medianet technology: Im medianet-technology-Studiogespräch zwischen Herausgeber Chris Radda und Gerhard Christiner, Vorstandssprecher der APG – Austrian Power Grid AG, steht die Inbetriebnahme der neuen Hochspannungs-Strom-Magistrale Salzburg–Wien im Mittelpunkt. Diese Infrastruktur trägt wesentlich dazu bei, Strommengen zwischen West- und Ostösterreich besser auszugleichen und markiert einen entscheidenden Schritt in Richtung einer erfolgreichen Energiewende.

Christiner erläutert, dass die neue Salzburg-Magistrale eine dringend benötigte Verbindung zwischen dem Westen und dem Osten Österreichs darstellt. Die APG stand seit 2006 vor der Herausforderung, eine geeignete Trasse für diese Leitung zu finden, wobei das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP) statt der gesetzlich vorgesehenen 15 Monate letztlich mehr als 77 Monate beanspruchte.
Ziel der Energiewende ist es, Strom aus erneuerbaren Quellen nicht nur zu produzieren, sondern auch verlässlich im gesamten Bundesgebiet zu verteilen. Dabei liegt aktuell rund 75 Prozent der erneuerbaren Energieerzeugung in Ostösterreich. Um die ambitionierte Vorgabe, bis 2030 den gesamten Stromverbrauch aus erneuerbaren Energien zu decken, erfüllen zu können, fordert Christiner eine umfassende Anpassung des Marktdesigns. Hierzu zählt die Integration sowohl großer Kraftwerke als auch zahlreicher kleiner Erzeuger, insbesondere aus den Bereichen Wind- und Photovoltaikenergie.
Ein wichtiges Instrument zur Koordination dieses Ausbaus sind das Elektrizitätswirtschaftsgesetz und die Rolle des EABG (Erneuerbare Ausbau und Beschkeuniguungs Gesetz), das die Erweiterung der erneuerbaren Energieproduktion mit dem Netzausbau abstimmt. Beide Gesetzesentwürfe sollen demnächst in Begutachtung gehen.

Trotz der positiven Fortschritte verweist Christiner darauf, „dass Österreich derzeit weiterhin jährlich rund zehn Milliarden Euro für fossile Energieträger ins Ausland überweist, und dieses Geld in neue, heimische Kapazitäten bei der Produktion von erneuerbaren Energien, deren Zwischenspeicherung und Netzanbindung viel sinnvoller investiert werden könne.“ Das angestrebte Ziel, bis 2040 vollständig dekarbonisiert zu sein und den Energieverbrauch zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu decken, hält er derzeit nicht für realistisch. „Dennoch sei die Energiewende unumgänglich, insbesondere aufgrund der hohen Verletzlichkeit und Preisvolatilität fossiler Energieträger“, so Gerhard Christiner.
Ein flexibles Stromsystem wird dabei zunehmend wichtig, da erneuerbare Energien wie Sonne und Wind besonders tagsüber zu Überschüssen führen, während die höchste Nachfrage am Abend besteht. Christiner unterstreicht, dass sinnvolle Investitionen, beispielsweise in Großspeicheranlagen im Osten Österreichs, langfristig den kostspieligen Netzausbau reduzieren können.
Im Hinblick auf die Strompreise prognostiziert Christiner, dass die Zeit billiger Energie – insbesondere durch günstiges Gas aus Russland und billigem Strom aus Deutschland – endgültig vorbei sei. Die Energiepreise dürften sich zwar künftig wieder unter den extremen Krisenniveaus bewegen, allerdings auf höherem Niveau als vor der Covid-Pandemie. Eine Annäherung an die aktuell deutlich günstigeren Energiepreise in Amerika und Asien, die derzeit etwa 50 Prozent der europäischen Preise betragen, erwartet er frühestens ab dem Jahr 2040.

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