„Die Nummer 1 bei der Kundenwahrnehmung”
© Billa/Robert Harson
MARKETING & MEDIA Redaktion 19.04.2024

„Die Nummer 1 bei der Kundenwahrnehmung”

Marcel Haraszti skizziert bei einem Billa-Rundgang in Oberwaltersdorf die Modernisierungsstrategie der Rewe.

••• Von Paul Hafner

Sechs Monate hatten die Umbauarbeiten an der Billa-Filiale in Oberwaltersdorf bei Baden gedauert, die im Oktober des vergangenen Jahres feierlich wiedereröffnet worden war. Wiederum knapp sechs Monate später lud nun Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti gemeinsam mit Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf und Bürgermeisterin Natascha Matousek zum Lokalaugenschein in den seit 1997 bestehenden Markt, der im Zuge der Umbauarbeiten (Kostenpunkt: drei Mio. €) flächenmäßig deutlich vergrößert und rundumerneuert worden ist.

Nunmehr über eine Verkaufsfläche von 1.000 m² verfügend – laut Marktmanagerin Snjezana Zecevic „eine Verdopplung gegenüber vorher, auch was das Sortiment betrifft”, einhergehend mit einer Aufstockung des Marktteams von 18 auf 26 Mitarbeiter – macht der Billa seit seiner Wiedereröffnung um 60% mehr Umsatz; rund 1.000 Kunden pilgern täglich zu der Filiale. Neben einem deutlichen Ausbau des regionalen Sortiments auf 380 Produkte (darunter lokale Spezialitäten wie Kanzi Kaffee aus dem Nachbarort Trumau und Weine vom direkt in Oberwaltersdorf gelegenen Weingut Heinrich Hartl) und den üblichen Modernisierungsmaßnahmen im Ladenbau wird der Markt fortan CO2-neutral betrieben – und verfügt entsprechend über das anerkannte Greenpass-Zertifikat.

Nachhaltiges Investment

Zum „grünen Vorzeigemarkt” (Pernkopf) macht den Billa in Oberwaltersdorf eine Reihe an nachhaltigen Maßnahmen, allen voran die Installation einer großen Photovoltaik-Anlage am Dach sowie PV-Carports und E-Speicher, die künftig in Summe rund 224.000 kWh pro Jahr erzeugen und damit rund drei Viertel des Gesamtbedarfs des Markts versorgen sollen. Weiters wurden Baumbepflanzungen und Begrünungen im Umfeld des Markts veranlasst, die zusätzliche Wärmebelastungen im Sommer nachhaltig dämmen, und der Parkplatz punktet mit versickerungsoffener Ausführung.

„Wir haben im letzten Jahr österreichweit über 181 Millionen Euro in den Ausbau und die Modernisierungen unserer Billa- und Billa Plus-Standorte investiert; heuer sind es sogar rund 250 Millionen Euro”, hebt Haraszti beim Rundgang hervor. „Am Beispiel hier in Oberwaltersdorf zeigt sich, dass wir mit unseren Bemühungen genau an der richtigen Stelle ansetzen. Denn es handelt sich dabei um Investitionen ganz im Sinne des Klimaschutzes und der Wünsche unserer Kundinnen und Kunden, die sich eine ressourcenschonende, moderne Umgebung und ein Top-Service im Rahmen ihrer Einkäufe wünschen.”

„Gesundes Wachstum”

Mit dem Auto ist es eine gute Viertelstunde von der Rewe-Zentrale in Wiener Neudorf zum Billa in Oberwaltersdorf, den Haraszti als Exempel für das „klare Commitment zum Wirtschaftsstandort Niederösterreich” anführt. In die 284 Billa- und Billa Plus-Standorte des Bundeslandes flossen vergangenes Jahr 70 Mio. €. Bis Ende 2024 sollen österreichweit bereits 40 Märkte für ihre klimaschonende Bauweise ökologisch zertifiziert sein, gemäß Plan kommen allein aus Niederösterreich im Laufe des Jahres acht Standorte hinzu.

Mehr als einmal sprach Haraszti in den letzten Wochen vom „gesunden und nachhaltigen Wachstum”, dem man sich als Konzern verschrieben habe. Nicht weniger als 41 Billa-Märkte ließ die Rewe 2023 aufgrund mangelnder Rentabilität schließen, die Einkaufsflächen reduzierten sich dadurch um 1,6% – eine derart konsequente Reduktion habe es „noch nie” gegeben, und sie sei auch noch nicht abgeschlossen: 2024 sollen weitere 20 Filialen zusperren. Ein Bekenntnis zur wiederholt getätigten Ansage Harasztis, „die Nummer eins bei der Kundenwahrnehmung” über die Marktführerschaft zu stellen.

Umsatztreiber Eigenmarken

Apropos Marktanteile: Den Schließungen und der Teuerung zum Trotz legte die Rewe 2023 um 0,2% auf 33,9% zu. Zwar fällt das Umsatzplus von Billa/Billa Plus mit 8,8% den Erwartungen entsprechend schwächer aus als jenes von Penny (+11,0%), doch blickt Haraszti auf ein gelungenes (70.) Jubiläumsjahr für das wichtigste Zugpferd der Rewe Group zurück, in welchem man sich gegenüber dem Diskont-Mitbewerb wesentlich besser behauptet hat, als allgemein erwartet worden war – nicht zuletzt aufgrund der starken Performance der Eigenmarken: clever legte um 27% und Billa Bio um 18% im Umsatz zu; auch Ja! Natürlich verzeichnet mit zehn Prozent ein zweistelliges Wachstum. Innerhalb der letzten zehn Jahre stieg der Eigenmarkenanteil bei der Rewe von 22% auf 32%.

100 Billa-Kaufleute bis 2026

Darüber hinaus sei 2023 mit der „erfolgreichen Expansion unseres Kaufleutemodells auf mittlerweile zehn Standorte ein weiterer Meilenstein” erreicht worden. Der Rewe-Vorstand bekräftigte abermals das Ziel, bis 2026 bei 100 von selbstständigen Kaufleuten geführten Billa-Märkten zu stehen. „Das Kaufleutemodell ist tief in der DNA der Rewe Group verankert und stellt für uns einen wichtigen strategischen Pfeiler in Sachen Kundenorientierung dar. Mit diesem Konzept stehen wir als starker Partner an der Seite unserer Kaufleute, die in ihren Märkten mit maßgeschneiderten Angeboten das Bewusstsein für die Region und ihre Menschen stärken.”

Preissenkungen und Aktionen

Wenngleich man sich augenscheinlich nicht in einem Kampf um die Marktführung befinden will, hat Haraszti den restriktiveren Kurs bei den Aktionen angesichts der hohen Teuerung wieder verworfen: Jetzt sei „nicht der Moment, um Aktionen zu reduzieren”. Das Unternehmen habe die Preise von über 1.000 Artikeln gesenkt, das Sortiment der Billigmarke clever ausgebaut und biete Rabattpickerln 52 Wochen anstatt 40 Wochen im Jahr an. Der Aktionsanteil liege derzeit bei fast 39% – und damit deutlich über den zwölf bis 15% im Nachbarland Deutschland.

Diesbezüglich hatte Haraszti bereits in der Vorwoche gegenüber der APA neuerlich den Preismonitor der Arbeiterkammer kritisiert, weil dabei nur Lebensmittel-Kurantpreise zwischen Österreich und Deutschland verglichen würden; wenn man den hohen Aktionsanteil in Österreich mit einberechne, würden „die Kunden in Österreich sehr gut aussteigen”, ist Haraszti überzeugt.

Die Nummer 1 im E-Commerce

Ein klares Bekenntnis gibt es seitens Haraszti in Sachen E-Commerce: Zwar gebe es in absehbarer Zeit kein Potenzial, mit dem Lebensmittel-Onlinehandel Gewinn zu machen, aber es wäre „fatal”, diesen Vertriebsweg nicht anzubieten. In der Tat wurde das Sortiment des Billa-Onlineshops zwischen 2020 und Ende 2023 von 8.000 auf 12.000 Produkte ausgebaut. Besonders die Sortimentsbereiche Bio, vegan und glutenfrei wurden zuletzt deutlich erweitert. Auch bei den Lieferfenstern hat man merklich nachgebessert und bietet nun häufig Zustellmöglichkeiten deutlich unter 24 Stunden an.

Die wiederholten Kampfansagen von Mitbewerber gurkerl.at konnte Billa bisher locker wegstecken, gar warb man Anfang 2023 um deren gekündigte Mitarbeiter; mit einem Umsatz von 78 Mio. € schloss Billa 2023 als klarer Marktführer im heimischen Online-Lebensmittelhandel ab.

Kontra Sonntagsöffnung

Für ein breites Medienecho hatte Haraszti zuletzt mit seiner Forderung nach einer Ausweitung der maximalen Öffnungszeiten zwischen Montag und Samstag gesorgt: Das Kundenverhalten habe sich geändert, die gesetzliche Beschränkung auf 72 Stunden sei „sehr nostalgisch” – er plädiert für 80 Stunden. Neben Ablehnung seitens der Gewerkschaft gab es auch aus der Wirtschaftskammer kritische Stimmen – eine Liberalisierung der Öffnungszeiten scheint in Österreich gegenwärtig nicht mehrheitsfähig, und eine Debatte frühzeitig abgewürgt.

Die Sonntagsöffnung lehnt Haraszti, der seine Laufbahn bei der Rewe 2001 als Management-Trainee begann, indes ab: „Ich finde es richtig, dass man am Sonntag zu hat. Es ist der Tag der Familie.”

„Kein Interesse” an MPreis

Angesprochen auf die jüngst u.a. im Standard publizierten Gerüchte über einen potenziellen Einstieg der Rewe bei der Tiroler Lebensmittelkette MPreis, stellt Haraszti gegenüber media­net kurz und knapp klar: Man habe „kein Interesse”. Ebenso klar fällt Harasztis Bekenntnis zu Adeg aus, einer Marke, deren langfristige Zukunft im Zuge der Umstellung von Merkur auf Billa Plus 2021 mancherorts infrage gestellt worden war – die aber mit 26 neuen Adeg-gebrandeten Märkten in den letzten drei Jahren erstarkt ist und auch eine friedliche Koexistenz mit dem Billa-Kaufleutemodell zu führen scheint.

Erst kürzlich ist der Rewe diesbezüglich ein Coup gelungen: Mit Andreas Vorderegger konnte ein Kaufmann aus dem Mitbewerb verpflichtet werden, dessen zwei Märkte im Pinzgau nach dem Umbau nun als Adeg-Märkte firmieren.

Großer Umbau geht weiter

Was das laufende Jahr anbelangt, so steht dieses für Haraszti erneut vor allem im Zeichen der Modernisierung und Nachhaltigkeit: 82 Billa-Filialen und 30 Bipa-Standorte werden heuer umgebaut. Parallel zu den eingangs erwähnten Schließungen ist auch eine jeweils niedrige zweistellige Zahl an Neueröffnungen geplant. 2024 werde man als Rewe Group, gemeinsam mit den nunmehr über 47.000 Mitarbeitern, „alles daransetzen, den erfolgreichen Weg der letzten Jahre fortzusetzen”.

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