Kartellverfahren: Brau Union will über Verpflichtungszusagen reden
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RETAIL Redaktion 13.02.2025

Kartellverfahren: Brau Union will über Verpflichtungszusagen reden

WIEN/LINZ. Die Brau Union und die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wollen im Rahmen des laufenden Kartellverfahrens über Verpflichtungszusagen sprechen. Das ist das Ergebnis des ersten Verhandlungstages am Wiener Kartellgericht. Im Fokus der Wettbewerbshüter steht die Zusammenarbeit des Braukonzerns mit Getränke-Logistikpartnern. Die vorsitzende Richterin Ramona Wieser vermisste beim BWB-Antrag mit 260 Seiten plus 145 Beilagen Klarheit. "Was ist im Ergebnis das verpönte Verhalten?"

Die BWB hatte im Juni 2024 beim Kartellgericht einen Antrag auf Verhängung "einer angemessenen Geldbuße" und Abstellung von Zuwiderhandlungen wegen Verstößen gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot gegen die Brau Union gestellt. Die Richterin zeigte sich mit dem Antrag "nicht sehr glücklich", weil die Verstöße nicht klar ersichtlich seien. "Ich habe den Eindruck, dass man den Faden verliert. Sie haben Tausend Puzzlesteine zusammengetragen und bleiben auf der Ebene der Bausteine", sagte Wieser in Richtung der Bundeswettbewerbsbehörde. Sie wünsche sich "eine übersichtliche Darstellung des Sachverhalts. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns." Das Kartellgericht hatte im Vorjahr bereits einen Verbesserungsauftrag zum Antrag an die BWB geschickt.

BWB will Antrag überarbeiten und "auf den Punkt bringen"

Ein BWB-Vertreter verwies vor Gericht auf die "vielen Facetten" des Falles und versprach in einem künftigen Verbesserungsschriftsatz, die Verstöße "auf den Punkt zu bringen". Aus Sicht der Bundeswettbewerbsbehörde hat die Brau Union ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, um den Markteintritt konkurrierender Bierhersteller zu beschränken und bestehende Getränkehändler vom Markt zu verdrängen. Zur Heineken-Tochter Brau Union gehören unter anderem die Biermarken Fohrenburger, Gösser, Puntigamer, Schwechater, Villacher und Zipfer. Rund die Hälfte der gesamt 10 Millionen Hektoliter Bier, die hierzulande jedes Jahr produziert werden, stammen von Österreichs Marktführer. Die BWB ortet "eine Einflussnahme auf die Aktivität der unabhängigen Getränkehändler" durch den Braukonzern.

Die Brau Union sieht keine kartellrechtliche Problematik bei der Zusammenarbeit mit Getränke-Logistikpartnern und -Händlern. "Wir sind wochenlang zusammengesessen, wie kann man die Vorwürfe entkräften? Wir sind nicht klüger geworden", sagte der Anwalt der Brau Union, Franz Urlesberger, am Dienstag bei der Gerichtsverhandlung. "Solange dieses Verfahren läuft, möchten wir, wie auch bisher, dem Kartellgericht keinesfalls vorgreifen und von einer öffentlichen Debatte über abweichende Standpunkte mit der BWB absehen", hieß es von der Brau Union auf APA-Anfrage.

Heineken bestreitet "kontrollierenden Einfluss" auf Österreich-Tochter Brau Union

Nach der kürzlich verhängten Kartell-Rekordstrafe für die Billa-Mutter Rewe in Höhe von 70 Mio. Euro wird auch der Brau-Union-Fall in der Handels- und Lebensmittelbranche mit Spannung verfolgt. Der Oberste Gerichtshof habe etwas zu "Denken gegeben", sagte Kartellrichterin Wieser bei der Brau-Union-Verhandlung. "Was wir damit machen, wird auch spannend." Die Festsetzung der Rekordstrafe basierte auf dem Jahresumsatz der deutschen Rewe-Gruppe. Die Kartell-Strafrahmenobergrenze beträgt bis zu 10 Prozent des Umsatzes. Die Brau-Union-Mutter Heineken würde bei einer Geldstrafe mithaften, ist aber ausdrücklich nicht von den Ermittlungen betroffen und hat auch keine Verstöße begangen, hieß es von der BWB. Maßstab für die Geldbußenbemessung wäre der gesamte Konzernumsatz von Heineken, der im Jahr 2023 bei über 36 Mrd. Euro lag. Ein Rechtsvertreter von Heineken bestritt bei der heutigen Verhandlung am Kartellgericht "kontrollierenden Einfluss" auf die Brau Union Aktiengesellschaft. Österreichs größter Braukonzern mit Sitz in Linz agiere "autonom am Markt". Der niederländische Konzern will dies im Kartellverfahren auch mit der Zeugeneinvernahme von Heineken-Managern untermauern.

Für das Kartellverfahren hat die BWB bisher 13 Personen und die Brau Union sieben Personen für eine Zeugeneinvernahme beantragt. Der nächste Verhandlungstermin im Wiener Justizpalast ist für den 3. Juni ganztägig angesetzt. (APA)

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