Lidl auf großem  Modernisierungskurs
© Schedl/Lidl Österreich
Alessandro Wolf
RETAIL Redaktion 26.03.2021

Lidl auf großem Modernisierungskurs

CEO Alessandro Wolf über das neue Filialkonzept, eine breite Sortimentserweiterung und Kreislaufwirtschaft.

Lidl wird lauter. Seit der gebürtige Schweizer Alessandro Wolf per  1. Dezember 2019 den Vorsitz der Geschäftsleitung von Lidl Österreich übernahm, ist beim Diskonter kein Stein auf dem anderen geblieben. Im medianet-Interview erzählt Wolf von der Modernisierungs-, Sortimenterweiterungs- und Klimaoffensive des Händlers.

medianet: Lidl hat im vergangenen Jahr um sieben Prozent auf 1,47 Mrd. Euro Umsatz zugelegt. Wie zufrieden sind Sie mit der Bilanz – auch im Vergleich zur Konkurrenz?
Alessandro Wolf: Es wäre grundsätzlich gegenüber allen, die nicht offenhalten durften, vermessen, nicht zufrieden zu sein. Im LEH hat die Kundenfrequenz durch die Pandemie generell abgenommen, die Kunden sind nicht mehr in zwei oder mehr Geschäfte gegangen. Davon haben Vollsortimenter eher profitiert als der Diskont. Wir konnten uns hier trotzdem gut schlagen und sind zufrieden.

medianet: Im Vorjahr wurden etliche Standorte modernisiert, bis 2023 soll das gesamte Filialnetz auf das neue Ladenkonzept umgestellt sein. Wie unterscheiden sich die renovierten Standorte von jenen, denen die Modernisierung noch bevor­steht?
Wolf: Mit den neuen Filialen bieten wir unseren Kunden einfach ein besseres Einkaufserlebnis. Die gesamte Atmosphäre ist heller und kundenfreundlicher, die Regale sind übersichtlicher und technisch auf dem neuesten Stand. Der Einkauf wird schneller und vor allem deutlich einfacher. Beim Angebot bleiben wir unseren Werten treu und konzentrieren uns auf die Frische, Regionalität und das beste Preis-Leistungsverhältnis. Außerdem haben wir Platz geschaffen für die große Sortimentsausweitung. Gerade bei Bio haben wir hier noch viele vor.

medianet: Im Zuge dieser Erweiterung hat Lidl sein Sortiment seit Jänner 2020 um 400 Produkte ausgedehnt. Nach welchen Schwerpunkten wurde die Produktpalette ausgebaut?
Wolf: Die Erweiterung betrifft im Grunde fast sämtliche Produktgruppen. Der Fokus liegt weiterhin ganz klar auf Regionalität und Bio-Qualität aus Österreich. Und wir entwickeln uns laufend weiter; das beste Beispiel dafür ist unsere österreichische Bio-Eigenmarke ‚Ein gutes Stück Heimat‘. Neu ist, dass sie seit Kurzem zu 100 Prozent klimaneutral ist und damit eine Benchmark für Nachhaltigkeit setzt. Auch unser vegetarisches Angebot haben wir stark ausgebaut und insgesamt 15 neue vegetarische Alternativen in unserem ständigen Sortiment eingelistet.

medianet: Lidl will als ‚Haupt­einkaufsstätte für den regelmäßigen Familieneinkauf‘ wahrgenommen werden. Welche Schritte sind notwendig, um von noch mehr Menschen als Option dafür wahrgenommen zu werden?
Wolf: Durch die Einlistung der neuen Produkte im vergangenen Geschäftsjahr haben wir schon einen großen Schritt gemacht und bereits 2.000 Artikel im dauerhaften Sortiment. Der klare Fokus liegt in den Frischebereichen, wo wir beispielsweise im Obst- und Gemüsebereich bis zu 150 Artikel anbieten oder täglich über 45 Brote aufbacken. Auch im Fleischangebot haben wir einiges vor und werden im Sommer über 80 Artikel im Fleisch- und Fischbereich gelistet haben. Wir drehen hier also vor allem am Sortiment, wollen aber gleichzeitig auch, dass der Einkauf bei uns schnell und einfach ist. Mit Kindern einkaufen ist nicht immer besonders entspannend (lacht). Außerdem haben wir das beste Preis-Leistungsverhältnis. Das bestätigt auch die kürzliche Auszeichnung durch den ÖGVS (s. Seite 8).

medianet: Im Dezember hat sich Lidl als erster großer Lebensmittelhändler pro Einwegpfand ausgesprochen, wenige Wochen darauf sorgte Lidl mit der Vorstellung eines Einwegpfandautomaten für Furore in der Branche. Was waren die Beweggründe dafür?
Wolf: Um die gemeinsamen Ziele des Kreislaufwirtschaftspakets in Österreich erreichen zu können, muss das gesamte Sammel- und Recyclingsystem weiter optimiert, vereinheitlicht und vereinfacht werden. Durch ein Einwegpfand können gerade bei PET Kreisläufe geschlossen, die Qualität des hochwertigen Rohstoffs erhalten und Littering minimiert werden. Bestes Beispiel ist die 1,5 Liter-PET-Flasche unseres stillen Saskia-Mineralwassers: Der komplette Flaschenkörper besteht zu 100 Prozent aus recyceltem PET. Auch bei Limonaden und Eistees unserer Eigenmarken ‚Saskia‘ und ‚Freeway‘ verwenden wir bereits ca. 70 Prozemt weniger frisches PET als noch vor wenigen Jahren. Wichtig ist, dass, wenn ein Einwegpfand kommt, das System so einfach und effizient wie möglich gestaltet wird.

medianet: Die Nachhaltigkeitsbemühungen von Lidl sind in der ‚Lidl Klima-Offensive‘ gebündelt, das Motto lautet ‚Auf dem Weg nach morgen‘. Was sind die Eckpunkte des Programms?
Wolf: Wir arbeiten hier ständig an Verbesserungen in allen Handlungsfeldern. Besonderes Augenmerk liegt in den nächsten Monaten und Jahren auf dem Klimaschutz. Dazu gehört auch unsere Strategie zur Plastikreduktion, Forcierung der Kreislaufwirtschaft oder die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, aber auch erneuerbarer Energie. Aktuell sind bereits über 20 Photovoltaikanlagen auf den Filialen und Dächern der Logistikzentren in Betrieb, die umweltfreundlichen, grünen Strom produzieren. Auch das Thema E-Mobilität ist uns wichtig. Derzeit haben wir 38 Filialen mit kostenlosen
E-Tankstellen für unsere Kunden und Mitarbeiter. Das Thema Klimaschutz wird weiter eine große Rolle spielen – Neues zu unserer Klima-Offensive wollen wir im Herbst präsentieren.

medianet: In den vergangenen Jahren hat die Diskonter-Branche einen großen Imagewandel durchgemacht. Wie grenzt sich Lidl von den Mitstreitern aus dem Diskont-Bereich ab?
Wolf: Der Diskont hat sich in den vergangenen Jahren unheimlich weiterentwickelt – vor allem, was die Themen Warenpräsentation, Vielfalt und Qualität oder das Frischeangebot betrifft. Mit unserem breiten Sortiment sind wir mittlerweile ein richtiger One-Stop-Shop und entwickeln uns hin zum Smart-Diskonter. Eine Besonderheit sind beispielsweise auch unsere ‚Food-Expos‘ mit regelmäßig wechselnden, internationalen Länderaktionen. Hier können wir auf die gemeinsame Stärke der einzelnen Lidl-Länder innerhalb der Gruppe bauen und so die besten internationalen Produkte für unsere Kunden anbieten. Unsere alten Tugenden wie ein überragendes Preis-Leistungsverhältnis und ein konsequenter Frischeansatz sind geblieben. Und darauf kann man sich bei uns auch in Zukunft verlassen. Wir arbeiten immer daran, noch besser zu werden. Wir sind offen für Neues und Innovationen, aber es muss eben auch zu unserem Format passen. Stichwort Digitalisierung – hier ist unsere Lidl-Plus-App ein perfektes Beispiel: Seit 2018 gibt es unsere digitale Vorteils-App, die den Einkauf für unsere Kunden noch einfacher und angenehmer macht.

medianet: Kürzlich eröffnete Lidl in Wien-Liesing seine österreichweit 255ste Filiale. Wird diese Zahl 2021 weiter wachsen? Und was hat sich Lidl sonst noch so vorgenommen?
Wolf: Unser Fokus in den nächsten beiden Jahren liegt eindeutig auf unserem bestehenden Filialnetz. Der österreichische Lebensmittelmarkt hat die höchste Marktkonzentration in ganz Europa. Standorte, die am Ende des Tages auch wirtschaftlich Sinn machen, sind gar nicht so leicht zu finden. Aber es gibt noch einige weiße Flecken – und auch für uns noch Luft nach oben. Unser Ziel ist es, weiter zu wachsen – aber nicht um jeden Preis. Das heißt, wir werden bei der Standortsuche selektiver vorgehen. Für das Geschäftsjahr 2021 sind aktuell vier neue Filialen geplant, vier weitere Standorte werden komplett neu errichtet, außerdem werden wir die qualitative Expansion weiter vorantreiben. Darüber hinaus geht bereits im Mai unser neues, hochmodernes Logistikzentrum in Großebersdorf in Vollbetrieb. Damit schaffen wir bis zu 250 neue Arbeitsplätze und investieren mehr als 150 Millionen Euro in die Region. Mit dem neuen Logistikzentrum legen wir den Grundstein für die weitere Expansion. Es ist eines der größten und leistungsfähigsten Logistikzentren der gesamten Lidl-Gruppe und bringt zusätzliche Kapazitäten für die Belieferung unserer Filialen. (red)

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