••• Von Martin Rümmele
WIEN. Mit Jahreswechsel hat Julian Hadschieff nach 32 Jahren des Auf- und Ausbaus die Leitung von Österreichs größter Privatklinikengruppe abgegeben. Der Gesundheitsmanager hat das Gesundheitswesen über Jahrzehnte mitgeprägt. Im Interview spricht er über Höhepunkte, Niederlagen und wo die Probleme im System liegen.
medianet: Zuletzt gab es Kritik am Prikraf, Parteispenden und Lobbying durch den Club Tirol. Was sagen Sie zu dazu?
Julian Hadschieff: Privatkliniken versorgen über den Prikraf weit über 100.000 Patienten im Jahr. Gäbe es das System nicht, bräuchte es allein in Wien zusätzlich ein öffentliches Spital in der Größe des Wilhelminenspitals. Die Sozialversicherung zahlt Geld, weil sie für die Leistungen auch bei öffentlichen Kliniken zahlen müsste. Der Fonds ist so gebaut, wie die öffentlichen Fonds und genauso transparent. Die Ermittlungen zu den Spenden wurden eingestellt und was den Club Tirol betrifft, so ist das kein Lobbyingclub, sondern für Tiroler in Wien.
medianet: Aber man warf Ihnen Einfluss auf die Politik vor.
Hadschieff: Dass ich eine Gesinnung habe, ist bekannt: Ich bin bürgerlich und wirtschaftsliberal. Hier geht es aber um das Land Tirol und die Menschen. Der Club ist ein überparteilicher Kreis von Tirolern in Wien. Ich fühle mich dem Land verbunden, unabhängig wer Landeshauptmann ist. Die Nordkette bleibt, wo sie ist, egal wer der Landeshauptmann ist.
medianet: Sie haben die ersten Ausgliederungen öffentlicher Spitalsgesellschaften gestaltet und das System mitentwickelt. Was waren die Höhepunkte, was die Niederlagen?
Hadschieff: Der Schritt zur Professionalisierung und die Erkenntnis, dass ein Spital ein Wirtschaftsunternehmen ist mit sozialem Gesundheitsauftrag, hat sich durchgesetzt. Es war wichtig die Politik aus dem Tagesgeschäft rauszuholen. Dieser Professionalisierungsprozess ist österreichweit erfolgt, und da war ich sicher einer der Pioniere. Dann ist es gelungen, Privatspitäler zu leistungsstarken, unverzichtbaren Säulen der Versorgung zu machen und dafür auch die allgemeine Anerkennung zu bekommen. Aus Sanatorien wurden Privatkliniken mit persönlicher Betreuung, hohem Komfort und Top-Medizin. Das wurde auch in Pandemie anerkannt, als Privatspitäler Patienten öffentlicher Spitäler versorgt haben.
medianet: Und ihre Spitäler?
Hadschieff: Es ist gelungen, aus einem Start-up die führende Privatklinikengruppe zu etablieren. Es wurden auch Privat Public Partnership-Modelle implementiert, die gut funktionieren, wie das Gesundheitszentrum der SVS. Wir waren zudem die ersten mit allem unter einem Dach: stationärer Teil, Ordinationszentrum, Bandagist und so weiter.
medianet: Was sagen Sie zur Wahlarztdebatte?
Hadschieff: Es gibt immer mehr Menschen, die private Medizin suchen. Offenbar trifft das auch die Bedürfnisse der Menschen.
medianet: Wo liegen aktuell die Probleme im System?
Hadschieff: Das System hat durchaus infrastrukturelle Reserven, die aber nur teilweise genutzt werden. Der Personalbereich ist eine Herausforderung. Ausbildungskapazitäten wurden nicht rechtzeitig auf den aktuellen Bedarf ausgerichtet. Wir müssen alle lernen, auf die Bedürfnisse der Beschäftigten hinzuarbeiten. Über 70 Prozent der Beschäftigten sind Frauen. Wenn wir den Arbeitskräftemangel bekämpfen wollen, müssen wir familiengerechteres Arbeiten ermöglichen. Gut geführte Betriebe haben da weniger Probleme. Weiters sind die Berufsrechte viel zu rigide. Da sind wir sicher den falschen Weg gegangen. Auch der ärztliche Vorbehalt gehört neu definiert. Ich kann nicht Pflegekräfte akademisieren und beim ärztlichen Vorbehalt nichts tun.