••• Von Linda Kappel
wird definiert als (qualitätsgesicherte) Überholung und Instandsetzung von Produkten zum Zweck der Wiederverwendung bzw. -verwertung. Der Begriff wird im Immobilienbereich genauso verwendet: Bei den gesetzten Maßnahmen kann es sich dabei „um eine qualitätssichernde Instandsetzung im Rahmen der gleichen Widmung z.B. Büro zu Büro, Hotel zu Hotel, etc. handeln oder im weiteren Sinn um eine Sanierung mit Nutzungsänderung, zum Beispiel wird dann aus einem Bankgebäude ein Hotel“, erklärt Architekt Heinz Neumann.
Für Bernhard Ölz, Vorstand der Prisma Gruppe, geht der Ansatz noch weiter: „Es handelt sich bei der Standortentwicklung häufig um einen umfassenden Prozess, der weit über eine rein bautechnische Renovierung und/oder Modernisierung von Gebäuden hinausgeht.“ Es drehe sich häufig vor allem um eine inhaltliche Neukonzeption, die aktuelle Marktgegebenheiten, Veränderungen des urbanen oder dörflichen Umfelds und auch soziale Themen aufnehme. Dies habe sich schon bei den Einreichungen zum GBB-Award 2014 (Green & Blue Building) herauskristallisiert, bestätigt der Initiator der Auszeichnung, Alexander Ghezzo.
Alt, bereits 20 Jahre ab Bau
Warum Objekte saniert und modernisiert werden, hat handfeste wirtschaftliche Gründe: Einerseits sind innerstädtische Flächenreserven verbraucht, andererseits sind viele aus den 1970er- und 80er-Jahren stammende Projekte überholt. Alte Konzepte führen zu Mieterschwund und Unzufriedenheit. Als Faustregel gilt: 20 Jahre ab Bau gilt eine Büroimmobilie als alt.
Bei einem Refurbishment wird kostenintensiv in die Substanz eingegriffen. Oft ist daher tatsächlich ein Abriss und Neubau die (finanziell) bessere Lösung. So mancher Bauträger fühlt sich heute aber in ökologischer Hinsicht verpflichtet, nicht alles „gnadenlos abzureißen“, und manchmal lassen rechtliche Gegebenheiten nichts anderes zu.
Ein Beispiel für die Neunutzung alter Gemäuer ist das Refurbishing der mehr als 100 Jahre alten, ehemaligen Maschinenfabrik in Wien Simmering durch das Architektenbüro BEHF. In der Lloonbase 36 finden sich heute auf zwei Ebenen Gewerbe-, Lager- und Büroflächen. Der mit Glas überdachte, zentrale Raum dient als Event Location.
Neue Marschrichtung
Die neue Marschrichtung lautet nun „green (und blue) refurbishment“. Die technischen Möglichkeiten erlauben eine immer bessere Ertüchtigung der Gebäude auch nach ökologischen Kriterien – was wiederum eigentlich häufig auf purer wirtschaftlicher Realität beruht, wie es bei etlichen Bauherren und Bauträgern heißt. Denn institutionelle Investoren etwa fordern immer öfter eine entsprechende Zertifizierung. Erstes Refurbishment Deutschlands war das Bürogebäude Concor – Bauherr war UBM, die Komplettmodernisierung nahm drei Jahre in Anspruch; es wurde von der Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit „Silber“ zertifiziert.
Weiteres Beispiel – mit Zertifizierung durch die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI): Das Bürogebäude „Silbermöwe“ im Areal Lände 3, das von der CA Immo generalsaniert wurde und 2014 mit „Gold” ausgezeichnet wurde. CEO Bruno Ettenauer damals: „Dank der durchgeführten Maßnahmen wurde der Energiebedarf des revitalisierten Gebäudes gegenüber dem Altbestand um 50 bis 60 Prozent reduziert und der CO2-Ausstoß um 280 Tonnen pro Jahr verringert.“
Höchste Eisenbahn
Derartige Maßnahmen sind auch dringlich geboten: „Es ist eine politische Herkulesaufgabe, den Bestand nachhaltiger zu machen. Nur mit einer Steigerung der Sanierung auf drei Prozent schaffen wir einen wesentlichen Beitrag zur Energieautarkie und ermöglichen leistbares Wohnen durch günstigere Betriebskosten“, erklärt ÖGNI-Gründungspräsident Philipp Kaufmann. Derzeit hält Österreich nach Angaben des Klima- und Energiefonds bei nur einem Prozent.
Gesetzesänderung gefordert
Der Gesetzgeber sollte diesen guten Bestand mit dem Neubau im Mietrechtsgesetz (MRG) bei der Mietzinsbildung rechtlich gleichsetzen, mahnt Kaufmann. So solle etwa anstelle des Datums der Baugenehmigung das verjüngte Baujahr herangezogen werden. „In der Immobilienbewertung hat sich dieser Ansatz schon längst durchgesetzt, und auch in der Immobilienfinanzierung spielt nicht die Baugenehmigung die entscheidende Rolle.“ Mit dieser Gesetzesänderung könne die Immobilienwirtschaft entfesselt werden, und der Bestand werde dank Sanierung nachhaltig.
Kaufmann, der in der Immobilienbranche für den Paradigmenwechsel nicht nur hin zu Nachhaltigem Bauen, sondern auch für den Wandel von „Green Buildings“ zu „Blue Buildings“ sowie für ganzheitliche Nachhaltigkeit nach dem 3P-Ansatz, bestehend aus Produkten, Prozessen und Personen, steht, sieht darin ebenfalls einen unumkehrbaren Trend: „Die Bau- und Immobilienwirtschaft kommt um die Frage der Nachhaltigkeit nicht mehr herum. Neben Industrie und Verkehr zählen auch die Gebäude zu den größten Energieverbrauchern im Land.“ Eine Branche, die für bis zu 50% des Ressourcenverbrauchs, 40% des Endenergieverbrauchs und 30% der CO2-Emissionen verantwortlich sei, müsse von sich aus Verantwortung für ihre Aktivitäten übernehmen.
Heutige Technologien erlauben es, den Bestand umfassend zu modernisieren und damit sicherzustellen, dass die Energieeffizienz eines Gebäudes um 50 bis 60% und mehr verbessert würden. Kaufmann spricht damit Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, aus der Seele,