••• Von Christian Novacek
Die Spar ist in Österreich um fünf Prozent klar über der Inflation gewachsen. Ursachen für die gute Performance mögen bestens motivierte Mitarbeiter und engagierte Kaufleute sein. Oder ein Image, wo sich Preis und Qualität an der richtigen Stelle treffen. Einige Annahmen, die sich nett formulieren lassen, mögen das Setting ergänzen.
Aber das Rückgrat jeden Erfolges, ohne das gar nichts geht, ist klar das Sortiment. Wie dieses zustande kommt und warum Spar-Eigenmarken darin eine dermaßen tragende Rolle spielen – darüber berichtete Spar-Vorstand Markus Kaser im kürzlich zum zweiten Mal stattgefundenen Format „Spar Foodsalon”.
„Lebensmittel stehen für die innovativste Branche überhaupt”, stellt Kaser ein Axiom mit Möglichkeiten in den Raum. Leider besteht ein Teil dieser Möglichkeiten derzeit aus Störfaktoren: explodierende Rohstoffpreise bei Kaffee und Kakao, nicht zuletzt anhand übermäßiger Spekulation; überbordende Regularien, etwa Lieferkettengesetz und in Summe „hundert Gesetze ante portas für viele Dinge die bald gelten sollen, wo es aber noch noch keinen Gesetzestext gibt, auf dessen Basis man arbeiten könnte”, so Kaser.
Das alles korrespondiert ungünstig mit der Verunsicherung der Konsumenten, die sich unter dem schlagkräftigen Titel „Alles wird teurer!” zusammenfassen lässt. Allerdings: Schon der lässt sich in der Grundtendenz auf den Lebensmittelhandel nicht wirklich anwenden – jedenfalls nicht im Verbund mit der Inflationsrate. Bei einer Inflation von zuletzt 2,9% belief sich die Inflation bei Lebensmitteln nämlich nur auf 2,1%. Somit stellt Kaser gerne klar: „Der Lebensmittelhandel war kein Inflationstreiber, wir sind nicht der große Profiteur!”
Verschiedene Welten
Der sicher nicht auf den letzten Kommastrich zutreffende Vergleich macht hier dennoch sicher: Die Gewinnmargen im LEH belaufen sich auf rund zwei Prozent – jene der großen Konzerne beginnen eher erst ab 15% interessant zu werden. Wenn man miteinbezieht, dass die Händler gern und viel in Österreich investieren (etwa: Standortdichte), während die Konzerne sich auch sehr gut darauf verstehen, hier Geld herauszuholen – dann steht man unter einem windschiefen Dach, wo es gilt, mit besonderem Augenmerk auf Kundenvorlieben die Balance zu halten.
Das sehr gute Mittel für diese Balance lautet auf Eigenmarken. Es gibt 40 Spar-Eigenmarken, quer durch das Gefilde (Food, Non-Food) stehen sie für 10.000 Artikel. Auf 45% beläuft sich ihr Umsatzanteil, über alle Spar-Länder hinweg ergibt das einen Erlös von 6,6 Mrd. €.
Eigenmarkenpolitik
„Wir haben bei unseren Eigenmarken keine lineare Entwicklung”, betont Kaser, und es gebe auch Jahre, „wo wir mit dem Eigenmarkenanteil nur um 0,5 Prozent wachsen.” Somit gibt es kein Ziel, was die Prozente betrifft, sehr wohl aber eine langfristige Ausrichtung. Die Wachstumskaiser zurzeit lauten auf: Spar S-Budget (+8,5%), Spar Veggie (+12,7%), Spar Premium (+11,2%). Die schon sehr lang (17 Jahre) andauernde Erfolgssträhne mit Spar S-Budget kommentiert der Spar-Vorstand wie folgt: „Die Leute wollen einfach nicht so viel Geld ausgeben. Sparen hat auch etwas mit Respekt zu tun!” Spar tut dem Respekt dem Kunden und dem Lebensmittel gegenüber Genüge – zum einen nicht zuletzt strategisch bedingt: Man musste den Diskontern etwas entgegensetzen. Erfolgreich laut Kaser, denn: „Bei uns können sie heute blind sparen!”
Zum anderen hat man mit Spar Premium auch dem Umstand, dass sich viele Konsumenten gerne fokussiert etwas gönnen, erfolgreich entsprochen. Mit rund 400 Artikeln bietet Spar Premium den Luxus für jeden Tag.
Internationaler Kochtopf
Ein Zeichen dafür, dass man Kundenbedürfnisse aktuell im Fokus hat, ist eine Umfrage von Marketagent, die Spar beauftragt hat. Demnach lauten die Lieblingsküchen der Österreicher auf Hausmannskost, gefolgt von italienischen und asiatischen Gerichten. Bemerkenswert: Auch bei den internationalen Rezeptem mischen zusehends die regionalen Produzenten mit.
Der italophile Aspekt ist bei Spar schon lange gut aufgehoben: Spar Premium gibt sich gern original italienisch, „da finden sie vorne auf der Verpackung kein einziges deutsches Wort”, so Kaser.
44% der Konsumenten mögen die asiatische Küche. Asiatische Produkte bilden bei den Spar-Eigenmarken indes keine geschlossene Abteilung – sie mäandern über viele Sortimentsbereiche hinweg. Allerdings mit – wie sich herausstellte – einer Schwäche im mittleren Bereich. „Dort werden wir ehebaldigst 50 bis 60 Produkte launchen”, so Kaser.
Nahe dem asiatischen Food-Trend hat sich der etwas despektierliche Begriff „Yoga Food” verfestigt. Darunter versteht man vereinfacht Produkte, die in der Lage sind, dem Körper Gutes zu tun. Spar reüssiert hier am ehesten mit Spar Veggie, das zuletzt mit 12,7% Zuwachs das stärkste Wachstum für sich verzeichnen konnte.
Essen als Sinnfrage
Dem Yoga Food wie auch dem Sinnspruch „Ich beschäftige mich mit dem, was ich esse!” nahestehend ist weiters der Umstand, dass Verbraucher zusehends auf die Inhaltsstoffe der Lebensmittel achten, die sie zu sich nehmen. Laut Marketagent-Umfrage zu den Zusatzstoffen ist die Existenz von Geschmacksverstärkern wie Glutamat 83,3% der 1.067 repräsentativ Befragten bewusst. Konservierungsstoffe sind zu 82,5 und Aromastoffe zu 81,3% bekannt. Bei Emulgatoren und Stabilisatoren (68,5%) und Farbstoffen (59,2%) ist die Aufmerksamkeit dann doch merklich nachlassend.
Spar ist dem Interesse an Inhaltstoffen nachgekommen – erstens mit dem de facto erfüllten Bestreben, eigene Produkte Aspartam-frei zu machen und zweitens mit dem neuen Siegel „einfach ohne”. Das „Ohne” bezieht sich auf Aromen, Zusatz- und Farbstoffe, Geschmacksverstärker – ein Produkt muss mindestens zwei Mal „ohne” auskommen, maximal „ohne” sind dann vier Stationen. Kaser: „Wenn kein großer Schritt möglich ist, machen wir eben mehrere kleinere.” Und, resümierend: „Neue Technologien helfen heute sehr gut, Zusatzstoffe zu vermeiden.”
Ein etwas schwieriger zu beackerndes Thema ist Bio. Natur*pur legte einst (vor 30 Jahren) einen leicht holprigen Start hin – damals war das Thema frisch aus der Nische gehüpft und es war ihm noch etwas Verrücktes, geschmacklich Verschobenes anheim.
Der große Bio-Boom
Die Dinge haben sich gewandelt. Der große Push kam, als Bio anfing, gut zu schmecken. Heute ist bei Bio die Nachfrage hoch und ebenso hoch ist die Nachfrage nach Bio-Produzenten. „Wir müssen die landwirtschaftlichen Produzenten motivieren, dass sie Bio produzieren”, berichtet Kaser unter Hinweis auf ein notwendiges „stärkeres Lobbying”.
Bei rund 6.000 Bio-Artikeln laufen derzeit rund 1.300 unter Natur*pur – Spar stellt damit (laut eigener Angabe) den stärksten Bio-Artikel Österreichs – ein Umstand, der auch der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass Rewe seinen Bio-Anteil mittels Billa Bio diversifiziert hat.