WIEN. Die österreichische Bundesregierung hat heute, Freitag, einen bundesweiten harten Lockdown für alle verkündet, der am 22. November in Kraft treten wird. Der Lockdown soll 20 Tage dauern und spätestens am 13. Dezember automatisch in einen "Lockdown für Ungeimpfte" übergehen. Ab 1. Februar 2022 soll überdies eine allgemeine Impfpflicht in Kraft treten, um weitere Lockdowns und eine fünfte Corona-Welle zu verhindern.
Der "20-tägige harte Lockdown wird den stationären Handel 2,7 Milliarden Euro kosten und Arbeitsplatzsicherheit gefährden“, so der Handelsverband in einer Aussendung. "Das Handlungserfordernis ist aufgrund des Gesundheitsnotstandes in Österreich unbestritten“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme. "Es liegt aber auch in der Verantwortung des Handelsverbandes, auf die bevorstehende wirtschaftliche Notlage hinzuweisen. Ein harter Lockdown im Weihnachtsgeschäft bedeutet, dass wesentliche Teile des stationären österreichischen Handels existenziell gefährdet sind und selbstredend dessen Arbeitsplätze. Die Branche muss Umsatzverluste von rund 2,7 Milliarden Euro verkraften."
Liquiditätshilfen
Daher brauche es zusätzlich zu den Hilfen, die bereits angedacht sind, "eine wesentlich feinmaschigere Form der Unterstützung, da alle Betroffenen erreicht werden müssen. Neben dem obersten Ziel, die Gesundheitssituation der Bevölkerung zu verbessern und die Lage auf den heimischen Intensivstationen zu stabilisieren, dürfen auch ökonomische und soziale Ziele nicht vergessen werden". "Der Handelsverband fordert daher einmal mehr eine Ausweitung des Ausfallsbonus und ergänzend ein neues Set an Hilfen zur Stabilisierung des Handels- und Wirtschaftsstandortes Österreich. Die Gelder für den ‚Patient Wirtschaft‘ müssen ab Tag 1 des Lockdowns fließen", fordert Will.
Handel rechnet mit Ansturm auf Geschäfte vor Lockdown
Viele heimische Händler, die ihre Lager vor dem Weihnachtsgeschäft aufgefüllt und dementsprechend Kapital in Ware gebunden haben, fürchten nun massive Liquiditätsengpässe: "Einige haben auf die Lockdown-Gerüchte der letzten Tage mit Rabattaktionen reagiert, um nicht wieder auf der gesamten Saisonware sitzenzubleiben. Heute und morgen dürfte es in vielen Geschäften und Einkaufsstraßen zu einem großen Ansturm und mancherorts auch zu Schlangenbildung kommen, das lässt sich kaum vermeiden. Auslöser dafür ist allerdings nicht der Handel, der sich logischerweise um jeden Kunden bemüht, um die Warenlager zu leeren, sondern die politischen Entscheidungsträger aufgrund der späten Ankündigung und der kurzen Vorlaufzeit bis zum In-Kraft treten des Lockdowns, dies sei deutlich angemerkt“, so der Handelsverband.
Wichtig sei jetzt umso mehr, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und die heimische Wirtschaft bestmöglich zu unterstützen. Deshalb appelliert der HV an die Österreicherinnen und Österreicher, ihre Weihnachtsgeschenke während des ab Montag geltenden Lockdowns möglichst in heimischen Webshops und auf regionalen Online-Marktplätzen einzukaufen. Auch online ließe sich der österreichische Handel fördern und dazu könne jede und jeder einzelne einen Beitrag leisten. Auf www.kaufsregional.at sind mehr als 5.000 heimische Webshops aufgelistet.
"Pandemieversagen aus politischem Kalkül"
Der Blick zurück sei wesentlich, um künftige Fehler dieser Form nicht zu wiederholen: "Der österreichische Handel hat in der Pandemiebekämpfung stets als Partner der Bundesregierung agiert, mit dem betrieblichen Impfen die Krisenfestigkeit erhöht und seine Infrastruktur für PCR-Testungen zur Verfügung gestellt. Während Teile der Bundesregierung die Corona-Pandemie im Sommer für beendet erklärt haben, initiierte der Handelsverband mit seinen Mitgliedern eine bundesweite Impf-Kampagne sowie mit einem österreichischen Medienhaus eine eigene Impf-Lotterie."
Darüber hinaus habe eine Studie von Handelsverband und MindTake Research bereits im Juli 2021 das Potenzial von "Impf-Gutscheinen" zur Steigerung der Durchimpfungsrate aufgezeigt: "Leider blieben sämtliche Appelle der Branche an die politischen Entscheidungsträger ungehört, bzw. wurden sie aus politischem Kalkül (Wahlen) oder mit dem Verweis "zu teuer" in die Schublade gelegt. Stattdessen muss jetzt einmal mehr das teuerste Pandemiebekämpfungsinstrument überhaupt herhalten – ein harter Lockdown, der den Staat rund 2,5 Milliarden Euro pro Woche kostet."
Zwischen kostenfreiem Impfen und Impfzwang stehe der positive Anreiz. "Dieser Weg wurde bundesweit monatelang vom Tisch gewischt und damit leider auch ein Potential von 300.000 Erststichen. Der dritte Stich wird ebenso entscheidend sein, um Impfdurchbrüche zu vermeiden, daher appellieren wir einmal mehr an die 7 Bundesländer abseits von Burgenland und Oberösterreich, ebenfalls positive Anreize zu setzen und Heizgutscheine oder Lebensmittelgutscheine zu verlosen, um mehr Mensch für die Impfung zu gewinnen, bis der angekündigte Impfzwang gelten und wirken soll“, so der Handelsverband abschließend. (red)