Zwischen sparsam und spektakulär
Generaldirektor Roland Weißmann im Interview mit medianet Chefredakteur Dinko Fejzuli über das ORF-Programm für die kommende TV-Saison.
Am Donnerstagabend präsentierte der ORF sein Programm für die kommende Saison. Und trotz programmlicher Highlights wie den Olympischen Winterspielen in Mailand und Cortina, der Fußball-WM in Kanada/Mexiko/USA und dem ESC in Wien, bei dem der ORF der Host-Broadcaster ist, folgt man auch im restlichen Programm und auf allen Kanälen dem Motto, ein „ORF für alle“ sein zu wollen. media-net bat aus gegebenem Anlass ORF-Generaldirektor Roland Weißmann um Einblicke ins ORF-Jahr 2025/2026.
medianet: Herr Generaldirektor Weißmann, bevor wir zu den anderen Programminhalten für die kommende Saison kommen: Der ORF ist nach gut zehn Jahren wieder Host-Broadcaster des ESC, des weltweit größten Live-TV-Musikevents. Gleichzeitig stehen andere Großevents wie die olympischen Winterspiele und die Fußball-WM ins Haus. Wie gelingt ihnen der Spagat, den ESC in das beste Licht zu rücken, ohne dabei die anderen Events und auch das restliche Programm zu vernachlässigen?
Roland Weißmann: Der Spagat wird gelingen, weil er gelingen muss – und das unter dem Motto ‚Spektakulär und sparsam‘. Das gilt übrigens für den ESC genauso wie für das ORF-Programm 2026, das dabei keineswegs zum ‚ESC-Opfer‘ wird sondern ganz im Gegenteil die Kreativität aller im ORF beflügelt, von den Programmverantwortlichen bis hin zu den Kaufleuten. Ja, 2026 ist ein herausforderndes Programmjahr, aber gerade deshalb wird es ein ganz besonders tolles und unvergessliches.
medianet: Kommen wir zum Programm: Welche Rolle spielen österreichische Fiction-Formate 2026? Können Sie das Comeback von ‚Kommissar Rex‘, neue ‚Biester‘-Folgen und ‚School of Champions‘ einordnen?
Weißmann: Wer österreichische Fiction sagt, der muss auch ORF sagen, das gilt 2026 mehr denn je. Denn: Der ORF setzt nicht nur beliebte und bewährte Produktionen wie die genannten fort, sondern lässt zwei Kult-Produktionen quasi wiederauferstehen. ‚Kommissar Rex‘ ermittelt bald wieder in Wien – sechs neue, von ORF und Sat.1 produzierte Episoden stehen 2026 in Spielfilmlänge auf dem Programm von ORF 1 und das mit einem starken österreichischen Cast. Und David Schalkos ‚Braunschlag‘ kehrt nach 14 Jahren als ‚Braunschlag 1986‘ mit allen Publikumslieblingen von damals zurück. Dazu gibt es Neues von den ‚Landkrimis‘, von Thomas Stipsits’ Stinatz Krimis, von ‚Soko Linz‘ und ‚Soko Donau‘, von ‚Tage die es nicht gab‘, von ‚Alles finster‘ u.v.m. Ich freu mich ganz persönlich schon sehr darauf und unser Publikum bestimmt auch.
medianet: Gibt es neben den erwähnten Fortsetzungen auch neue fiktionale Projekte in Entwicklung, die 2026 anlaufen sollen?
Weißmann: Natürlich haben wir auch Neues im fiktionalen Angebot: In der Romanze ‚Herzklang – zurück zu mir‘ feiert Melissa Naschenweng ihr Hauptrollen-Debüt, ‚Obersee‘ mit Franziska Weisz als Ermittlerin aus Österreich hat das Zeug zum neuen Serien-Klassiker. Raffiniert gemacht ist auch die sechsteilige ORF/ARD-Serie ‚Hundertdreizehn‘, die exemplarisch die unterschiedlichen Leben von sechs Menschen erzählt, die durch einen katastrophalen Verkehrsunfall miteinander verbunden sind. Da ist viel Spannendes dabei!
medianet: Beim Sport kündigen Sie eine Kooperation mit ServusTV an: Wie genau werden die Spiele der WM 2026 und EM 2028 im Free-TV aufgeteilt, und wer zeigt die jeweiligen Finals?
Weißmann: Mit erstmals 48 teilnehmenden Nationen und insgesamt 104 WM-Spielen wäre ein Exklusiv-Coverage durch den Rechteinhaber ORF gar nicht durchführbar. So zeigt ORF 1 52 WM-Spiele, darunter das Eröffnungsspiel und das Finale, sowie zwei von drei Gruppenspiele Österreichs, sofern sich das Nationalteam qualifiziert – und ab dem Achtelfinale jedes weitere Österreich-Spiel. Bei der Euro 2028 sind wir als Sublizenznehmer von den Kollegen von ServusTV dafür auch dabei – mit 25 EM-Spielen live. Bei einer Teilnahme Österreichs zeigt der ORF das zweite Gruppenspiel und das mögliche Achtelfinale. Als ORF-Generaldirektor und Fußball-Fan wünsche ich dem Nationalteam zwei erfolgreiche Qualifikationen.
medianet: Sie sprechen hier von einer ‚sehr ausgeglichenen‘ Lösung zwischen ORF und Servus TV: Was bedeutet das für die Zuschauer in Österreich?
Weißmann: Das Jahr 2026 ist bekanntermaßen ein Jahr der Superlative und bietet allein mit der Fußball-WM, dem ESC und Winter-Olympia gleich drei Großproduktionen. Umso sinnvoller ist es für den ORF, hier die Kooperation zu suchen bzw. die bewährte Zusammenarbeit fortzusetzen. Mit dem Ziel, WM wie Euro im Sinne aller Fußballfans in Österreich erste Reihe fußfrei und zur Gänze im Free-TV zu halten.
medianet: Bleiben wir noch kurz beim Sport: Wie ordnen Sie die Olympischen Winterspiele Anfang 2026 in die Sportstrategie des ORF ein?
Weißmann: Olympische Winterspiele sind für die Sportfans und damit auch für den ORF noch wichtiger als jene im Sommer, gehören doch Österreichs Wintersportlerinnen und -sportler in beinahe allen Sportarten zu den Medaillenkandidaten.
Entsprechend groß sind Begeisterung und Publikumsinteresse, dem wir mit einem massiven Übertragungsangebot von mehr als 500 Stunden in ORF 1, ORF Sport+ und im Streaming nachkommen. Fußball-WM und Winter-Olympia, ein besseres Jahr kann es für Sportfans nicht geben.
medianet: Immer mehr Menschen konsumieren auch TV-Inhalte via Stream. Der ORF hat vor geraumer Zeit darauf reagiert und seine Plattform ORF On gestartet: Wie bewerten Sie hier die Entwicklung im zweiten Jahr – und was bedeutet es, bei der Bewegtbildnutzung in Österreich als Nummer 1 ausgewiesen zu sein?
Weißmann: ORF On ist eine echte Erfolgsgeschichte. Seit dem Start vor eineinhalb Jahren hat sich unsere Streaming-Plattform beim österreichischen Publikum sehr gut etabliert und wird hervorragend genutzt.
Unsere Strategie ist also voll aufgegangen und wir entwickeln ORF On laufend weiter, um den Wünschen unseres Publikums auch hier noch besser gerecht werden zu können.
medianet: Ganz allgemein gefragt: Welche nächsten Schritte sehen Sie im Hinblick auf die digitale Transformation –
auch hinsichtlich der Plattform-Algorithmen und der Forderung nach klaren Spielregeln auf Ebene der Europäischen Union?
Weißmann: Die Auffindbarkeit des Contents ist ein sehr wichtiges Thema, nicht nur aus Sicht der Medienunternehmen, sondern auch im Sinne eines starken Medienstandortes und einer gesunden Demokratie. Im Kabelbereich gibt es das sogenannte Must-Carry-Prinzip. Ähnliche Regelungen wären auch für den digitalen Raum wünschenswert. Denn was nützt der hochwertigste Content, wenn er von den Algorithmen nicht berücksichtigt wird und die Menschen nicht erreicht?
medianet: All die bisher angesprochenen Dinge müssen auch bezahlt werden. Sie sprechen hier aktuell von einer ‚nachhaltigen, wenn auch nicht üppigen Finanzierung‘ durch die Haushaltsabgabe. Was bedeutet die Nicht-Valorisierung bis 2029 konkret für den ORF – vor allem im Hinblick auf einen Ausbau des Angebots und gleichzeitig steigende Kosten?
Weißmann: Wir stehen wirtschaftlich vor sehr großen Herausforderungen, keine Frage. Zum laufenden Einsparungsprogramm bis 2026 von rund 320 Millionen Euro kommt ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag hinzu.
medianet: Was wäre für Sie Ende 2026 der Beleg dafür, dass die Strategie ‚Programm, Programm, Programm‘ trotz Sparkurs aufgegangen ist?
Weißmann: Wenn der ORF auch in Zukunft klarer Marktführer in Radio, Fernsehen und Online bleibt – und da bin ich eigentlich sehr zuversichtlich.
medianet: Jetzt noch eine Frage zum Schluss: Kommendes Jahr
stehen auch die ORF-Wahlen an. Es ist anzunehmen, dass Sie wieder kandidieren …?
Weißmann: Wir haben derzeit so viele großartige Projekte laufen, dass ich eigentlich keine Zeit habe, mich mit dieser Frage zu beschäftigen. Ich werde das kommendes Jahr entscheiden und bekanntgeben.
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