WIEN. Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) pocht auch nach der Veröffentlichung der Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission am Mittwoch auf die „Verzahnung der Rechtsstaatlichkeit und dem Budget der EU”. Die EU müsse „über Mechanismen verfügen, um die Einhaltung ihrer Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte sicherzustellen”, teilte Edtstadler in einer Aussendung mit.
Grundwerte erhalten
Den Bericht bezeichnete die Europaministerin als einen „wichtigen Schritt und eine Chance zur Einführung eines Instruments, das auf Basis gleicher Parameter die Rechtsstaatlichkeit messbar macht”. Weiters meinte Edtstadler: „Die Einhaltung rechtsstaatlicher Spielregeln und unserer Grundwerte durch alle EU-Mitgliedsstaaten ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.”
Michel Reimon, Europasprecher der Grünen im Nationalrat, sah in dem Bericht „klar, dass die Entwicklung in Ungarn ein großes Problem ist und in ihrer Dramatik einzigartig in der EU. Die Rechtsstaatlichkeit, die Medienfreiheit und damit auch die Demokratie sind bereits ernsthaft gefährdet.” Orbans Attacken auf Kommissarin Vera Jourová seien „inakzeptabel”.
Reimon thematisiert auch die Defizite, die die EU-Kommission in der Medienvielfalt feststellte: „Dazu gehört auch Österreichs stark konzentrierter Medienmarkt. Im Erhebungszeitraum wurden kritische Medien von der türkis-blauen Regierung teils gezielt von Informationen abgeschnitten; sie sollten auch finanziell an die Leine genommen werden”, so Reimon. „Inzwischen gibt es öffentliche Förderung auch für rein digitale Medien. Die derzeitigen Informationskampagnen zu Corona in reichweitenstarken Medien sollten aber durch stärkere Förderungen für Qualitätsmedien und den nichtkommerziellen Rundfunk ergänzt werden.”
Geld und Medien
Die österreichischen EU-Abgeordneten bewerteten den Bericht über die Lage der Rechtsstaatlichkeit in allen 27 EU-Staaten grundsätzlich als positiv. Othmar Karas (ÖVP), Vizepräsident des Europäischen Parlaments, erklärte am Mittwoch auf Twitter: „Der #RuleOfLaw-Report richtet den Scheinwerfer auf die richtigen Bereiche – unabhängige Justiz, Korruptionsbekämpfung, Pressefreiheit sowie mehr Kontrolle.”
Der Bericht dürfe jetzt aber nicht in der Schublade verschwinden, „er muss in allen Mitgliedsstaaten diskutiert werden”, so Karas. ÖVP-Europaabgeordneter Lukas Mandl ergänzte: „Der Bericht der Kommission wirft entscheidende Fragen auf und zeigt Verbesserungspotenzial auf. Das ist eine gute Grundlage für die Behandlung im Europa-Parlament”, so der Politiker in einer Aussendung. „Großes Verbesserungspotenzial gibt es aber in etwa einem Viertel der Mitgliedsstaaten.”
Orban im Fokus
SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath zeigte sich ebenfalls erfreut über die Berichte zur Lage der Rechtsstaatlichkeit: „Rechtsstaatlichkeit ist einer der Grundpfeiler unserer europäischen Demokratie – und diese gilt es konsequent gegen autoritäre Entwicklungen zu stärken. Es ist eine wichtige Entscheidung der EU-Kommission, die rechtsstaatliche Lage in allen EU-Ländern breit und fundiert zu beleuchten.”
Die grüne Delegationsleiterin im EU-Parlament, Monika Vana, erklärte, dass die EU-Kommission einige Rechtsstaatsdefizite in den EU-Mitgliedsstaaten „klar benannt” habe. „Die EU-Kommission muss alle Rechtswege nutzen, um Rechtsstaatlichkeit in der EU durchzusetzen. Die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die LGBTIQ-freien Zonen in Polen ist überfällig.” (red)