EU-Neuwagenmarkt hinkt Erwartungen hinterher
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MOBILITY BUSINESS Redaktion 24.10.2019

EU-Neuwagenmarkt hinkt Erwartungen hinterher

Der Pkw-Absatz in der EU stieg im September zwar um satte 14,5 Prozent – allerdings von einem extrem niedrigen Vorjahresniveau aus.

WIEN. Die Pkw-Neuzulassungen in der EU stiegen im September um gut 14%, in Österreich sogar um 22%. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein fulminantes Marktwachstum, entpuppt sich allerdings bei näherer Analyse als Enttäuschung: Die hohe Wachstumsrate kam nämlich allein aufgrund des extrem niedrigen Vorjahresniveaus zustande. 

Im September 2018 hatte die Umstellung auf den neuen Prüfstandard WLTP EU-weit zu einem Absatzeinbruch von 23,5% geführt – in Österreich gab es sogar ein Minus von 41,8% –, nachdem in den Vormonaten massiv ältere, nur nach NEFZ zertifizierte, Modelle in den Markt gedrückt worden waren. Das Wachstum im September konnte damit den Einbruch im Vorjahr längst nicht ausgleichen – unter dem Strich lag das Absatzniveau deutlich unter dem – nicht WLTP-beeinflussten – Niveau der Jahre 2015 bis 2017. In Deutschland wurde im September sogar das zweitschlechteste Ergebnis seit der Jahrtausendwende erzielt.

Kräftig aufwärts ging es vor allem für die Unternehmen, die im Vorjahr massive Einbußen verzeichnet hatten – allen voran der Volkswagen-Konzern, der im September 2018 noch EU-weit ein Minus von 48% eingefahren hatte, und der im September dieses Jahres seine Neuzulassungen in der EU um 47% steigern konnte. „Die größten Gewinner des vergangenen Monats waren die größten Verlierer des Vorjahresmonats“, beobachtet Gerhard Schwartz, Partner und Sector Leader Industrial Products bei EY Österreich. Bei Fiat waren die Neuzulassungen im September 2018 um 32% eingebrochen, bei Renault um 27% – in diesem Jahr verzeichneten beide Unternehmen hingegen starke Zuwächse von 14 bzw. 28%.

„Der starke Anstieg der Neuzulassungen im September sagt wenig über den tatsächlichen Zustand des Automarkts aus“, fasst Schwartz zusammen. „Aussagekräftiger sind der Vergleich zu September 2017 und die Entwicklung im bisherigen Jahresverlauf – und die zeigt immer noch nach unten.“ Derzeit liegt das Niveau der Neuzulassungen in der EU um 1,4 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum, in Österreich beläuft sich das Minus im bisherigen Jahresverlauf sogar auf 6,3 Prozent.

Schuld an dem de facto relativ schwachen Ergebnis im vergangenen Monat könnte die Umstellung auf die nochmals verschärfte WLTP2-Norm gewesen sein, die zum 1. September 2019 wirksam wurde. Diese hat im Sommer erneut zu vorgezogenen Neuzulassungen geführt – was wiederum an den gestiegenen Händler-Eigenzulassungen ablesbar ist. Obendrein dürfte es derzeit geringfügige Einschränkungen bei der Verfügbarkeit WLTP2-zertifizierter Modelle geben, die auch in den kommenden Monaten den Markt leicht dämpfen dürften.

Weitgehend unbeeinflusst von den WLTP-Verzerrungen entwickeln sich die Neuzulassungen von Elektroautos. Und hier zeigt sich, dass der steile Aufwärtstrend der vergangenen Monate weiter Bestand hat: In den fünf größten Absatzmärkten kletterten die Neuzulassungen reiner Elektroautos um 139%, die Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden immerhin um 44%. In Österreich wuchs der Absatz von Elektroautos um 75%, bei Plug-in-Hybriden betrug das Plus 36%. Im bisherigen Jahresverlauf liegt der Marktanteil rein elektrisch betriebener Neuwagen in den Top-5-Märkten bei 1,4 Prozent, im September waren es schon 2,0 Prozent. Österreich erweist sich als Vorreiter in Sachen Elektromobilität mit einem Marktanteil reiner Elektroautos von 4,2 Prozent im bisherigen Jahresverlauf und 4,6 Prozent im September.

Für das kommende Jahr rechnet Schwartz mit einem deutlich höheren Absatzniveau von Elektroautos: „Neue, erschwingliche Modelle kommen auf den Markt – auch im Kleinwagensegment, sodass Elektromobilität für ganz neue Käuferschichten attraktiv wird.“ Schwartz rechnet für das kommende Jahr mit einem Anstieg des Marktanteils in den Top-5-Märkten auf über fünf Prozent und in Österreich auf etwa acht Prozent. „Die Hersteller haben ein großes Interesse, ab dem kommenden Jahr in großem Stil Elektroautos auf die Straße zu bringen, um ihre CO2-Bilanz aufzubessern und hohe Strafzahlungen abzuwenden. Neue Modelle, günstige Finanzierungsangebote und eventuell ein höherer Umweltbonus dürften im neuen Jahr für kräftigen Schub sorgen.“ (jz)

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