Der Stromspeicher, der nach Vanille riecht
© Helmut Lunghammer/TU Graz
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 25.08.2023

Der Stromspeicher, der nach Vanille riecht

Ein umweltfreundlicher und dabei effizienter Stromspeicher soll mit Vanillin und Künstlicher Intelligenz entstehen.

••• Von Helga Krémer

Als „bahnbrechenden Erfolg im Bereich nachhaltiger Energiespeicher-Technologien” bezeichnete Stefan Spirk vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz im Jahr 2020 die Forschungsleistung, mit der es ihm und seinem Team gelungen war, Redox-Flow-Batterien umweltfreundlicher zu machen: Sie hatten die redoxaktiven Elemente der Batterie durch herkömmliches Vanillin ersetzt, womit keine kritischen bzw. umweltschädlichen Rohstoffe mehr benötigt wurden.

Mit dem neuartigen Speichermedium allein war es aber nicht getan. Mittlerweile arbeitet Spirk daran, einen Vanillin-Stromspeicher zu gestalten, der in seiner gesamten Zusammensetzung möglichst nachhaltig und dennoch effizient ist.
Einsatzgebiete des fertig entwickelten Speichers werden vor allem der industrielle Bereich und die Speicherung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien sein. Beteiligt an dem Forschungsprojekt mit dem Namen „VanillaFlow” sind weitere Institute der TU Graz und, unter anderen, das im Science Park Graz ansässige Start-up Ecolyte von Stefan Spirk.

Fokus auf Optimierung

Im Projekt VanillaFlow sollen sämtliche Komponenten und Prozesse des Speichers optimiert werden – neben den Vanillin-Verbindungen als Speichermedium auch die Membran, die Elektrode und die Steuerung. All dies unter Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Damit lassen sich laut Spirk in wesentlich kürzerer Zeit als bisher Vorhersagen für Modelle vielversprechender Vanillin-Verbindungen erstellen. Die aussichtsreichsten Modelle werden dann im Labor entwickelt und getestet, um so die ideale Zusammensetzung für die Speicherflüssigkeit zu finden.

Tuning an digitalem Zwilling

Um nicht vorab alle Iterationen an Speichermedium, Membran und Elektrode produzieren zu müssen, wird hier ebenfalls auf digitale Unterstützung zurückgegriffen. Mittels eines digitalen Zwillings können die einzelnen Komponenten im Voraus virtuell im Zusammenspiel getestet und überprüft werden.

Dabei wird auch gleich die Steuerung des Speichers weiterentwickelt, um auch dadurch den Betrieb zu optimieren. Eine dahinterliegende Künstliche Intelligenz verknüpft diese virtuellen Ergebnisse mit den VanillaFlow-Projektdaten. Darüber hinaus findet eine technoökonomische und ökologische Überprüfung statt, um sicherzustellen, dass der Speicher keine Toxizität aufweist und gesetzeskonform ist. Das soll gewährleisten, dass das fertige Produkt ungefährlich für Mensch und Umwelt ist.
Sobald ein erster Prototyp dieses durch KI mitdesignten Speichers fertig ist, ist seine Einbindung in das Netz der TU Graz geplant. Als Speicherleistung sind dafür maximal 10 kW vorgesehen, die Leistung sei aber je nach Bedarf skalierbar, so Spirk.

Wichtiges Puzzlestück

„Als wir vor rund drei Jahren Vanillin für die Nutzung in Redox-Flow-Batterien nutzbar gemacht haben, war uns klar, dass dies erst der Anfang auf dem Weg zu einem umweltfreundlichen und effizienten Stromspeicher für Anwender aus Industrie und Energieerzeugung war”, sagt Spirk. „Indem wir jetzt auf Basis dieses Speichermediums mithilfe von KI einen nachhaltigen Stromspeicher von A bis Z designen, testen und letztendlich auch fertigen, setzen wir den nächsten wichtigen Schritt. Wenn wir dann einen Speicher ohne schädliche Materialien, ohne seltene Rohstoffe, aber mit hoher Effizienz und Sicherheit für Mensch und Umwelt entwickelt haben, ist das ein wichtiges Puzzlestück für die weitere Dekarbonisierung des Energiesystems und der Industrie.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL