Some Like It Hot
© TU Graz
Franz Pernkopf (re.) und Alexander Fuchs vom Institut für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Helga Krémer 21.04.2023

Some Like It Hot

Forschende der TU Graz fokussieren sich mit RHI Magnesita-Unterstützung auf die datengesteuerte Zustandsüberwachung im Stahlherstellungsprozess.

GRAZ. Bei der Stahlproduktion geht es heiß zu: Im Inneren von Hochöfen können die Temperaturen auf bis zu 1700 Grad Celsius steigen. Sie sind damit der Inbegriff einer „rauen Umgebung“. Unverzichtbar sind daher feuerfeste Materialien, die diesen Bedingungen standhalten können - und zwar nicht nur in der Stahlindustrie, sondern überall dort, wo Hochtemperaturverfahren zum Einsatz kommen. Feuerfestprodukte, wie sie unter anderem RHI Magnesita herstellt, sichern nicht nur Materialien während der Hochtemperaturprozesse ab, sondern schützen Feuerungs- und Ofenanlagen vor thermischer, mechanischer und chemischer Belastung. Doch wie lässt sich der Zustand der feuerfesten Auskleidung der Anlagen möglichst effizient und präzise datengesteuert überwachen?

Dieser Frage widmen sich Franz Pernkopf und sein Team vom Institut für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation der TU Graz: „Wir wollen die datenbasierte Zustandsüberwachung von Maschinen in rauen, industriellen Anwendungen weiter vorantreiben und haben dafür bewusst das Anwendungsbeispiel Stahlproduktion gewählt“. Pernkopf leitet das „Christian Doppler Labor für zuverlässige Systeme in rauen Umgebungen“, das am 17. April 2023, gemeinsam mit dem Unternehmenspartner RHI Magnesita eröffnet wurde. Sieben Jahre lang wird nun mit finanzieller und wissenschaftlicher Unterstützung durch RHI Magnesita geforscht. Größter öffentlicher Fördergeber des CD-Labors ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.

Machine Learning für die Prozessoptimierung
„Heute liegen die meisten Anwendungsbereiche des maschinellen Lernens in der virtuellen Welt, Stichwort Empfehlungssysteme, Börsenprognosen oder Social Media“, so Pernkopf. Intelligente Systeme, die komplexe Abhängigkeiten modellieren und Schlussfolgerungen aus den riesigen gesammelten Datenmengen ziehen, würden aber auch für industrielle Anwendungen dringend gebraucht. „Derzeit erleben wir den Übergang von Machine Learning-Systemen von der virtuellen in die reale Welt, zum Beispiel in Anwendungen für die autonome Navigation, das Internet der Dinge und Industrie 4.0. Es liegt auf der Hand, dass dieser Übergang verschiedene Herausforderungen mit sich bringt. Die gilt es zu überwinden.“

Lücke zu industriellen Anwendungen schließen
Derzeitige Methoden des maschinellen Lernens sind besonders effektiv, wenn große Mengen an Daten und ausreichend Rechenressourcen zur Verfügung stehen. In vielen realen Anwendungsfeldern sind Daten aber nicht immer im Überfluss und in ausreichender Qualität vorhanden. Zudem ist die Infrastruktur selbst, die Datenquelle sozusagen, während der Betriebsphase in der Regel schwer zugänglich – beispielsweise eben in Hochöfen. „In diesem CD-Labor wollen wir den Weg für die Anwendung von Machine Learning zur Zustandsüberwachung in industriellen Umgebungen ebnen. Ziel ist es, die Lücke zwischen der Grundlagenforschung im Bereich ML und industriellen Anwendungen in rauen Umgebungen zu schließen“, sagt Pernkopf.

Die grundlegende Innovation ist die Verbesserung der datengetriebenen Zustandsüberwachung. Die betrachtete Applikation ist die Modellierung von Feuerfestmaterialien während der Produktion und deren Einsatz in der Stahlherstellung. Die Ergebnisse des Labors sollen aber für viele weitere Industrieprozesse anwendbar sein.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL