Bernhard Glück: Wie der Saibling zum Glück kam
© Ja! Natürlich/Christian Dusek
RETAIL Redaktion 11.04.2025

Bernhard Glück: Wie der Saibling zum Glück kam

Der oberösterreichische Aquafarmer züchtet Saiblinge in Bio-Qualität als Ja! Natürlich Bio-Frischfische.

WIEN. Die über 2.200 Meter hohen Gipfel des Gesäuses bilden die Kulisse für die Bio-Saibling-Teiche in der Nähe von St. Gallen. Knapp drei Stunden von Wien entfernt schwimmen hier tausende Saiblinge in glasklarem Wasser, wachsen und gedeihen; bis sie für Ja! Natürlich in den Rewe-Supermärkten landen.
Fisch ist ein Wachstumsmarkt, wie Geschäftsführerin Klaudia Atzmüller beim Medientermin ausführen wird. 2023 aßen die Österreicher 7,8 kg
Fisch und Meeresfrüchte; ein Anstieg von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil von Bio-Frischfisch stieg um 14%, insgesamt verbucht Rewe 32% Bio-Anteil. Über den gesamten Süßwasserfisch-Bereich beträgt der Bio-Anteil fünf bis sechs Prozent. Fisch aus konventioneller Produktion wuchs übrigens geringer, nur um 3,4%. Auch wenn der Selbstversorgungsgrad bei Fisch nur bei rund sieben Prozent liegt, sind das gute Zahlen; vor allem, wenn man sich den sinkenden Fleischkonsum ansieht. Beim Fisch wird der Konsum wohl noch zunehmen. Laut einer Marketmind-Umfrage bezeichnen sich zudem unter den 18- bis 25-Jährigen zehn Prozent als Pescetarier. Kurzum: Fisch liegt im Trend und ist weiter im Kommen. Diese Entwicklung spüren auch heimische Fischzüchter wie die Familie Glück, die seit Generationen in der Branche tätig ist.

Vom Tisch zum Fisch
Wie aber kam es dazu, dass eine oberösterreichische Familie an diesem malerischen Ort Fische in Bio-Qualität produziert? Der Ausgangspunkt liegt viele Jahrzehnte zurück: „Der Opa war gelernter Tischler und hat sich 1959 sehr für Fische interessiert“, erzählt Bernhard Glück, der das Unternehmen in nun dritter Generation führt. „Er hat dann zuerst zwei kleine Teiche gepachtet, aber immer nach neuen Standorten gesucht; in Steyr hat er eine alte Mühle gefunden und den Betrieb dann gegründet.“ Die ersten Auslieferungen an die Gasthäuser in der Region erledigte Opa Glück noch mit dem Motorrad.
Der Alltag ist aus Sicht von Bernhard dann mit jenem eines „normalen“ Viehbauern zu vergleichen, es sei gewissermaßen ein „Kuhstall unter Wasser“, was die Arbeitsintensität betrifft: „Du musst täglich schauen, wie es ihnen geht und sie natürlich füttern, bei den Jungfischen muss jeden Tag gereinigt werden, damit sie gesund bleiben – ein 365-Tage-im-Jahr-Job; es ist ein Lebensstil und wenn du das nicht magst, bist du am falschen Platz. Wir haben es in den Genen.“

Ja! Natürlich kommt ins Spiel
Die Glücks betreiben mittlerweile sieben Fischzuchten in vier Bundesländern – von Kärnten bis nach Oberösterreich. Hier im Gesäuse kümmert sich die Familie Wimberger um den täglichen Betrieb, die „operative Arbeit“, wie es Seniorchef Erwin Glück nennt. Diese haben mehrere Kühe am altehrwürdigen, bis in die 70er-Jahre auch als Wirtshaus geführten Hof – und mit der Fischzucht eine gute Möglichkeit, die Wirtschaft weiterzubetreiben.

Damit beide Familien aber seit 15 Jahren Fisch in Bio-Qualität herstellen können und Tierhaltung zum Anfassen ermöglichen – sofern man es schaffen würde, eines der glitschigen Tiere zu fangen – brauchte es dann den Zufall und den Willen. Denn Fischzucht ist nicht gleich Fischzucht – insbesondere, wenn es um Bio-Qualität geht. Da war einerseits die Rewe-Marke. Andreas Steidl, Geschäftsführer von Ja! Natürlich, erinnert sich zurück: „Als wir vor 15 Jahren das erste Mal zusammengekommen sind, haben wir erst gerade den Karpfen als Bio hergestellt.“

„Bioniere“
Als nächsten Schritt vor mehr als eineinhalb Jahrzehnten wollte man sich einem heimischen Süßwasserfisch widmen, beispielsweise dem Saibling. Eine große Rolle dabei spielt Hubert Bernegger, der mit seiner Firma Eisvogel seit 1963 Fische veredelt. Bernegger hatte schon zuvor die Fische der Glücks weiterverarbeitet und machte Steidl auf die Fischzucht am Rande des Nationalparks aufmerksam. Einen Anruf und eine Autofahrt später betrat er in einem Sommer die Anlage: „Da wussten wir, dass hier Qualitätsprodukte entstehen können. Die Qualität des Wassers ist sehr hoch und genau das macht die Güte des Fischs aus. Das Kühle ist für den Saibling schlichtweg ideal.“ Steidl und das Team hatten eben die Ideen – und viel Ehrfurcht vor der Produktion auf der anderen Seite. Erwin Glück: „Als ich in Molln Fisch angeliefert habe, saß da Andreas Steidl, das Bild habe ich heute noch vor mir. Er sagte, er brauche Bio-Fische und ich meinte: Probieren wir es in zwei Teichen in der Steiermark. So ist die Bio-Fischzucht entstanden.“ Die Marke und die Glücks sind sich einig: Der Firma Eisvogel hat man einiges zu verdanken. 2010 gab es schließlich den ersten Musterfisch, wie der anwesende Eisvogel-Boss einwirft: „Ich glaube nicht, dass alle wussten, worauf sie sich hier eingelassen haben. Es dauert, da auch die Eierproduktion, sprich die Muttertiere, in Bio-Qualität sein müssen.“

Großer Aufwand?
Ein gutes Stichwort. Denn Bio geht wirklich weit: Für die Zertifizierung muss alles zusammenpassen; vom Futter über die Muttertiere bis hin zum kristallklaren Wasser der Karstberge. Die Kontrollen sind umfangreich und engmaschig, mit konventioneller Zucht könnten die Glücks laut Eigenangaben 40% mehr Menge produzieren. Dieser Aufgabe muss man sich stellen, wie Seniorchef Erwin betont. Aber: „Daheim im Innviertel haben wir Hendl, Geiß, Hirsche, man muss es leben.“
Es scheint bekömmlich zu sein. Seine Eltern sind 90 Jahre und älter, erfreuen sich bester Gesundheit und helfen auch noch mit, so wie es eben geht. Wirtschaftlich scheint es sich auszuzahlen, mehrere Fischteiche erhalten sich nicht von selbst. Dazu braucht es – das betonen alle – die langjährige Partnerschaft. Doch wie viel Ertrag bringen die Teiche wirklich?

Vom Teich ins Geschäft
Um den Fisch vom Laich ins Geschäft zu bringen, dauert es rund zweieinhalb Jahre. Pro Jahr fischt Bernhard Glück etwa 200.000 Fische ab, zwischen stabil 32 und 42 t Fisch sind das. „Die Zahl variiert, weil die Befruchtung nicht jedes Jahr gleich stark funktioniert. Uns ist aber wichtig, dass auch die Muttertiere unter natürlichsten Bedingungen leben.“ Alle 14 Tage werden die 500 bis 600 Kilogramm Fisch entnommen, denn wenn sie die entsprechende Größe erreicht haben, werden sie mit Netzen abgefischt, lebend in Wiegebehälter gesetzt und schonend verladen. Mit einem speziellen Lebendfischtransporter kommen sie dann zum Verarbeitungsbetrieb nach Molln, wo sie je nach Nachfrage noch einige Tage weiter schwimmen.

Dort werden sie elektrisch getötet und mit Gewürzen für den Verkauf heißgeräuchert. Während in der konventionellen Zucht etwa ein Kilogramm Futter für ein Kilogramm Fisch benötigt wird, sind es in der Bio-Zucht rund 1,3 kg.
Das Bio-Futter für die Tiere kommt aus Österreich und besteht aus Fischmehl, Fischöl, Geflügelmehl, Getreide und anderen Zutaten. Was sich darin nicht findet, sind Arzneimittel oder chemische Zusätze. Ein Kilogramm Lebendfisch ergibt übrigens 0,3 bis 0,35 kg Räucherfisch. Nose-to-tail wird hier gelebt: Was Menschen nicht essen, wird zu Heimtiernahrung, lediglich die Innereien können nicht verwendet werden. Das ist nachhaltig und notwendig.

Viele Aufgaben
In den gut zweieinhalb Jahren zwischen Brut und Abfischen kann also viel passieren, vor allem, wenn die Fische im Freien schwimmen. Der Klimawandel macht auch vor der heimischen Fischzucht nicht Halt. Teilweise ist die Wassertemperatur heutzutage um ein bis zwei Grad höher als noch zu seinen Kindheitstagen.

Der vergangene Winter war einer der trockensten der letzten Jahrzehnte, mindestens seit 50 Jahren, sind sich die Wimbachers sicher. Normalerweise fließt dreimal so viel Wasser die Berge hinunter. Wenn es, wie zuletzt, endlich regnet, dauert es zwei bis drei Wochen, bis die fast zweieinhalbtausend Meter hohen Karstberge das Wasser bis ins Tal lassen.
Die lokalen Begebenheiten kommen dem Fisch – Niederschlag vorausgesetzt – entgegen, wie Steidl betont: „Das Wasser ist glasklar und eiskalt, weil es direkt aus dem Berg kommt. In Zeiten des Klimawandels leider keine Selbstverständlichkeit mehr.“ Gerade das macht den Bio-Saibling aus seiner Sicht zu einem besonderen Produkt: fein im Geschmack und eiweißreich.

Herzensanliegen
Das zu erhalten, liegt allen Beteiligten am Herzen – das betont auch Atzmüller abschließend: „Mit den Österreichischen Nationalparks verbindet uns eine jahrzehntelange Kooperation, weil diese einzigartigen Regionen den Schutz der Natur und Artenvielfalt ebenso hochhalten, wie wir bei Ja! Natürlich.“
Eine lange Zeit, die mit viel Risiko verbunden ist – sowohl was das Wetter, als auch was die Finanzen betrifft: „Wir sind froh, dass wir an Ja! Natürlich liefern dürfen, es ist eine sehr gute Zusammenarbeit.“ Und das wird auch in Zukunft so bleiben, sind die Glücks doch schon sehr lange im „Fisch-Business“. Mit dieser Erfahrung schafft man die Herausforderungen fast „mit links“.

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