••• Von Paul Hafner
Die Teuerungswelle betrifft Europa in ganz unterschiedlichem Maße. Mit offiziellen Inflationsraten zwischen 21 und 22% ist das Baltikum (Estland, Lettland, Litauen) am dramatischsten betroffen, doch auch die Niederlande, Polen und Tschechien lagen zuletzt jenseits der 15%. Mit 10,6% (Schnellschätzung für November) findet sich Österreich im europäischen Mittelfeld bzw. knapp über dem Schnitt der Eurozone (10,0%) wieder.
So unterschiedlich die Teuerungsraten der europäischen Staaten auch sind – allein in der Schweiz (3,0%) liegt sie dank geringerer Abhängigkeit von Gas und Strom und starkem Schweizer Franken halbwegs in der Nähe der angepeilten zwei Prozent –, so sehr ähneln sich die Auswirkungen auf das Kaufverhalten ihrer Bürger. Das Wiener Focus Institut hat im Rahmen einer Konsumentenbefragung mit rund 10.000 Teilnehmern aus 17 europäischen Ländern Trends im Einkaufsverhalten und diverse Einstellungen abgefragt.
Weniger Fleisch
Stark geändert haben sich demnach die Einkaufsgewohnheiten innerhalb der Kategorie der Fleisch- und Wurstwaren. Jeder zweite österreichische Proband gibt an, dass künftig mehr Aktionsware bzw. Eigenmarken aufgrund der Preissteigerung konsumiert werden. Ein Drittel der Befragten möchte überhaupt den Konsum von Fleisch- und Wurstwaren reduzieren. Und konkret gibt gerade einmal jeder dritte der Konsumenten an, sein Einkaufsverhalten beizubehalten.
Dieser Trend ist in allen abgefragten europäischen Ländern sichtbar, wobei in einzelnen Staaten die Marke der „Konsum-Reduzierer” für Fleisch/Wurstwaren sogar die 40%-Hürde übertrifft – darunter Frankreich, Griechenland und Serbien; freilich spielen hier auch der Boom von Fleischersatzprodukten und das stetig wachsende Nachhaltigkeitsbewusstsein mit hinein, doch der Trend zum Aktionskauf (Spitzenreiter ist Slowenien mit 32%) und Eigenmarkenkauf (26% in Deutschland) sowie eine internationale und kategorienunabhängige Tendenz zum Diskontkauf legen nahe, dass der Sparwunsch die dominierende Triebfeder ist.
Inflationärer Pessimismus
Auch die Einschätzung zur Dauer der Inflation fällt europaweit ähnlich aus: Zumindest jeder Zweite gibt in den befragten Ländern an, dass die Preiserhöhungen zumindest während des gesamten nächsten Jahres anhalten werden. In Portugal ist dieser Wert mit 75% am stärksten ausgeprägt; damit, dass die Preiserhöhungen schon „bald aufhören” werden, rechnen im EU-Schnitt – wie in Österreich – bloß sieben Prozent.
Damit liegen die Probanden auf einer Linie mit den Experten. Laut aktueller Einschätzung von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr wird das kommende Jahr von einer „Stagflation” – einem Einhergehen von wirtschaftlicher Stagnation und anhaltender Inflation – geprägt sein. Auch die jüngste Inflationsprognose der Europäischen Kommission sieht für viele europäische Staaten auch für 2024 noch Ganzjahresinflationsraten von deutlich über den anvisierten zwei Prozent – für die 27 EU-Länder sagt sie rund drei Prozent voraus, in Österreich wird mit 3,3% gerechnet.
Diskrepanzen im Online-LEH
Kein einheitliches Bild zeigt sich bei der ebenfalls im Rahmen der Studie abgefragten Nutzung von Onlineshops im Lebensmittelhandel. Innerhalb der Altersgruppen gibt es deutliche Unterschiede. So sind es gerade die Jüngeren, die mittlerweile sehr oft auf diese Option des Einkaufens zurückgreifen.
In Österreich ist der Anteil jener, die oft bzw. häufiger die Einkäufe in Online-Supermärkten tätigen, mit kumulierten 18% (siehe Grafik) noch verhältnismäßig niedrig: Im Vergleich zu den anderen abgefragten Ländern liegt der Anteil der Online-Supermarkt-Einkäufer in Österreich auf dem vorletzten Platz. Ganz anders zeigt sich die Situation vor allem in Spanien – bereits mehr als 40% tätigen oft bzw. öfter ihre Supermarkt-Einkäufe online.