Starker Anstieg bei rechtlicher Beratung für Journalisten
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Auffällig sei, dass Journalistinnen und Journalisten vor allem im Zusammenhang mit Berichterstattung über stark polarisierende Demonstrationen rechtliche Unterstützung suchen würden.
MARKETING & MEDIA Redaktion 18.12.2025

Starker Anstieg bei rechtlicher Beratung für Journalisten

Beratungsfälle laut Rechtsdienst Journalismus in drei Jahren von 66 auf 118 angestiegen.

WIEN. Die Beratungsfälle des Rechtsdiensts Journalismus nehmen zu. Suchten Journalisten von Herbst 2022 bis 2023 noch 66 Mal rechtlichen Rat, war es von Herbst 2024 bis 2025 mit 118 fast doppelt so oft. Gründe seien neben der größeren Bekanntheit der Stelle polarisierende Demonstrationen und Ressourcenmangel in Medienhäusern, so der Leiter des Rechtsdiensts des Presseclubs Concordia, Walter Strobl, bei einer Pressekonferenz der zivilgesellschaftlichen Plattform ProEuropeanValues.

Seit Februar 2021 können sich freie und angestellte Journalistinnen und Journalisten für rechtliche Unterstützung an den Rechtsdienst Journalismus wenden. Im ersten Beratungszyklus zwischen Februar 2021 und September 2022 verzeichnete der Dienst 20 Anfragen von Journalistinnen und Journalisten, die rechtliche Unterstützung suchten. In den darauffolgenden Erfassungszeiträumen stieg die Zahl der jährlichen Beratungsfälle kontinuierlich an. Zwischen Oktober 2022 und September 2023 lag die Zahl der Beratungsfälle bei 66, zwischen 2023 und 2024 bei 88 und zuletzt bei 118.

Aufgeheizte Stimmung
Auffällig sei laut Strobl, dass Journalistinnen und Journalisten vor allem im Zusammenhang mit Berichterstattung über stark polarisierende Demonstrationen, wie etwa Corona-Demonstrationen, Aufmärsche der Identitären Bewegung und vermehrt auch Pro-Palästina-Kundgebungen, rechtliche Unterstützung suchen würden. Je aufgeheizter die Stimmung, desto eher seien Journalistinnen und Journalisten Drohungen und physischen Attacken, wie Bespucken und Bedrängen, ausgesetzt. Strobl hält das Verständnis von Exekutive und Judikative von der Rolle des Journalismus verbesserungswürdig. Ein Journalist berichtete etwa vom gesperrten Ring über eine Demonstration und fasste eine Strafverfügung aus, weil er sich nicht auf dem Gehsteig bewegte.

Weitere Einschränkungen beobachtet Strobl durch verweigerte Auskünfte im Rahmen von journalistischen Anfragen auf Grundlage des im September in Kraft getretenen Informationsfreiheitsgesetzes, Desavouierung von Journalistinnen und Journalisten durch Politikerinnen und Politiker und Hasskampagnen. Auch Ausschlüsse von Pressekonferenzen und sogenannte SLAPP-Klagen ("strategic lawsuits against public participation") gegen Journalistinnen und Journalisten führten zum Aufsuchen des Rechtsdiensts.

War der Rechtsdienst ursprünglich für freie Journalistinnen und Journalisten gedacht, suchen Strobl zufolge auch zunehmend festangestellte Journalistinnen und Journalisten dessen rechtlichen Rat. Er führt diese Entwicklung auf schwindende Ressourcen und ausgedünnte Rechtsabteilungen in Medienunternehmen zurück. Auch komplexere rechtliche Bestimmungen, etwa im Urheberrecht, könnten zum Anstieg der Beratungsfälle beitragen.

(APA)

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