Krise als Chance: österreichische Papierindustrie setzt auf strategische Investitionen
© Austropapier/Daniel Schaler
Martin Zahlbruckner, Sigrid Eckhardt, Sebastian Heinzel und Veronika Wilk.
MARKETING & MEDIA Redaktion 24.04.2024

Krise als Chance: österreichische Papierindustrie setzt auf strategische Investitionen

Das Thema Energie ist inzwischen endgültig zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für die Industrie in Österreich geworden.

WIEN. Die im vergangenen Jahr in Europa herrschende Rezession in Kombination mit den hohen Energiekosten hat in der heimischen Papierindustrie mit einer Exportquote von fast 90 Prozent deutliche Spuren hinterlassen. Der Gesamtumsatz der Branche sank im Jahresvergleich um 22,3 Prozent auf 4,32 Milliarden Euro. Die Papierproduktion fiel um 15,8 Prozent auf 3,9 Millionen Tonnen. Es wurden 2,4 Millionen Tonnen Verpackungspapiere, 1,3 Millionen Tonnen grafische Papiere und 0,3 Millionen Tonnen Spezialpapiere hergestellt. Das Minus von 32,5 Prozent bei grafischen Papieren bestätigt den Trend zur Sortenverschiebung Richtung Verpackungspapiere. Zusätzlich wurden in Österreich im vergangenen Jahr 1,7 Millionen Tonnen Zellstoff produziert, das entspricht einem Minus von 12,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Während die Anzahl der Beschäftigten mit 7.600 ( - 1,8%) annähernd gleichgeblieben ist, verschiebt sich die Verteilung in Richtung weibliche Beschäftigte mit einem Plus von 1,6 Prozent. Bei den jungen Beschäftigten ist die Tendenz sogar noch erfreulicher. Weibliche Lehrlinge machen bereits 15,2 Prozent der jungen Auszubildenden aus, das ist signifikant höher als der Gesamtfrauenanteil von 11,3 Prozent. Um die umfangreichen Frauenförderungsprogramme in den Mitgliedsbetrieben tatkräftig zu unterstützen, hat Austropapier das Frauennetzwerk „Women4paperIndustry‘“ ins Leben gerufen. „Women4paperIndustry soll einerseits dazu dienen, jungen Mädchen und Frauen die vielfältigen Karrierechancen in unserer Industrie aufzuzeigen, aber auch Frauen in der Papierindustrie miteinander zu vernetzen und sie vor den Vorhang zu holen. Unsere Welt funktioniert über Identifikationsfiguren und Rollenvorbilder, daher will ich unsere vielen weiblichen Talente stärker sichtbar machen,“ erklärt Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt.

Klares Bekenntnis zu Klimazielen
Getreu Winstons Churchills Motto „Never waste a good crisis” haben die 23 Austropapier-Mitglieder das wirtschaftlich herausfordernde Jahr 2023 für strategische Investitionen genutzt. Insgesamt 305 Millionen Euro wurden in neue Projekte investiert. „70 Prozent davon in den Bereichen Energieeffizienz und Dekarbonisierung aufgewendet worden,“ so Sebastian Heinzel, Nachhaltigkeitssprecher von Austropapier. „Das ist ein ganz klares Bekenntnis der Österreichischen Papierindustrie zu den Klimazielen der EU und macht unsere Branche immer energieeffizienter und fossilärmer." Die Ergebnisse können sich sehen lassen: 68,1 Prozent der eingesetzten Energie in der Produktion kommt bereits aus erneuerbaren Quellen, die CO2-Emissionen konnten gegenüber 2022 um weitere 11,9 Prozent gesenkt werden. In den letzten fünf Jahren wurden an den 23 Standorten 550.000 Tonnen direkter CO2-Emissionen eingespart.

Das Thema Energie ist inzwischen endgültig zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für die Industrie in Österreich geworden. „Es ist völlig unverständlich, warum die Bundesregierung die Strompreiskompensation noch nicht bis 2030 verlängert hat und den heimischen Industrieunternehmen die Möglichkeit gibt, mit den gleichen Spielregeln am europäischen Binnenmarkt wirtschaften zu dürfen“, erklärt Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner. „Dann würde anstelle Abgaben doppelt zu zahlen die hervorragende Qualität der Produkte Made in Austria und unserer führende Innovationskraft etwas Rückendwind erhalten.“ Alle für Österreich wichtigen europäischen Exportmärte haben die Strompreiskompensation bereits seit vielen Jahren und zukunftssicher bis 2030 eingeführt und die Europäische Kommission schlägt diese Strompreiskompensation sogar vor.

Österreich ist Europameister
Altpapier ist noch vor Durchforstungsholz und Sägenebenprodukten der wichtigste Rohstoff der Papierindustrie. Allein im vergangenen Jahr wurden 2,2 Millionen Tonnen verarbeitet. Die Recyclingquote beträgt in Österreich mittlerweile 86 Prozent. Das ist der höchste Wert unter allen europäischen Länder. Die österreichische Papierindustrie hat sich zum Ziel gesetzt, noch deutlich vor 2050 als erster Industriezweig des Landes klimaneutral zu werden und profitiert dabei auch von einer mehrjährigen Forschungskooperation mit dem renommierten Austrian Institute of Technology (AIT). „Die Österreichische Papierindustrie hat einen konsequenten Weg der Dekarbonisierung eingeschlagen und macht auf ihrem Weg zur Klimaneutralität große Fortschritte. Durch unser gemeinsames Forschungsprojekt DekarPIO wird die Branche in der Lage sein, zusätzliche Potentiale zu identifizieren und die Emissionen weiter zu minimieren,“ erklärt Veronika Wilk, Senior Research Engineer beim AIT. Im Rahmen des Projekts wurde ein Kalkulationswerkzeug vom AIT in Kooperation mit den Projektpartnern entwickelt. Das Tool gibt der österreichischen Papierindustrie die Möglichkeit, Maßnahmen zur Dekarbonisierung für die einzelnen Standorte qualitativ und quantitativ besser zu bewerten und somit effizient Emissionen reduzieren zu können.

Die Kooperation soll in Zukunft auch um das Thema Arbeitssicherheit erweitert werden. „Die auf KI und Augmented Reality basierenden Trainingsszenarien des AIT werden der Papierindustrie dabei helfen, in Zukunft noch mehr Sicherheit am Arbeitsplatz für unsere Mitarbeiter:innen zu gewährleisten,“ zeigt sich Zahlbruckner zuversichtlich und ergänzt: „Die Sicherheit der Menschen in den Betrieben steht für die 23 Austropapier-Mitglieder an oberster Stelle. Auch das ist ein wesentliches Merkmal unserer Branche als verlässliche und attraktive Arbeitgeberin.“

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