ziegelhäusern vergleichbar. Im Sinne der Kostentransparenz berücksichtigen die Anbieter in der Kalkulation jeden Bauteil und alle Sonderwünsche. Eine Fixpreisgarantie gilt für 12 Monate ab Kaufvertragsunterzeichnung bis zur Montage.
• Fertighäuser fliegen bei Sturm nicht davon. Fertighäuser hierzulande sind nicht mit jenen in den USA vergleichbar, die Stürmen oft tatsächlich nicht gut standhalten. Hierzulande werden auch Fertighäuser kraftschlüssig im Boden verankert und sind genauso sturmsicher wie Ziegelhäuser. Fertighäuser können überall da gebaut werden, wo auch Ziegelhäuser gebaut werden – sogar in schwer zugänglichen Gegenden.
• An einer Fertighaus-Wand kann man einiges aufhängen. Allein an der obersten Schicht der Wände (Gipsplatten) lassen sich Punktlasten von bis zu 50 kg befestigen. Durch mehrere Befestigungspunkte lässt sich dieser Wert linear erhöhen. Wer noch mehr Festigkeit braucht, kann besonders schwere Dinge an den darunterliegenden Holzrahmen fixieren.
• Ein Fertighaus ist kein hellhöriges Pappendeckelhaus. Zugegeben: In den frühen Fertighäusern war das ein Problem. Durch die heute verwendeten Materialien und Technologien wurde dieses aber gelöst. Im mehrgeschossigen Wohnbau kommen zudem entsprechende Schallschutzmaßnahmen wie z.B. zweischalige Wohnungstrennwände dazu, die das ungestörte Zusammenleben unterschiedlicherBewohner in einem Wohnhaus ermöglichen.
• Manche Kunden möchten aus Kostengründen keinen Keller. Grundsätzlich kann bei einem Fertighaus aber genau wie bei einem Ziegelhaus ein Keller mitgeplant werden. Auch der Keller kann in Fertigbauweise hergestellt werden.
• Auch Garagen können heute in Fertigteilen und in Holzrahmenbauweise gebaut werden; es gibt sogar Anbieter, die sich darauf spezialisiert haben. Die gesetzlichen Anforderungen diesbezüglich wurden in letzter Zeit zugunsten des Holzbaus entschärft. Zu beachten sind jedoch die unterschiedlichen Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer.
• Fertighäuser brennen nicht häufiger als Massivhäuser. Und wenn sie es tun, hat die Ursache meist nichts mit der Bauweise zu tun, denn als erstes brennt immer die Inneneinrichtung. Das verwendete Holz ist außerdem ein kalkulierbarer Brennstoff, das die statische Tragfähigkeit relativ lang aufrechterhält. Im Unterschied dazu hält ein Stahlträger einem bestimmten Hitzegrad von einer Sekunde auf die andere nicht mehr stand, das gesamte Gebäude kann einstürzen. Gipskarton-Feuerschutzplatten sorgen im Fertighaus dafür, dass ein Brand die Konstruktion erst frühestens nach 30 Minuten erreicht, je nach gesetzlicher Anforderung kann diese Zeit auf 90 Minuten verlängert werden.
• Bauleistungen können selbst gewählt werden. Bei den meisten Anbietern können Leistungen wie z.B. Bodenbeläge oder Fassaden in der belags- und schlüsselfertigen Variante aus einer breiten Palette ausgesucht werden.
Kunden können auch bestimmte Leistungen ausschließen oder sich für die Ausbauhaus-Variante entscheiden und das Innere des Hauses komplett in Eigenregie fertigstellen. Aus konstruktionstechnischen Gründen gibt es nur wenige Dinge, die nicht selbst bestimmt werden können wie z.B. der Hersteller für die Fenster (die Form natürlich schon).
• Die „Haltbarkeit” von Fertighäusern unterscheidet sich heute nicht mehr von „massiven” Bauten. Laut ÖNORM B2320 beträgt diese bei entsprechender Wartung und Pflege mindestens ein Jahrhundert.
• Auch der Wiederverkaufswert moderner Fertighäuser hat sich an jenen von Ziegelhäusern angepasst.