Corona-Impfstoff schon jetzt Milliardengeschäft
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HEALTH ECONOMY Redaktion 20.08.2020

Corona-Impfstoff schon jetzt Milliardengeschäft

Firmen und Staaten haben die Suche nach einer Impfung zu einem milliardenschweren Wettlauf gemacht.

••• Von Martin Rümmele

Noch nie in der Geschichte wurde mit so einem Aufwand Pharmaforschung betrieben wie derzeit im Hinblick auf Therapien beziehungsweise eine Impfung gegen Corona. Derzeit sind über 170 Projekte zum Impfstoffkandidaten im Laufen, 28 davon befinden sich laut Weltgesundheitsorganisation WHO in klinischer Entwicklung. Zuletzt sorgte Russland mit der Ankündigung, dass man einen Impfstoff zugelassen habe, international für Aufsehen – vor allem weil die aufwendigen und teuren Massentest der dritten klinischen Studien fehlen.

Milliarden für Forschung
Hauptprobleme sind derzeit die Zeit und das Geld: Für den Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie fehlt nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Geld. Es würden mehr als umgerechnet 84,62 Mrd. € allein für die Impfstoffe benötigt, man habe bisher nur zehn Prozent erreicht, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Gleichzeitig gibt es ein Wettrennen der wirtschaftlichen Großmächte um eine möglichst rasche Zuteilung eines potenziellen Impfstoffs.
Nach den USA hat sich zuletzt auch die EU-Kommission Hunderte Millionen von Impfstoffdosen mit Vorverträgen gesichert. Mit einem entsprechenden Rahmenvertrag mit dem Pharmaunternehmen AstraZeneca hat sich die EU zuletzt 300 Mio. Dosen mit der Option auf weitere 100 Mio. gesichert. Der Impfstoff könne sowohl den EU-Staaten als auch anderen europäischen Ländern sowie weniger wohlhabenden Ländern anderswo in der Welt zur Verfügung stehen, hieß es. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach vom „ersten Grundpfeiler“ einer europäischen Impfstoffstrategie. „Diese Strategie wird es uns ermöglichen, Europäer sowie unsere Partner anderswo in der Welt mit künftigen Vakzinen zu versorgen.“ Wichtigster Punkt sind Vorverträge und Abnahmegarantien, um sich Zugriff auf ausreichende Mengen der Mittel zu sichern, die noch in der Entwicklung sind. So sollen Herstellungskapazitäten aufgebaut werden – obwohl die Hersteller noch nicht sicher sind, dass ihre Mittel wirklich funktionieren.

Die EU-Kommission betonte außerdem, dass ähnliche Verträge mit weiteren Unternehmen verhandelt würden. Auch Vorgespräche für einen Rahmenvertrag mit Janssen Pharmaceutica für den Kauf von 200 Mio. Dosen sowie einem Vorkaufsrecht für weitere 200 Mio. wurden abgeschlossen; mit einem Joint Venture von Sanofi und GSK waren bereits ähnliche Vorgespräche abgeschlossen worden. Dabei ging es um den Kauf von 300 Mio. Dosen. Finanziert werden sollen die Geschäfte über ein im Kampf gegen die Coronakrise geschaffenes Soforthilfeinstrument.

Suche nach Therapien
Gleichzeitig läuft auch die Suche nach Medikamenten. Am Dienstag gab der auch in Österreich stark vertretene deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim bekannt, gemeinsam mit über 30 weiteren Firmen und Forschungseinrichtungen die Suche nach einem Medikament gegen die durch das Coronavirus verursachte Krankheit Covid-19 zu beschleunigen. Das Unternehmen leitet demnach die Arbeiten zur Entwicklung sogenannter virusneutralisierender Antikörper. Insgesamt gehören dem auf fünf Jahre angelegten Konsortium CARE (Corona Accelerated R&D in Europe) 37 Mitglieder aus der EU, China, Großbritannien, der Schweiz und den USA an.
Ein Schwerpunkt der Forschung soll auf der Entwicklung von Antikörpern liegen, die das Virus neutralisieren, sowie auf kleinen Molekülen, die direkt gegen die Erreger wirken sollen. Bei den Antikörpern würde es sich um eine Art passive Impfung handeln. Erforscht werden soll auch, ob sich bereits vorhandene Produkte und Medikamentenkandidaten gegen Covid-19 umfunktionieren lassen. Das Forschungsnetzwerk wird mit 77,7 Mio. € aus Mitteln der EU sowie mit Geld- und Sachbeiträgen aus der Pharmabranche unterstützt.

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