2023 brachte Trendwende am Automarkt
© panthermedia.net Alex Grichenko
2023 wurden in Österreich insgesamt 239.150 Pkw neu zum Verkehr zugelassen, das sind um elf Prozent mehr als 2022.
MOBILITY BUSINESS Jürgen Zacharias 19.01.2024

2023 brachte Trendwende am Automarkt

Statistik zeigt: Zum ersten Mal wurden 2023 mehr Autos mit Elektroantrieben als mit Dieselantrieb neu zum Verkehr zugelassen.

WIEN. 2023 brachte auf dem heimischen Automarkt eine Wende: Erstmals machen Fahrzeuge mit Hybrid- und reinem Elektroantrieb nahezu die Hälfte der Neuzulassungen aus. „Die Zukunft beim Pkw ist elektrisch“, meinte daher vor wenigen TAgen auch Autoimporteur-Sprecher Günther Kerle. Und Peter Laimer, Kfz-Experte der Statistik Austria, ergänzte: „Die Alternativen haben die Pkw-Zulassungen gerettet.“ Insgesamt wurden im Vorjahr 239.150 Pkw neu zugelassen, das sind um elf Prozent mehr als 2022.

47.621 der neu zugelassenen Autos waren reine Stromer, davon wurden fast 39.000 von Firmen zugelassen. Das entspricht im Vergleich zu 2022 einem Anstieg von 39,4 Prozent oder 13.456 Pkw. Es wurden erstmals mehr E-Autos als Autos mit Dieselantrieb neu zugelassen. Einen deutlichen Zuwachs gab es auch bei den Neuzulassungen von Pkw mit Hybridantrieb (Benzin-Hybrid: 52.967 und plus 30,1 Prozent beziehungsweise plus 12.263 Pkw; Diesel-Hybrid: 14.619 und plus 8,9 Prozent beziehungsweise plus 1.197 Pkw).

Erstaunliches zeigt sich beim Blick auf die Bundesländerstatistik: Das mit Abstand größte Plus bei den erstmaligen Zulassungen gab es in Wien mit beachtlichen 34 Prozent, es folgte Vorarlberg mit 16 Prozent. Nachbar Tirol hingegen gab sich mit einem Zuwachs von fünf Prozent zurückhaltend.

Stark rückläufig ist die Zahl der Autos mit weniger als 54 PS, hingegen gab es 2023 einen Zuwachs von 14 Prozent bei den Pkw mit über 171 PS. Schwer im Trend waren im Vorjahr die Minivans, Großraumvans hingegen rosteten vor sich hin. Nach Marken betrachtet gab es einen Boom bei Subaru, Skoda, Audi – übertroffen noch von Tesla. Die Marke von Elon Musk legte um 56 Prozent auf 8.417 Autos zu. Zum Vergleich: Marktführer VW kam auf 33.602. Meistverkaufter Neuwagen war der Skoda Octavia vor dem Tesla Y und dem VW Golf.

Insgesamt wurden 2023 laut Statistik Austria 341.409 Kraftfahrzeuge angemeldet, das war ein Zuwachs von 11,8 Prozent beziehungsweise 36.077 Fahrzeuge. Nach einem schwachen Jahr 2022 gab es im Vorjahr einen starken Zuwachs bei Sattelschleppern und Kleintransportern von über 30 Prozent. Bei den in Corona-Zeiten so beliebten Wohnmobilen gab es hingegen einen Einbruch von 21 Prozent. Bei Motorrädern lag das Plus bei acht Prozent, Motorfahrräder stagnierten, geht aus den vor wenigen Tagen präsentierten Zahlen der Statistik Austria hervor.

Bei den Gebrauchtauto-Zulassungen gab es ein leichtes Plus von 0,9 Prozent, insgesamt stagnierte der Kfz-Gebrauchtmarkt. 757.981 Gebrauchtautos wurden 2023 zugelassen, Kfz insgesamt waren es 954.250. In Summe gab es in Österreich zum Jahresende 5,185 Millionen Pkw, ein Zuwachs im Vergleich zu 2022 von 0,7 Prozent. Der komplette Kfz-Bestand beläuft sich auf 7,340 Millionen Fahrzeuge (plus 1 Prozent).

Zurück zum Automarkt, auf dem es trotz eines elfprozentigen Zulassungsplus nichts zum Lachen gebe. „Die Tendenz geht sehr stark nach unten, obwohl wir nun eine Steigerung haben. Wir sind weit entfernt von einem normalen Jahr, aber es ist der Abwärtstrend zumindest gestoppt“, meinte Kerle mit Blick auf den 10-Jahres Verlauf. Die Kaufzurückhaltung sei sowohl bei den Privat- wie den Firmenkunden bemerkbar. Außerdem beklagte der Sprecher der Automobilimporteure die Agitation einer „kleinen, aber lauten Minderheit“ gegen das Auto.

Bei der Pendlerpauschale, wo es seit langem Forderungen nach einer Überarbeitung gibt, kann sich Kerle eine soziale Staffelung nach Einkommen vorstellen – gleichzeitig müssten aber die Kilometersätze angehoben werden, denn diese würden nicht mehr der Realität entsprechen.

Klaus Edelsbrunner, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels, beobachtet, dass die Bestandsfahrzeuge länger behalten werden, was zumindest zu mehr Werkstättengeschäft führe. Eine Herausforderung sei auch dass immer mehr Autohersteller bei den Händlern auf ein Agenturmodell umsteigen würden, zuletzt Stellantis (Peugeot, Fiat, Opel). Die Händler verkaufen die Autos nun nicht mehr auf eigene Rechnung, sondern treten für den Hersteller als Agenten auf, die für ihre Leistungen Provisionen erhalten. Rund 4.400 Markenhändler gibt es in Österreich, hier ist laut Edelsbrunner gerade Dynamik im Markt weil chinesische Anbieter nun auch nach Österreich drängen würden. Stabil entwickelt habe sich der Anteil bei der Leasing- und Kreditfinanzierung.

Die eintägigen Tageszulassungen – eine klassische Marketingmaßnahme der Händler um zu einem attraktiveren Preis anzubieten und die Zulassungszahlen zu schönen – legten im Vorjahr um 56 Prozent zu, insbesondere zum Jahresende sahen sich die Verkäufer dazu genötigt (Dezember plus 233 Prozent).

Zum Ausblick für das heurige Autojahr meinte Kerle: „Die Gesamtsituation bleibt herausfordernd.“ Er rechnet mit einem ähnlichen Geschäftsjahr wie 2023. Übrigens: Auch heuer findet in Wien keine Automesse bei den Messen Wien statt. Die bisher letzte „Vienna-Auto-Show“ war 2020. Und auch die heimische Nutzfahrzeugbranche ist wenig optimistisch, deren Sprecher Franz Weinberger erwartet für heuer gleichbleibende bis sinkende Zulassungszahlen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL