Kosmisches Austro-Know-how
© Ruag Space
Ruag Space Austria produzierte Navigationsempfänger für den Umweltsatelliten Sentinel-6.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Paul Christian Jezek 14.11.2019

Kosmisches Austro-Know-how

Österreichische Technik für Umweltsatellit Sentinel-6.

PLANET ERDE. Der Umweltsatellit Sentinel-6 wird die Meeresspiegelhöhen und die Eisdicke vermessen. Derzeit wird der Satellit in einem Reinraum der Industrieanlagenbetriebsgesellschaft IBAG in Ottobrunn bei München getestet. Der Start ist für Ende 2020 vom Weltraumbahnhof Vandenberg in Kalifornien, USA, geplant.

Sobald der Satellit im All ist, wird seine Position auf wenige Zentimeter genau durch Navigationsempfänger aus Österreich bestimmt. „Wir sind in Nischenbereichen europaweit absolut führend. Unsere Satellitennavigationsempfänger sind weltweit gefragt“, sagt Andreas Buhl, Geschäftsführer von Ruag Space Austria, Österreichs größtem Weltraumunternehmen. Ruag Space Austria entwickelte und baute insgesamt vier Navigationsempfänger. Vor der Kälte und Hitze im All von plus/minus 200 Grad Celsius schützt den Satelliten Thermalisolation von Ruag Space, produziert am Standort in Berndorf, Niederösterreich. Die Thermalisolation besteht aus mehrschichtigen speziellen Kunststofffolien. „Hochtechnologie aus Österreich ermöglicht diese wichtige Klimaschutzmission“, betont Buhl.

Anstieg des Meeresspiegels unter Beobachtung
Zwischen 1993 und 2018 stieg der globale Meeresspiegel im Durchschnitt jedes Jahr um 3,2 mm. Diese Rate hat sich in den letzten Jahren beschleunigt und wird voraussichtlich noch weiter steigen. Der Weltmeere-Satellit Sentinel-6 wird die Meeresspiegelhöhen vermessen und damit wichtige Daten für die Klimaforschung liefern. Um Aufschluss über Meeresspiegelveränderungen zu erhalten, sind permanente Beobachtungen über die Weltmeere erforderlich. Aufgrund der enormen Größe der Ozeane, die 70% der Erde bedecken, benötigt es den Einsatz von Satelliten aus dem All. Zu diesem Zweck trägt Copernicus Sentinel-6 einen Radarhöhenmesser als Hauptsensor. Das Gerät ist am besten geeignet, um den Meeresspiegel und die Dicke des Eises in den Polarregionen zu beobachten. Darüber hinaus trägt der Satellit mehrere Instrumente zur Navigation und zur Beobachtung von Wasserdampf.

Sentinel-6 wird alle 10 Tage bis zu 95% der Ozeane der Erde kartieren. Bisher wurden globale Meeresspiegelmessungen von einer Flotte von Satelliten durchgeführt, zu denen die französisch-amerikanischen Topex-Poseidon- und Jason-Missionen, frühere ESA-Missionen wie die ERS-Satelliten, Envisat und CryoSat sowie der Copernicus Sentinel-3-Satellit gehören.

Hinter den Kulissen
Copernicus Sentinel-6 ist ein Gemeinschaftsprojekt von ESA, Europäische Kommission, Eumetsat, NASA, NOAA, Airbus und CNES. Copernicus wird von der Europäischen Kommission in Partnerschaft mit der ESA geleitet. Eumetsat wird den Satelliten betreiben und die Produkte erzeugen und liefern. NASA und NOAA bringen das Mikrowellen-Radiometer, den Laser-Retroreflektor und den GNSS-RO-Empfänger ein. Airbus ist in diesem Projekt branchenführend, wobei die IABG für die Erprobung des Satelliten verantwortlich ist.

Ruag Space Austria mit Sitz in Wien und einem zweiten Produktionsstandort in Berndorf ist mit rund 250 Mitarbeitenden das größte österreichische Weltraumtechnikunternehmen. Das Hochtechnologieunternehmen rüstet weltweit Satelliten und Trägerraketen mit Elektronik, Mechanik und Thermalisolation aus und hat eine Exportquote von rund 100%. Als Spin-off der Weltraumaktivitäten produziert das Unternehmen auch Thermalisolation für Anwendungen auf der Erde, etwa Hochtemperaturisolation für Magnetresonanztomographen oder Isolation für leistungsfähige Stromkabel. (pj)

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