••• Von Reinhard Krémer
Die Österreicher werden flexibler, wenn´s um’s Banking geht – und das ist nicht immer gut für die Hausbank: Mehr als zwei Drittel (78%) der Kunden verfügen über Konten bei mindestens zwei verschiedenen Banken. 20% davon sind sogar Kunden bei vier oder mehr Banken. Diese Ergebnisse zeitigte die aktuelle Global Consumer Banking Survey 2018 der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.
Vertrauen und Sicherheit
Einer der Gründe für die Wechselwilligkeit ist wohl auch eine Vertrauenskrise: Im Vergleich zum Jahr 2014 ist nämlich das Vertrauen der Österreicher in ihre Hausbank weiter gesunken – während vor vier Jahren noch 42% volles und 47% moderates Vertrauen in ihren primären Finanzdienstleister hatten, sind es 2018 nur mehr 39%, die ihrer Bank zur Gänze vertrauen, 56% haben noch moderates Vertrauen.
Der Schutz der persönlichen und finanziellen Daten ist für die Hälfte der Befragten der bedeutendste Grund für das Vertrauen in Primärbanken. Dass das Geld auf der Bank sicher ist, ist für 48% ausschlaggebend, 46% empfinden den Schutz vor betrügerischen Transaktionen als wichtig. Für 37% ist die vollständige Transparenz bei Kosten und Gebühren wesentlich, nur knapp ein Viertel (22%) empfindet die persönliche Beratung als essenziell.
Dennoch sind sich mehr als die Hälfte (52%) der Bankkunden einig, dass sie heutzutage weniger auf Banken angewiesen sind, da es mehr Möglichkeiten gibt, die eigenen Finanzen selbst zu verwalten.
Besonders die jungen Österreicher tun sich bei einem Bankwechsel noch leichter –hier stehen zweifellos die neuen Techniken im Vordergrund: Viele können sich vorstellen, zu einem (reinen) Online-Finanzdienstleister zu wechseln: Die Hälfte (50%) der 18- bis 34-Jährigen fühlt sich heute wohler dabei, einen Online-Anbieter als Finanzdienstleister zu verwenden, als es bisher der Fall war. 55% nennen sogar eine gute digitale Kundenerfahrung als Hauptgrund für den Finanzdienstleisterwechsel. Digitale Kanäle bzw. Online-Services werden dabei zunehmend zu einem essenziellen Kriterium, sich für eine bestimmte Bank zu entscheiden: Jeder dritte Österreicher (33%) würde aufgrund von besseren digitalen Diensten ohne zu zögern die Bank wechseln.
Bei einem guten Onlineauftritt verzichten Kunden sogar auf den persönlichen Kontakt zu Bankberatern. Über die Hälfte der Befragten (54%) gibt an, nur mit Mitarbeitern der Bank zu sprechen, wenn die Online-Services nicht ausreichend sind. Bei jungen Österreichern (18 bis 34 Jahre) ist diese Tendenz sogar noch deutlich ausgeprägter – siehe oben. Paradox: Ganz verzichten auf die traditionelle Bank und ihre Mitarbeiter will man doch nicht. Und so ist für knapp der Hälfte (48%) das Bestehen von Bankfilialen wichtig bzw. sehr wichtig.
Für viele ist der persönliche Kontakt, vor allem bei der Entscheidungsfindung, unumgänglich: Während sich mehr als drei Viertel (78%) der Kunden online über neue Bankprodukte informieren, wollen immer noch 64% vor dem Kauf persönlich mit einem Bankberater sprechen.
Ohne Menschen geht’s nicht
„Trotz digitaler Möglichkeiten und vernetztem Banking ist der persönliche Kontakt für viele Bankkunden immer noch ein wichtiger Bestandteil der Vermögensberatung, gerade bei komplexeren Produkten. Dennoch müssen sich auch traditionelle Filialbanken an den technologischen Wandel anpassen, um ihre Kunden künftig nicht an Online-Dienstleister zu verlieren. Dabei muss das veränderte Kundenverhalten analysiert werden, um die neuen Erwartungen zu erfüllen und den Vertrieb konkurrenzfähig für die digitale Zukunft zu machen”, so Armin Schmitt, Leiter des Bereichs Financial Services Advisory und Partner bei EY Österreich.
Digital und Filialen erwünscht
Bei den Gründen für die Auswahl eines neuen Finanzdienstleisters halten sich noch zwei Aspekte die Waage: 50% der Befragten erachten ein gutes und breites digitales Angebot als sehr wichtig, 48% geben, wie erwähnt, an, dass das Bestehen von Filialen von großer Bedeutung ist.
Somit wird deutlich, dass sowohl physische Präsenz als auch umfassende digitale Exzellenz von Bankkunden gewünscht und verlangt wird. Der Channel-Mix bewegt sich jedoch immer mehr in Richtung des digitalen Vertriebs – speziell Smartphone-Banking spielt bei jungen Österreichern (18- bis 34-Jährige) eine deutlich größere Rolle. Der Wunsch nach einem Kontowechsel ist oftmals zwar gegeben, jedoch für viele zu kompliziert – fast jeder Zweite würde zu einer konkurrierenden Bank wechseln, sofern der Wechselprozess einfacher wäre.
Kontowechsel als Hürde
Etablierte Banken sollten sich jedoch keinesfalls in Sicherheit wiegen: Zahlreiche FinTechs bieten bereits heute einen schnellen, einfachen, kostenlosen und volldigitalen Kontowechselservice an und reduzieren so diese Hürde.
Auch der nahtlose Wechsel der verschiedenen Kanäle innerhalb einer Bank ist für die Hälfte (50%) wichtig. „Simple Online-Anwendungen für alltägliche Finanzgeschäfte und ein verlässlicher, kompetenter Ansprechpartner, wenn es um komplexere Entscheidungen geht – für viele wäre das das ideale Bankenmodell. Um als Bank zukunftsfit zu werden, gilt es, den Spagat zwischen persönlicher Beratung und einfacher Online-Bedienung von Tools zu bewältigen oder anders gesagt: ‚Omnichannel-Exzellenz' wird zum essenziellen Erfolgsfaktor für Banken”, sagt EY-Experte Schmitt.