Ukraine-Krieg trifft Österreichs Nahrungs- und Genussmittelindustrie hart
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RETAIL Redaktion 14.03.2022

Ukraine-Krieg trifft Österreichs Nahrungs- und Genussmittelindustrie hart

Eklatant steigende Energiepreise und fehlende Rohstoffe führen zu extremen Kostenexplosionen und Produktionsausfällen.

LINZ. Die anhaltenden Kämpfe in der Ukraine richten nicht nur unfassbares menschliches Leid an, sondern bringen viele österreichische Lebensmittelproduzenten in eine äußerst schwierige Lage. Eklatant steigende Energiepreise und fehlende Rohstoffe führen zu extremen Kostenexplosionen und Produktionsausfällen.

Der seit über zwei Wochen andauernde Krieg in der Ukraine ist in vielerlei Hinsicht ein „Albtraum“. Über allem steht, zweifelsohne, die humanitäre Tragödie unabsehbaren Ausmaßes, das große menschliche Leid und die vielen Schicksale der von den Auseinandersetzungen direkt betroffenen Menschen. Neben diesen Bildern, die aktuell rund um die Welt gehen, kämpfen auch in Österreich viele Unternehmen mit den Auswirkungen des jüngsten Konflikts. Deutliche Spuren hinterlässt der Krieg in der „Kornkammer Europas“ vor allem in der österreichischen Lebensmittelindustrie.

„Die Entwicklungen in der Ukraine stellen die gesamte Nahrungs- und Genussmittelindustrie vor enorme Herausforderungen. Die offenkundige Abhängigkeit im Energie- sowie Rohstoffsektor wirkt sich in Form eklatanter Preiserhöhungen und zunehmender Verfügbarkeitsprobleme aus. Dieser Konflikt bringt die gesamte Branche in große Bedrängnis“, so Gerald Hackl in seiner Doppelfunktion als Vorsitzender der Fachvertreter der Nahrungs- und Genussmittelindustrie der WKO OÖ und Vorstandsvorsitzender der Vivatis Holding AG.

Unsichere Versorgung
Mit dem bewaffneten Konflikt in der Ukraine geht eine massive Verteuerung der Energiepreise einher. Die Preise für Erdöl, Erdgas, Strom und Treibstoff erreichten mit dem russischen Einmarsch neue Höchststände. Dass sich das mit den mitunter sehr energieintensiven Prozessen in der Lebensmittelindustrie – von der Verarbeitung der Rohstoffe bis zum Kühlen fertiger Produkte –, die den Einsatz von Gas in hohem Maße erforderlich machen, nur schwer vereinbaren lässt, liegt auf der Hand. Auch bei den Agrarrohstoffen wie Weizen, Mais, Gerste, Raps, Sonnenblumen und Obst spüren die österreichischen Abnehmer die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. „Die Preissteigerungen im Energie- als auch im Rohstoffsektor treffen uns auch in der Vivatis sehr stark. Vor allem Raps und Sonnenblumen, die wir in unseren Tochterunternehmen zur Herstellung der hochwertigen Produkte benötigen, sind teuer wie nie zuvor. Bei einer Menge von 5.000 Tonnen Sonnenblumen pro Jahr geht es dabei um sehr viel Geld. Andere Produkte wie Tomatenmark sind seit Ausbruch der Krise so gut wie gar nicht mehr verfügbar."

Bei den Energiekosten rechnet Vivatis, ausgehend von einem aktuell bereits sehr hohen Niveau, auf das ganze Jahr gesehen mit einer Mehrbelastung in Höhe von über 20 Mio. €. "Da wird einem wieder bewusst, wie abhängig man von seinen Zulieferern ist und wie wichtig und wertvoll eine stabile politische Lage in Europa ist“, so Gerald Hackl.

Um die Balance innerhalb des europäischen Marktes halten zu können, spricht sich Andreas Pfahnl, Eigentümer der Pfahnl Backmittel GmbH, für ein sofortiges Exportverbot der EU für Weizen aus – eine wichtige Maßnahme, für die „verrückt“ spielenden Getreidemärkte. Denn die Tonne Qualitätsweizen, die vor einem Jahr noch 200 € gekostet hat, liegt aktuell bei 440 €. Auch bei Mais wird die Situation zunehmend angespannter: Die fehlenden Großmengen führen bereits jetzt zu einer Unterversorgung in zwei österreichischen Getreidemühlen – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Weizen in vielen Bereichen zunehmend durch Mais substituiert wird, was eine zusätzliche Verknappung und weitere Preisanstiege zu Folge hat.

Dass sich die enormen Teuerungen bei Energie und Rohstoffen auch in den Endverbraucherpreisen durchschlagen werden, ist absehbar und unabdingbar. Die für das Jahr 2022, aufgrund generell steigender Rohstoff- und Verpackungspreise, prognostizierten Teuerungen werden durch den Krieg in der Ukraine damit noch zusätzlich deutlich verschärft. (red)

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