WIEN. „Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus Gebühren ist State of the Art“, so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bei einem Hintergrundgespräch diese Woche vor Medienjournalisten. Anlass des Gesprächs sind die aktuellen politischen Diskussionen über die künftige Finanzierungsform des ORF und die Wünsche der Politik, diesen statt über eine Gebühr lieber direkt aus dem Budget finanzieren zu lassen.
Und genau davor warnt der ORF-Chef eindringlich, denn bei so einer Lösung gäbe es nur Verlierer.
Zum einen gäbe es durch den Wegfall der Gebühreneinnahmen eine Mehrbelastung für das Budget von 700 bis 900 Mio. €, des Weiteren käme es durch die via Politik bereits mehrfach ventilierten Wünsche, dem ORF künftig weniger Geld zur Verfügung zu stellen, auch zu Einschnitten bei der Programmvielfalt, was ein Verlust für das Publikum wäre. Auch wäre die um den ORF gelagerte Produktionslandschaft von den Einsparungen betroffen – genau so wie die Länder, die ja via Länderabgabe auch einen beträchtlichen Teil der Gebühren erhalten. Verlierer wäre aber auch der Medienstandort insgesamt, da das Publikum zu den deutschen Privaten oder zu öffentlich-rechtlichen Sendern abwandern würde, so Wrabetz.
Generell warnte der ORF-Generaldirektor vor „substanziellen Einschnitten“, sollte eine Budgetfinanzierung und gleichzeitige Kürzung um die bereits mehrfach kolportierten 200 Mio. € kommen; logischerweise stünden dann auch die Landesstudios in ihrer derzeitigen Form zur Disposition; Wrabetz knapp dazu: Es werde „weniger Regionales“ geben.
Den Beteiligten müsse auch klar sein, dass man nicht das Budget des ORF in einer so massiven Weise kürzen könne und zu glauben, dass das Angebot in der selben Fülle aufrechterhalten werden könne, auch weil bei weniger Budget noch mehr Personal, als ohnedies abgebaut werde, abgebaut werden müsste. Wrabetz dazu: Eine Mio. € Budget weniger bedeute unter anderem 15 Beschäftigte weniger. Rechne man dies hoch, komme man bei 150 Mio. weniger auf 1.500 Mitarbeiter weniger.
Der ORF hat derzeit 3.000 Beschäftigte – und damit um 740 weniger als im Jahr 2017. Von diesen aktuell 3.000 arbeiten derzeit rund 750 in der ORF- Technik.
Auch die Zurufe, man solle, um zu sparen, weniger US-Serien spielen und so Geld sparen, sei von den Kritikern nicht zu Ende gedacht, denn die US-Ware koste den ORF 35 Mio. € und diejenigen, die forderten, man solle sich diese Kosten sparen, hätten aber keine Antwort darauf, womit man die freiwerdenden Sendeplätze günstiger füllen solle, so der ORF-Chef.
Die Idee, den ORF über eine Art Doppelbudget für einen längeren Zeitraum zu finanzieren, sieht Wrabetz übrigens als nicht verwirklichbar, denn eine Zusicherung des Budgetpostens für und an den ORF „in Bausch und Bogen“ sei schon gesetzlich nicht möglich und generell sei es „nicht vernünftig, wenn der ORF-Geschäftsführer jährlich mit dem Finanzminister das Budget verhandeln“ würde.
Wie rasch übrigens Finanzierungszusagen aus dem Budget auch wieder gestrichen werden können hat man am Beispiel der Refundierung der Gebührenbefreiungen gesehen, die dem ORF schon zweimal zugesagt wurde. Einmal wurde sie im letzten Moment aus dem Budget gestrichen (2000), einmal nach drei Jahren nicht mehr verlängert (2013).
Insgesamt meinte der ORF-Generaldirektor, dass man eine so drastischen Änderung in der Finanzierung des ORF nicht nur mit einer 2/3-Mehrheit im Parlament beschließen müsste, sondern auch in irgendeiner Art und Weise das Volk, sprich die Gebührenzahler, befragen müsste. Dabei dürfte aber die Frage dann selbstverständlich nicht lauten „Wollen Sie weniger Gebühren zahlen?“, sondern man müsste dann auch klar fragen, ob man als Gebührenzahler damit einverstanden wäre, dass das Angebotsspektrum des ORF gekürzt werde.
Lesen Sie zum Thema einen ausführlichen Bericht mit Hintergründen, Zahlen, Daten und Fakten rund um den ORF in unserer dieswöchigen Printausgabe am Freitag dieser Woche, 22. März. (fej)