Erstmals über 200.000 Tonnen Soja in Österreich geerntet
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RETAIL Redaktion 10.02.2020

Erstmals über 200.000 Tonnen Soja in Österreich geerntet

Sowohl Anbauflächen als auch Erntemengen für Soja sind erneut deutlich gestiegen.

WIEN. Erstmals über 200.000 t Soja in Österreich geerntet
Der Erfolgskurs von Soja in Österreich setzt sich fort: 2019 sind sowohl Anbauflächen als auch Erntemengen für Soja erneut deutlich gestiegen. Auf rund 70.000 ha haben die heimischen Soja-Landwirte erstmals über 200.000 t Soja geerntet. Damit hat sich die heimische Soja-Produktion in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Über ein Drittel der heimischen Soja-Ernte stammt aus biologischem Anbau. Österreichische Soja-Verarbeiter sind mittlerweile Markführer in Europa, Start-ups in der Soja-Branche boomen.

Den stärksten prozentuellen Flächenzuwachs konnte Wien verzeichnen, wo die Sojaanbaufläche im Vergleich zu 2018 von 92 auf 140 ha gestiegen ist. „Es gibt wohl wenige europäische Hauptstädte, in denen Soja mit vier Prozent Anteil in der Fruchtfolge auf den Feldern steht“, so Fischer. Die klare Nummer eins im heimischen Sojaanbau ist das Burgenland. Mit 23.438 ha liegen hier rund ein Drittel der heimischen Sojaflächen.

Flächenzuwachs durch Biolandwirtschaft
Die Steigerung der Sojaflächen 2019 geht alleine auf Bio-Flächen zurück. Insgesamt kultivierten Bio-Landwirte 2019 auf 24.435 ha Sojabohnen. Im Vergleich zu 2018 ist der Bioflächen-Anteil somit von 29 auf 35% gestiegen. Dieser Wert ist einzigartig in Europa. Auch hier ist das Burgenland Spitzenreiter: Mehr als 50% der Sojaflächen werden dort nach Kriterien des biologischen Landbaus bewirtschaftet.

Gesteigerte Wertschöpfung für Landwirte
Der Anbau von Sojabohnen spielt für Österreichs Landwirtschaft und die heimischen Landwirte eine immer wichtigere Rolle. Die positive Entwicklung ermöglicht Landwirten zusätzliche Produktionsmöglichkeiten und eine attraktivere Wertschöpfung. Zudem ist keine andere Eiweißpflanze am Feld so effizient. Die Sojapflanze ist ein Stickstoffsammler. Dank sogenannter Knöllchenbakterien im Wurzelgeflecht kann die Pflanze Stickstoff aus der Luft direkt für den Eiweißaufbau nutzen und benötigt keine zusätzliche Düngung. Durch diese Eigenschaft zeichnet sich Soja am Feld als Extensivkultur aus. Soja ist eine zielführende Abwechslung zu Getreide und Mais auf den Äckern und unterstützt Landwirte dabei, eine gesunde Fruchtfolge einzuhalten.

Als wärmeliebende Pflanze profitiert Soja fraglos von den geänderten Klimabedingungen der letzten Jahre. Im Zusammenhang damit ist die Ertragssicherheit moderner Sojasorten ein wichtiges Entscheidungsmerkmal. Österreichische Saatgutzüchter wie die Saatzucht Donau oder die Saatzucht Gleisdorf entwickeln mittels klassischer Züchtungsmethoden standortangepasste Sojasorten. Einer der wenigen Pflanzenzüchter in Europa, der sich ausschließlich mit der Züchtung von Sojasaatgut befasst, ist Bernhard Mayr von der Saatzucht Donau am Standort im oberösterreichischen Reichersberg.

Soja-Ernte so hoch wie nie – Eiweißautarkie möglich
2019 wurden in Österreich 215.143 t Soja geerntet – so viel wie noch nie. Damit hat sich die Sojaernte in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Fischer, der im Hauptberuf Geschäftsführer der Saatbau Linz ist und die Sojabranche wie seine Westentasche kennt, schätzt das Potenzial der Sojabohne in Österreich bis zum Jahr 2030 auf 100.000 ha Anbaufläche mit einer Erntemenge bis 350.000 t jährlich ein. Damit würde Österreich weitestgehend Eiweißautarkie erreichen.

Die Sojabohne ist heute Weltwährung Nummer eins bei Eiweiß. Keine andere Kulturpflanze hat während der letzten 30 Jahre eine derartige Entwicklung genommen wie Soja. Europa hat während dieses Zeitraums den Fokus eher auf stärkehaltige Kulturen wie Getreide und Mais gelegt, die Eiweißproduktion verlagerte sich auf den amerikanischen Kontinent. So stammen von den derzeit rund 250.000 t importierten Eiweißmengen etwa 200.000 t Reineiweiß aus Sojaimporten, hauptsächlich aus den USA und Südamerika. Ziel des heimischen Pflanzenbaus ist es, die sogenannte „Eiweißlücke“ und damit die Importabhängigkeit zu verringern. Um das volle Potenzial von Soja und Leguminosen für eine wettbewerbsfähige und umweltbewusste Landbewirtschaftung auszuschöpfen arbeitet das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) intensiv an der „Österreichischen Eiweißstrategie“.

Vorreiter in der EU
Heimische Landwirte haben das Potenzial und die Vorzüge der Eiweißfrucht frühzeitig erkannt. Österreich nimmt deshalb in Europa eine Vorreiterrolle im Sojaanbau ein. Mit nur 2% der EU-Ackerfläche erzeugen unsere Landwirte 8% der EU-Sojaernte. Damit ist Österreich fünftgrößter Sojaproduzent in der EU. Einer der Pioniere des modernen Sojaanbaus ist der Bio-Bauer Leopold Pischinger aus Watzelsdorf im Weinviertel. In einem berührenden Video-Interview erzählt der heute 80-Jährige über seine Anfänge, Hürden und Erfolge im Sojaanbau.

Heimische Sojaproduktion seit jeher gentechnikfrei
Die Entwicklung des Sojaanbaus in Nord- und Südamerika wurde v.a. durch gentechnisch veränderte Sorten forciert. Im Unterschied zu anderen Ländern hat Österreich Soja seit jeher gentechnikfrei produziert. Dies ist auch das ausschlaggebende Argument bei der Vermarktung heimischer Soja-Produkte – Lebensmittel und Futtermittel. So erhalten österreichische Milchkühe und Legehennen gentechnikfreies Eiweißfutter, und auch in der Rind- und Schweinefleischproduktion steigt der Anteil gentechnikfrei zertifizierter Produkte. Österreich nimmt dabei international eine Ausnahmestellung ein: Während weltweit rund 80% der Sojaernte für Futtermittel verwendet werden, wird in Österreich etwa die Hälfte für die Produktion von Lebensmitteln eingesetzt.

Soja aus Österreich für den Klimaschutz
Heimische Sojabohnen weisen eine deutlich bessere Ökobilanz auf als jene aus Brasilien oder Argentinien, die häufig auf gerodeten Regenwaldflächen angebaut werden. Damit gehen ökologische und in den Ursprungsländern zusätzlich ökonomische und soziale Probleme einher. Lebensmittel aus heimischen Sojabohnen punkten bei Konsumenten, denn die Sensibilisierung für Nachhaltigkeit und Regionalität ist im Zuge der Klimadebatte so groß wie nie. Doch der Umstand, dass in Österreich erfolgreich Soja kultiviert und zu regionalen Lebensmitteln verarbeitet wird, ist unter Österreichs Konsumenten immer noch viel zu wenig bekannt.

Österreichische Soja-Verarbeiter Marktführer in Europa
2018 wurde alleine von den Mitgliedern des Vereins Soja aus Österreich ein Umsatz von rund 57 Mio. € durch Sojaprodukte erwirtschaftet, die Exportquote betrug rund 75%.
Vegetarische, vegane und flexitarische Ernährungsweisen haben Eingang in unsere Gesellschaft gefunden. Immer mehr Anbieter erweitern daher ihre Produktpalette um entsprechende Angebote. „Hauptrohstoff für diese Produktionslinien ist und bleibt die Sojabohne mit ihrem alles überragenden Eiweißgehalt. Keine andere Eiweißpflanze zeigt solche Effizienz, sowohl am Feld als auch in der Verarbeitung“, so Fischer. Regionalität spielt bei den Kaufmotiven eine herausragende Rolle. 81% der Befragten zeigen starkes Interesse an regionalen Lebensmitteln, drei von vier Österreichern wünschen sich eine Ausweitung des Angebotes an regionalen Lebensmitteln im Handel, wie eine Erhebung des Marktforschungsinstitutes Integral zeigt.

Österreichische Lebensmittelbetriebe haben die Vorzüge von Soja früher als andere erkannt und sich in Europa eine Vorreiterrolle erarbeitet. Unternehmen wie die niederösterreichische Firma Bamberger sind mittlerweile europäischer Marktführer bei der Belieferung von Backmittel- und Backwarenherstellern. Seit zwei Jahren erzeugt das Unternehmen zudem ein rein mechanisch hergestelltes, eiweißreiches Sojatexturat aus regionalen Sojabohnen, das mittlerweile in vielen Großküchen als Basis für vegetarische Gerichte verwendet wird.

Die Firma Landgarten aus Bruck/Leitha ist einer der größten Knabbersoja-Produzenten Europas. Und zwei niederösterreichische Tofu-Hersteller – Sojarei und Evergreen – beliefern praktisch alle namhaften Private Labels des österreichischen Einzel- und Großhandels.
Innovative Start-ups beleben die heimische Sojabranche
Neben großen Gewerbebetrieben etablieren sich gerade viele Start-ups, die mit neuen Produkten aus österreichischen Sojabohnen den Markt bereichern. Die Produktvielfalt ist erstaunlich, insbesondere das Angebot an fermentierten Sojalebensmitteln.

Die jungen Unternehmen schließen dabei Lücken im regionalen Angebot. So ist Luvi Fermente aus Oberösterreich der erste regionale Produzent von Sojasoße aus heimischen Sojabohnen. Der Niederösterreicher Wolfgang Wurth zählt mit fairmento zu einer Handvoll europäischer Natto-Produzenten. Und in Wien produziert Wild & Wunder regionale Miso-Sorten unter der Marke „Wiener Miso“. Sojalebensmittel aus Österreich liegen fraglos im Trend der Zeit. (red)

Weitere Informationen und Infografiken finden Sie hier.

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