Obst und Gemüse sind Antreiber in Sachen Bio
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RETAIL Redaktion 21.06.2024

Obst und Gemüse sind Antreiber in Sachen Bio

Es gibt nach wie vor viel Potenzial im Bio-Bereich. Ein medianet-Rundruf zeigt, was hier noch passieren sollte.

••• Von Georg Sohler

Im vergangenen Jahr wurden elf Prozent der Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel mit Bio-Lebensmitteln erwirtschaftet. Das zeigen die Daten aus dem RollAMA-Haushaltspanel. Generell berichten fast zwei Drittel aller Konsumentinnen und Konsumenten, dass sie täglich zu Obst greifen. Bio Austria erklärt auf medianet-Anfrage, dass Obst und Gemüse vermehrt konsumiert werde, was sich wiederum positiv auf den gesamten Bio-Bereich auswirke. Susanne Maier von der Bio Austria-Geschäftsführung skizziert die Vorteile: „Biobauern leisten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Der Verzicht auf fossile Ressourcen für chemisch-synthetische Dünge- und Spritzmittel ist dabei ein wichtiger Baustein. Zusätzlich zu den Vorteilen für die eigene Gesundheit ist auch Tierwohl, Biodiversität, Bodenschutz und Wasserschutz immer mehr Konsumenten wichtig.”

Einen großen Anteil hat daran eben die Warengruppe Obst und Gemüse. Barbara Köcher-Schulz, Marketingmanagerin für Bio bei der AMA-Marketing, unterfüttert dies mit Zahlen: „Hier erreichten die Bio-Anteile an den Umsätzen 2023 sogar 16,2 bzw. 22,7 Prozent, die Konsumenten greifen in diesen Warengruppen also überdurchschnittlich häufig zur Bio-Variante.” Das Angebot, so Land schafft Leben-Gründer Hannes Royer, richte sich auch in diesem Bereich nach der Nachfrage. Er mahnt aber auch ein: „In Österreich haben wir jedoch die Situation, dass wir deutlich weniger oft zu Bio greifen, als wir es aus Angebotssicht könnten.” Mehr als ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche wird biologisch bewirtschaftet, „damit sind wir Vizeweltmeister.” Beim Lebensmittelkonsum spiele Bio mit den oben genannten elf Prozent aber eine deutlich kleinere Rolle, wobei hier zusätzlich importierte Bio-Lebensmittel miteingerechnet sind.

Ist die Teuerung schuld?

Insgesamt geben die Haushalte etwas mehr zehn Prozent des Nettoeinkommens für Lebensmittel aus. „Bei vielen Menschen sind die Ausgaben für Lebensmittel eine Frage der Priorisierung”, sagt Köcher-Schulz. Die Verwendung von Bio habe sich in den vergangenen Jahren nach Häufigkeit und Intensität erweitert, sie sei „mittlerweile gesellschaftlich so gut verankert ist, dass direkte Ablehnung von Bio nicht mehr geäußert werden kann, auch wenn man sich selbst nicht als Bio-Käufer deklariert”.

Royer berichtet weiters, dass die Nachfrage nach Bio 2023 allgemein erstmals gesunken ist, aber mit Ausnahme von Bio-Obst und -Gemüse: „Die Nachfrage nach Bio-Gemüse ist gleich geblieben, bei Obst gab es sogar einen leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Trotz Teuerung griffen die Menschen also nach wie vor zu Bio-Obst und -Gemüse. Das zeigt, welchen Stellenwert Bio beim Kauf von Obst und Gemüse hat.” Das bedeutet, der Bio-Umsatz bleibt trotz des schwierigen Marktumfelds aufgrund der hohen Inflation auf gutem Niveau und hat sich auch in der schwierigen Situation der allgemeinen Teuerung als krisenfest erwiesen. Royer wiederum hält fest: „Bio-Lebensmittel sind verhältnismäßig weniger stark teurer geworden als konventionelle Lebensmittel. Generell merkt man aber, dass der Absatz von Bio-Lebensmitteln im Allgemeinen dennoch stagniert beziehungsweise leicht rückläufig ist.”

Stabiles Angebot

Der Zugang zu Bio habe in den letzten zehn Jahren dennoch entscheidende Veränderungen erfahren, vor allem sei Fleisch als wichtige Kategorie dazugekommen. Hintergründe sind die vermehrte Aufmerksamkeit auf nachhaltige Landwirtschaft sowie der Wunsch nach artgerechter Tierhaltung und einem ressourcenschonenden Umgang mit den Böden. Darüber hinaus wachse eine junge Generation heran, deren Wertesystem stark vom Gedanken der Nachhaltigkeit geprägt ist und von Lebensmitteln mit Mehrwert. So viel zur Theorie – wie sieht es in der Praxis aus?

Auf medianet-Anfrage an den LEH äußerten sich passenderweise mit Lidl und Hofer zwei Diskonter. Das ist spannend, da Menschen, die weniger von Teuerung betroffen sind, wohl weiterhin in normalen Supermärkten einkaufen werden; wer sich finanziell schwerer tut, geht vermutlich eher zum Diskonter. „Bio ist bei Lebensmitteln nach wie vor ein wichtiges und wachsendes Segment. Auch bei Bio-Obst und -Gemüse ist die Nachfrage stabil. Bereits ca. 25 Prozent unseres Obst- und Gemüsesortiments stammen aus biologischem Anbau, dieses Angebot werden wir in Zukunft auch weiter ausbauen”, lässt Lidl wissen.
Hofer bietet rund 30% des Obst- und Gemüsesortiments in Bio-Qualität an: „Im Bereich Bio-Obst und -Gemüse sind wir mit unserer Nachfrage sehr zufrieden, der Absatz hält sich stabil und weist in den letzten Jahren einen Aufwärtstrend vor. Speziell unsere beiden Eigenmarken ‚Zurück zum Ursprung' und ‚Bio Natura' entwickeln sich ausgesprochen positiv.” Gerade weil Bio so wichtig sei, adaptiere man das Sortiment auch regelmäßig. Des Weiteren führt Hofer immer wieder saisonale Artikel und Spezialitäten, beispielsweise im Obst- und Gemüsebereich – wie etwa Mini-Wassermelonen oder Tomatenraritäten. Lidl hält allerdings fest, dass die Marktpreise durchaus dynamisch sind und logischerweise von der Ernte abhängig.

Konsument muss mitziehen

Bio sei in Österreich gut verankert, Lidl weiß auch: „Was man beobachten kann – je geringer der Preisunterschied zwischen konventionell und Bio ist, umso häufiger wird zu Bio gegriffen.” Aus Lidl-Sicht könnte man „mehr Anreize schaffen, um neue Betriebe in die biologische Landwirtschaft zu bringen und das Thema Bio generell durch mehr Öffentlichkeitsarbeit über Verbände und Interessenverbände in der breiten Öffentlichkeit zu stärken”. Der Ball wird also zurückgespielt.

Köcher-Schulz meint, man müsse auf mehreren Ebenen ansetzen, „damit das Angebot und Nachfrage harmonisch wachsen”. Auf landwirtschaftlicher Ebene könnten beispielsweise Formalismen entbürokratisiert werden. Im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung müssen Bio-Anteile eingehalten bzw. weiter erhöht werden: „Hier liegt mengenmäßig ein enormer Hebel.”
Dann müsse natürlich das Interesse und die Nachfrage nach Bio angekurbelt werden – mit Werbemaßnahmen und Informationsvermittlung bis zur Ernährungsbildung sollte schon bei Kindern der Nutzen der Umweltleistungen von Bio für die Gesellschaft vermittelt werden. Bleibt am Ende noch eins übrig, wie Royer abschließend festhält: „Die biologische Landwirtschaft auszubauen, macht nur dann Sinn, wenn sich auch unser Konsum verändert.”

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