Künstliche Intelligenz im heimischen Digitalmarketing
© iab austria/Katharina Schiffl
MARKETING & MEDIA Redaktion 06.06.2024

Künstliche Intelligenz im heimischen Digitalmarketing

WIEN. „Die Welt der Künstlichen Intelligenz ist tägliches Lernen. Das iab austria bietet mit den neuen Masterclasses das Brainfood, um den Hunger nach Wissen zu stillen und den Appetit auf die Vorteile der Einsatzmöglichkeiten im Digitalmarketing zu steigern“, begrüßte iab-austria-Vizepräsident André Eckert (Show Heroes) beim iab NETwork im Impact Hub Vienna.

In seiner Keynote zog Alexander Schurr (KI Company) den Vergleich zwischen KI und einem Mitarbeiter, der alle Daten und Prozesse kennt und in allen Unternehmensbereichen unterstützt. Eine eigene Unternehmens-KI reduziert den internen Rechercheaufwand aktuell um bis zu 20 Prozent und vernetzt das Wissen quer durch alle Abteilungen. Den großen Hype begründet er mit der günstigen oder teils kostenlosen Zugänglichkeit für die breite Masse, zumal früher hohe sechsstellige Beträge erforderlich waren, um die Technologie zu nutzen. Als praktische Einsatzmöglichkeit in der Kommunikation demonstrierte er ein Video mit Julius-Meinl-CEO Marcel Löffler, das in 15 Sprachen synchronisiert wurde, wobei die Stimme antrainiert und die Gesichtszüge der jeweiligen Sprache angepasst wurden. Schurr sieht derzeit eine bis zu 45-prozentige Zeitersparnis bei der Erstellung von Content. Kleinunternehmen profitieren von besserer Bildqualität und neuen Möglichkeiten für Bewegtbild und Animationen besonders und können zu sehr geringen Kosten höherwertige Produktpräsentationen generieren, die sich mit internationalen Anbietern messen können. Die monatlichen Kosten für KI-Tools liegen meist deutlich unter der Lizenz für ein Stockfoto. Hinsichtlich des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz rät der Experte, bereits jetzt die Vorgaben des AI Acts der Europäischen Union einzuhalten und sie frühzeitig in alle Prozesse zu integrieren.

„Durch KI startet die Kreation nicht bei null, sondern bekommt mehr Zeit für Qualität. Künstliche Intelligenz wird niemand ersetzen, sondern nur Menschen, die nicht damit umgehen können. Skills werden eine Basisanforderung in den meisten Wissensberufen“, fasst Schurr zusammen.

Künstliche Intelligenz ist in der österreichischen Digitalmarketinglandschaft angekommen
Mit Sher Khan (Google) diskutierten am Panel David G. Toran (Virtual Identity), Matthias Ragyoczy (YOC), Lukas Merl (Wien Tourismus), Sandra Rieff (e-dialog), Susanne Safer-Maricic (Ogilvy) und Gaby Buchmayr (Sery Brand Communications). Khan bezeichnet Künstliche Intelligenz als die dritte große Revolution im Digitalmarketing nach Einführung des Internets und der Marktdurchdringung der Smartphones.

„Firmen konkurrieren nicht mit Künstlicher Intelligenz, sondern mit Unternehmen, die Künstliche Intelligenz sinnvoll nutzen“, betont Khan.

e-dialog stützt sich beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz und der Schulung des Teams auf bestehende Richtlinien wie Urheberrecht, Datenschutzgrundverordnung etc. Dieses Know-how ist eine wesentliche Säule in der Klientenberatung. Intern wird eine eigene KI genutzt, um beispielsweise Kampagnenbriefings zu erstellen und das Team in der Kreation zu unterstützen. Von Produktbeschreibungen bis Finanzoptimierungen werden die Lösungen in allen Bereichen der Digitalagentur ausgerollt.

„Die interne KI optimiert Prozesse und entlastet das Team in der täglichen Arbeit. Das Momentum ist sehr wichtig, dem Team Tools in die Hand zu geben und das Vertrauen zu stärken. Der Respekt vor rechtlichen Rahmenbedingungen soll zu keinen Einschränkungen im Wissens- und Erfahrungsgewinn führen“, berichtet Rieff aus der Praxis.

Sery Brand Communications setzt in der Wissensvermittlung auf das Know-how der Mitarbeiter und testet unterschiedliche Tools, um eine möglichst breite Erfahrungsbasis zu sammeln. Bereits vor zwei Jahren nutzte die Agentur Midjourney für die Erstellung einer Kampagne für eine Traditionsbrauerei und konnte die Produktionskosten deutlich senken und breitere kreative Vielfalt präsentieren. Bei Präsentationen wird Künstliche Intelligenz regelmäßig eingesetzt, um Ideen zu Visualisieren oder den Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu demonstrieren.

„Bei der Erstellung von Mood Boards zeigt sich derzeit noch ein sehr starker US-amerikanischer Einfluss der Tools in der Bild- und Stilsprache. Der Mensch muss immer Kurator sein“, meint Buchmayr.

Die erste KI-gestützte Kampagne des Wien Tourismus entstand durch einen spielerischen Zugang, der für das Team sehr lehrreich war. Unter anderem hat Wien Tourismus Sisi und Franz auf Tinder geschickt, um mit Augenzwinkern zu realen Wien-Entdeckungen einzuladen. Mit Scope 3 werden programmatische Kampagnen gezielt auf nachhaltigeren Plattformen ausgespielt und damit ein Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele geleistet. Mit einer internen Richtlinie werden die Mitarbeiter im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unterstützt und animiert, sich mit der Technologie auseinanderzusetzen. In Workshops sind Mitarbeiter eingeladen, die Erfahrungen mit Tools zu teilen und ihr Wissen im Team zu verbreiten.

„Das typische Wiener Original kann Künstliche Intelligenz bei der Übersetzung von Podcasts derzeit noch nicht. Die Lernkurve ist extrem steil, weswegen Experimente in Zeiträumen wiederholt werden sollten, um zu sehen, wie weit die Technologie schon ist“, rät Merl.

YOC testet den Einsatz Künstlicher Intelligenz, um die klassischen KPIs zu steigern. Als Herausforderung sieht Ragyoczy qualifizierte Mitarbeiter und die enorme Rechenleistung.

Für Schärdinger setzte Virtual Identity Künstliche Intelligenz in der Kampagne „Milchtraum“ ein, in der 15.000 Bilder generiert wurden durch die Antwort auf die Frage, was die User geträumt hätten. Das Engagement lag deutlich über herkömmlichen Social-Media-Kampagnen und sämtliche Fotos hatten einen ähnlichen „Look and Feel“, der auf die Markenwahrnehmung eingezahlt hat. Toran sieht den etwas höheren Aufwand für die komplette Integration in Kampagnen derzeit noch gegeben durch die Erstellung von Schnittstellen und die Vernetzung unterschiedlicher KI-Tools. Er berichtet von zwei Flugebenen im Unternehmen, die einerseits sehr schnell neue Tools testen und sich andererseits tiefgehend mit Möglichkeiten und rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Kritisch sieht Toran das Training der Tools anhand von Stockfotos, wodurch anfänglich übertriebene Optimalbilder generiert werden.

„Es liegt in der DNA von Virtual Identity explorativ vorzugehen und Neues zu antizipieren“, so Toran.

Ogilvy hatte den ersten Durchbruch mit der vielfach ausgezeichneten „AI Krapfenchallenge“ für Ströck, bei der 200.000 Krapfenbilder von über 95.000 Usern generiert wurden. Die Agentur hat eine eigene interne AI-Welt geschaffen, um nicht auf Kundendaten zurückgreifen zu müssen und dem Datenschutz zu entsprechen.

„Künstliche Intelligenz ist die Erweiterung der kreativen Spielweise“, ist Safer-Maricic überzeugt.

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