2021 sollten Unternehmen die Datenhoheit (zurück)gewinnen
© AVP
Johannes Diebig.
MARKETING & MEDIA Gastkommentar 15.12.2020

2021 sollten Unternehmen die Datenhoheit (zurück)gewinnen

Marketing-Prognosen 2021 von Johannes Diebig, AVP Marketing Cloud bei Salesforce.

WIEN. Zum Ende dieses besonderen Jahres 2020 stehen nicht nur Marketer vor den Fragen: Was ist anders? Was bleibt? Und was sind die Top-Prioritäten für das kommende Jahr? Eines zeigt sich sehr deutlich: Der Perspektivwechsel von der eigenen Marke zur Kundensicht wird von einer abstrakten Notwendigkeit zum erfolgsentscheidenden Faktor. Die gute Nachricht vorweg: Unternehmen und Organisationen mit vielen Kundenkontakten bieten sich großartige Chancen, ihren Datenschatz zu heben und intelligent zu nutzen – wenn sie die Datenhoheit (zurück)gewinnen.
 
Weg von der Gießkanne – jetzt aber wirklich
Von der Marken-, über die Zielgruppen- bis zur Kunden-Zentrierung ist die Geschichte des Marketings eine ständige Zuspitzung und Individualisierung. Markenzentrierte Werbung war zunächst stark egozentrisch ausgerichtet und wurde über eine überschaubare Anzahl von Kanälen – von der Print-Anzeige bis zur Plakatfläche – nach dem Gießkannenprinzip verbreitet. Mit den digitalen Kanälen folgte die Orientierung an Zielgruppen, wobei Segmentierung und Targeting jedoch den großen Plattformen überlassen wurde, was nebenbei deren Algorithmen optimiert hat. In der Konsequenz blieben die Kunden trotz erfolgter Interaktion aber unbekannt. Als Folge des geänderten Kaufverhaltens wird 2021 ganz im Zeichen des intelligenten Marketings stehen, um die Markenvermittlung daran anzupassen und Kundennähe herzustellen – auch auf Distanz. Speziell Unternehmen mit vielen Kontaktpunkten zu ihren Kunden sollten sich fragen, wie sie eigene Insights aus den Interaktionen mit ihren Kunden gewinnen.
 
Es muss zusammenwachsen, was zusammengehört
Wurden analoge und digitale Kanäle bislang weitgehend isoliert voneinander bespielt – solange der Umsatz stimmte –, ist Silodenken nun keine Option mehr. Wenn der vor-Ort- Kontakt entfällt oder sich dauerhaft wandelt, erwarten die Kunden eine dynamische Interaktion über alle Marketing-Kanäle hinweg: Sie wollen nicht nur die Marke wiedererkennen, sondern vor allem als Kunde erkannt werden, dessen Anliegen bekannt sind und der entsprechend wertgeschätzt wird. Für Unternehmen entsteht ein steigender Druck, auf den richtigen Marketingkänalen präsent zu sein und ihre Kunden über alle Kanäle hinweg konsistent und individuell anzusprechen.
 
Top-Priorität: Kontrolle über die eigenen Daten – von der Third zur First Party
Viele Unternehmen – von Banken bis hin zu Verlagshäusern – sitzen auf einem gewaltigen Datenschatz ihrer Kundeninteraktionen. Die Nutzung dessen haben sie bislang allerdings anderen Playern überlassen. Mit dem Aufbau eigener Datenplattformen werden diese Unternehmen in die Lage versetzt, End to End Customer Journeys zu kreieren. Intelligentes Marketing holt Nutzer da ab, wo sie sind – und das ist nicht nur in Suchmaschinen, sondern z.B. auf virtuellen Events, in Foren, auf News-Pages oder bei Podcasts, um nur ein paar zu nennen. Um die Datenhoheit zu erlangen, brauchen Unternehmen eine Datenstrategie – und sollten es sich nicht leisten, die Insights ihrer Zielgruppe von Drittanbietern generieren zu lassen. So können Marketing-Organisationen ihren Datenschatz selbst generieren – um dann, auf Basis dieser Daten, ein personalisiertes Marketing in Echtzeit zu betreiben.
 
Nur dabei sein ist keine Strategie
Das Tempo, in dem neue Kanäle entstehen und sich verändern, entwickelt sich exponentiell. Aber nicht nur das: Neue Techologien verändern auch die Erwartungshaltung der Kunden. Dabei geht es um mehr als nur darum, neben dem Insta-Kanal nun auch TikTok zu nutzen. Es muss darum gehen, von der isolierten Betrachtung jedes einzelnen Kanals, jeder Kampagne oder jeder Initiative wegzukommen hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung der Kunden und Noch-nicht-Kunden. Marketer müssen sich fragen: Wie kann ich neue unbekannte zu bekannten Prospects machen? Wie werden aus Erstkäufern Mehrfachkäufer; und was braucht es, damit sie zu loyalen Botschaftern der Marke und des Unternehmens werden? 

Nicht nur Pipeline und Umsatz sind wichtig
Insofern wird es für das Marketing immer wichtiger, genau zu definieren, welche Rolle es im gesamten Buying Cycle spielen möchte. Dazu gehört auch, die Performance dann entsprechend zu messen und auszuwerten. Viel wichtiger als die Behauptung ‘Kampagne x hat y Umsatz gebracht’ werden Aussagen wie ‘Kampagne x hat uns y neue Prospects beschert und z Bestandskunden zu loyalen Botschaftern gemacht’. 

Customer Experience ist das neue Marketing
Am Ende wird die Customer Experience das neue Maß für das Marketing. Hier kommt alles zusammen – die Kreativ-Abteilung, um mit passenden Botschaften im richtigen Kontext Relevanz zu schaffen, und die Demand-Gen-Maschine, die diesen Kontext in intelligenten Journeys nutzt, um jeden einzelnen Kunden und Noch-nicht-Kunden auf ein neues Level zu heben. 

Die Transformation des Marketings drängt
Die besten Marketing-Organisation sind insofern dabei, eine gewaltige Transformation ihrer selbst anzuschieben. Alles im Marketing wird sich verändern. Aber Marketer haben es in der Hand, diese Transformation selbst zu gestalten und die Customer Experience ihrer Marken – aber auch ihre eigene Position im Unternehmen – nachhaltig zu verändern. (red)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL