•• Von Dinko Fejzuli
Mit TMC Strategy legt TMC – The Media Consultants ein neues Studienmodell vor, das die Rolle des einstigen Media Servers übernehmen will, indem es ebenfalls für die heimischen Medienbranche wichtige Crossmedia-Daten ausweist. Der neue Ansatz soll Mediennutzung gattungsübergreifend vergleichbar machen – von analogen Außenflächen über digitale Screens bis hin zu Radio, Streaming, Podcasts und Social Media. Und Hartl zu einem weiteren Motiv für den TMC Strategy: „Wir wollten nicht akzeptieren, dass die jahrelange Aufbauarbeit des Media Servers einfach verschwindet. Mit TMC Strategy führen wir die Kernidee fort – datengetriebene Mediaplanung auf Basis vergleichbarer Nutzungsmuster – aber angepasst an die ökonomischen und technologischen Realitäten von heute.“
Datenschatz heben
Die Erhebung basiert auf 5.138 Online-Interviews und bildet eine Grundgesamtheit von mehr als sieben Millionen Menschen zwischen 14 und 75 Jahren ab. Die Struktur folgt Quoten nach Bundesland, Geschlecht, Alter und Bildung „und erfüllt damit die Anforderungen an eine moderne, repräsentative Marktstudie“, so Hartl. Besonders interessant für die Planung sei, dass TMC Strategy zehn konsistente Medienkategorien und insgesamt 85 Planeinheiten ausweist – ein System, das sämtliche relevanten Medienkanäle Österreichs abdecken soll und damit die Grundlage für echte Crossmedia-Vergleiche zu bildet, so Hartl weiter.
Interessante Neuigkeiten
Und die Ergebnisse selbst? Die vorliegenden Zahlen zu den Touchpoints belegen deutliche Unterschiede in der Alltagsbewegung verschiedener Zielgruppen. Besonders deutlich fällt der Abstand bei Schule, Universität/Fachhochschule und klassischen „Jugendorten“ aus. Schulen erreichen 10,3% der Gesamtbevölkerung (E 14+), aber 15,4% der jungen Zielgruppe (E18-39); Hochschulen liegen bei 6,4% versus 13,5%. Auch das Kino wird von Jüngeren deutlich häufiger besucht (7,3% gegenüber 4,5%).
Erhöhte Werte der jungen Zielgruppe zeigen sich zudem in klar mobilitätsgetriebenen Bereichen: U-Bahn-Stationen (28,5% zu 22,7%), Hauptbahnhof (22,9% zu 18,0%) und Regionalbahnhöfe (24,3% zu 20,7%). Auch Fast-Food-Restaurants werden von Jüngeren stärker frequentiert (27,2% zu 18,7%). Andere Touchpoints liegen hingegen sehr nahe beieinander. Supermärkte bleiben mit 84,0% zu 81,8% der stärkste Kontaktpunkt insgesamt, und auch Einkaufszentren (32,3% zu 31,9%) sowie Einkaufsstraßen (21,4% zu 24,0%) weisen nur geringe Abweichungen auf. Ähnlich ausgeglichen sind Autobahnen, Parkgaragen oder Postfilialen.
Eine Gegenbewegung zeigt sich bei Touchpoints, die stärker gesundheitsbezogen sind: Apotheken erreichen 30,0% der Gesamtbevölkerung, aber nur 25,8% der Jüngeren; Arztpraxen liegen bei 23,4% zu 20,4%. In der Summe zeigt sich, dass die junge Zielgruppe überall dort überproportional vertreten ist, wo Mobilität, Ausbildung, Freizeit und schnelle Verpflegung zusammenkommen – während Versorgungs- und Gesundheitskontakte bei der Gesamtbevölkerung stärker ausgeprägt sind.
Gattung Radio wirkt
In der Audioanalyse zeigt die Erhebung, wie sich klassische und digitale Angebote ergänzen. Radio erreicht 61% der Gesamtbevölkerung, sinkt aber bei den 18- bis 39-Jährigen auf 42%. Spotify hingegen erzielt in dieser Zielgruppe 46%, während es in der Gesamtbevölkerung bei 27% liegt. Podcasts kommen auf 23% in der jungen Zielgruppe und auf 13% insgesamt.
Diese Nutzungsmuster deuten darauf hin, dass Radio auf Bevölkerungsebene weiterhin eine breite Basis bietet, während Streaming und Podcasts vor allem dort Kontaktchancen eröffnen, wo linearer Konsum an Bedeutung verliert.
Besonders aussagekräftig sind die Werte zur kanalübergreifenden Nettoreichweite. In der Beispielkombination aus Radio, Spotify, Instagram und TikTok beträgt die Reichweite der Einzelkanäle 42% (Radio) bzw. 11% (TikTok) in der Gesamtbevölkerung. Werden sie jedoch gemeinsam eingesetzt, steigt die Nettoreichweite auf 70%.
In der jungen Zielgruppe liegen die Einzelwerte bei 59% (Radio) und 30% (TikTok), während die Kombination 78% erreicht. Diese Zahlen belegen eindrücklich, dass Reichweite nicht durch einzelne dominierende Kanäle entsteht, sondern durch das Ergänzen unterschiedlicher Nutzungsmuster. Jede Plattform trägt einen Teil der Zielgruppe bei – erst gemeinsam entfaltet die Kampagne ihre Wirkung.
TV zieht weiter
Ein ähnliches Bild ergibt sich in der klassischen Kombination aus TV, Radio, Print und Out-of-Home. TV kommt auf 42% in der Gesamtbevölkerung und auf 35% unter 14- bis 29-Jährigen, während Out-of-Home 49 beziehungsweise 46% erzielt.
In der gemeinsamen Betrachtung steigt die Nettoreichweite auf 60% in der Gesamtbevölkerung und – wie im digitalen Beispiel – auf 78% bei den Jüngeren. Die Ergebnisse zeigen damit, dass sowohl klassische als auch digitale Kanalsets denselben Mechanismus aufweisen: Jeder Kanal adressiert andere Nutzungssituationen und andere Teile der Zielgruppe, wodurch sich die Reichweiten additiv aufbauen.
Potenziale heben
Die Erhebung mache deutlich, dass moderne Kampagnenplanung nur dann ihr volles Potenzial ausschöpfe, wenn unterschiedliche Medienkanäle konsequent kombiniert würden und genau an diesem Punkt setze TMC Strategy an. Hartl spricht von einem „übergeordneten Verständnis der Mediennutzung“, das Crossmedia erst möglich mache.
„Es geht nicht um einen simplen Reichweitenvergleich zwischen Sendern wie Ö3, KroneHit oder 88.6, sondern um ein übergeordnetes Verständnis von Mediennutzung. So lässt sich etwa klassische Radionutzung nahtlos in Relation zur Nutzung von Plattformen wie Spotify setzen – für eine integrierte, zukunftsorientierte Mediaplanung“, so Hartl abschließend.
Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Markus Hartl, Inhaber und Geschäftsführer von TMC
medianet: Herr Hartl, mit dem Tool TMC Strategy bieten sie, nach dem Ende des Media Servers Austria, wieder crossmediale Reichweitendaten an. Wie weit verstehen Sie die neue Studie als tatsächlichen Nachfolger?
Markus Hartl: Die Kernidee des Media Servers crossmediale Reichweitendaten zu erheben, haben wir mit TMC Strategy aufgegriffen, verfeinert und im Tool "Zervice" planbar gemacht.
medianet: Welche methodischen oder strukturellen Elemente des Media Servers waren für Sie so zentral, dass Sie sie unbedingt weiterführen wollten?
Hartl: Der Fokus liegt auf einer schnellen crossmedialen Vergleichbarkeit von 85 unterschiedlichen Nutzergruppen. Methodisch basiert die Studie auf Online-Interviews (CAWI) und damit auf der Erinnerungsleistung der Befragten.
medianet: Gleichzeitig sprechen Sie davon, dass TMC Strategy „flexibler, schlanker und praxisnäher“ ist. Was wurde konkret verbessert oder modernisiert?
Hartl: Die Herausforderung bestand darin, die unterschiedlichen Medianutzungstypen so zu erheben, dass die Befragten realistische und verlässliche Angaben machen können. Wichtiger Input kam dabei vor allem von den Mediaagenturen die im Tagesgeschäft damit arbeiten müssen.
medianet: Ein zentraler Baustein sind die zehn Medienkategorien – von Bewegtbild und Social über Audio und Print bis zu analogen und digitalen Außenflächen. Warum war diese neue Systematik notwendig?
Hartl: Es ist keine neue Systematik. Wir haben sie etwas verfeinert und an die Anforderungen der österreichischen Medienlandschaft 2025 angepasst
medianet: Sie veröffentlichen vorab einige ausgewählte Ergebnisse, etwa die kombinierten Nettoreichweiten aus Radio, Spotify, Instagram und TikTok. Was sagen diese Werte für Sie über die Wirksamkeit crossmedialer Kombinationen aus?
Hartl: Über die Wirksamkeit leider gar nichts. Es geht hier vor allem um die Darstellung des Nettoreichweiten-Zuwachs von crossmedialen Kampagnen. Wie sind die Überschneidungen zwischen z.B. Instagramm & TikTok? Kann in dieser Kombination die Nettoreichweite noch erhöht werden, oder sind es Doppelkontakte und hier gibt es deutliche Unterschiede in den Zielgruppen
medianet: Vor allem die jüngeren Zielgruppen (E 14–29) zeigen deutlich andere Nutzungsmuster. Dieses Ergebnis überrascht auf den ersten Blick nicht wirklich, aber welche weiteren Erkenntnisse kann man daraus ziehen?
Hartl: Vieles Wissen wir, oder glauben wir zu Wissen, jetzt kann es mit Zahlen belegt werden. Z.B. erreich wir die jüngeren Zielgruppen mit linearem Fernsehen immer schwieriger, als erste Alternative wird meistens Youtube genannt. Dabei gibt es einige österreichische TV-Theken die in der jungen Zielgruppe sehr gut performen.
medianet: Auch bei klassischen Medien – TV, Radio, Tageszeitungen und Out-of-Home – zeigen die kombinierten Nettoreichweiten deutliche Zusatzkontakte. Welche strategischen Lehren ergeben sich daraus für integrierte Kampagnen?
Hartl: Die zusätzlichen Nettoreichweiten zeigen sehr deutlich, dass klassische Medien miteinander kaum redundant sind, sondern sich im Gegenteil hervorragend ergänzen. Für integrierte Kampagnen ergibt sich daraus eine zentrale strategische Lehre: Wer mehrere klassische Kanäle kombiniert, erschließt Zielgruppen, die über einen einzelnen Kanal schlicht nicht erreichbar wären. Das gilt aber auch für digital. Integrierte Kampagnen profitieren nicht nur von mehr Kontakten, sondern vor allem von einer breiteren und qualitativ stärkeren Zielgruppenabdeckung.
medianet: Die Präsentation zeigt Touchpoint-Daten zu alltäglichen Umfeldern wie Supermarkt, Einkaufszentrum, Apotheke oder U-Bahn. Welche Rolle spielen diese Kontaktpunkte in modernen Kommunikationsstrategien?
Hartl: Alltägliche Touchpoints spielen eine immer wichtigere Rolle, weil sie die Menschen in Situationen erreichen, in denen sie besonders aufmerksam und offen für Botschaften sind. Diese Umfelder sind nah am realen Alltag, nicht im Medienkonsum verankert – und genau das macht sie strategisch wertvoll. Touchpoints im öffentlichen oder kommerziellen Raum sind damit ein zentrales Bindeglied zwischen klassischer Mediaplanung und realem Konsumentenverhalten – und erhöhen die Effektivität einer Kampagne deutlich.
medianet: Mit 85 Planeinheiten – von Citylights über digitale Screens bis hin zu Audio, Print und Social – verfügen Sie über einen außergewöhnlich breiten Datenbestand. Welche neuen Kreuzanalysen sind dadurch möglich?
Hartl: Alle möglichen Analysen, von Exklusiv-Nutzer, über Doppel-Nutzer bis zur Kombination, auf Basis von einem Tag, einer Woche, oder einem Monat
medianet: Was lässt sich aus diesen Kreuzdaten herauslesen, das frühere Studien in dieser Form nicht abbilden konnten?
Hartl: Der eigentliche "Schatz" im Datenbestand sind die gebildeten Wahrscheinlichkeiten, die eine Kampagnenplanung auf Kontaktbasis möglich macht. Die Berechnung der Kombinationsreichweite findet im Zervice statt. 100.000 Kontakte auf Instagramm, 50.000 Kontakte auf Facebook, 900.000 Kontakte im Radio & 2 Mio. Kontakte am Plakat ergeben eine berechnete Gesamt-Nettoreichweite für die Kampagne in der Zielgruppe.
medianet: Welche konkreten Produkte oder Analyseleistungen können Unternehmen bei TMC Strategy beauftragen – etwa Zielgruppenmodelle, Kategorien-Analysen oder Touchpoint-Auswertungen?
Hartl: An erster Stelle steht die Strategie: Welche Mediengattungen nutzt die Zielgruppe in welchem Ausmaß – dargestellt in einer Kreuztabelle. Ebenfalls relevant ist eine Touchpoint-Analyse, um die Zielgruppe noch besser kennenzulernen und ihre Alltagskontakte zu verstehen. Der daraus resultierende Mediamix wird wie üblich in den bestehenden Tools fein geplant und optimiert. Der fertige Mediaplan kann wieder in TMC Strategy analysiert werden um eine Gesamt-Nettoreichweite zu erhalten.
