Regierung im Nebel
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HEALTH ECONOMY Ina Karin Schriebl 26.01.2018

Regierung im Nebel

Die Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie könnte für die Regierung zum Bumerang werden. Der Druck wächst.

••• Von Ina Karin Schriebl

WIEN. Der Plan von Schwarz-Blau, das Gesetz für eine rauchfreie Gastronomie zu kippen, sorgte gleich zu Beginn der ­Koalition für heftige Debatten. Beobachter orteten in den Plänen allerdings eine Nebelgranate, um die Diskussionen an Stammtischen von anderen Vorhaben abzulenken. Doch das könnte nun zu einem Bumerang werden. Denn nicht nur die Kritik ist enorm, es wächst auch der Widerstand in der Gastronomie selbst. Selbst kleine Wirtshäuser am Land, die etwa in Sozialen Medien ankündigen, rauchfrei zu bleiben, erhalten Hunderte positive Rückmeldungen.

Die neue Website „da.stinkts.net”, die einen Überblick gibt, wo rauchfreie Lokale sind, erhielt in kurzer Zeit Registrierungen von mehr als 1.000 Gaststätten eingetragen. Lokale können sich entweder selbst registrieren oder auch von Gästen vorgeschlagen werden. „Es kommen für uns nur 100 Prozent rauchfreie Lokale in Betracht”, so die privaten Initiatoren der Seite.

Volksbegehren kommt

Die Wiener Ärztekammer macht zudem nun wie berichtet Druck mit der raschen Initiierung eines Volksbegehrens. Damit könnte das Kalkül von manchen in der Regierung, dass sich das Thema bald wieder in Luft auflöst, nicht aufgehen. Denn das Thema verschwindet aktuell nicht von der politischen Tagesordnung, sondern erweckt mit der Diskussion über Kürzungen im Sozialbereich den Eindruck eines Fehlstarts.

Eine neue repräsentative GfK-Umfrage der „Ärzteinitiative gegen Raucherschäden” zeigt, dass die schwarz-blaue Bundesregierung mit dem geplanten Kippen des Gesetzes für eine rauchfreie Gastronomie gegen die Wünsche von satten 70% der Österreicher. agiert. Bei den Männern sind 62% für ein Rauchverbot in der Gastronomie (37% dagegen), bei den Frauen 77% (22% dagegen), der Rest ist unentschlossen.

„Der Bundeskanzler hat bis Dezember vergangenen Jahres das Versprechen abgegeben, er wird zu dem Rauchverbot in der Gastronomie stehen. Er wird damit wortbrüchig. Er stimmt gegen seine eigenen Wähler. Sie sind zu 85 Prozent Nichtraucher. Die ‚neue' ÖVP verliert damit an Glaubwürdigkeit. Die FPÖ festigt ihren Ruf als ‚Partei der rücksichtslosen Raucher und Raser'”, rechnete der Vorsitzende der „Ärzteinitiative” und Umweltmediziner Manfred Neuberger mit den Plänen der Regierungsparteien ab.
Die Zustimmung zu einem Rauchverbot in Lokalen geht auch quer über alle Bundesländer hinweg: In Wien sind 68% der Bevölkerung dafür, in Niederösterreich 63%, im Burgenland 70%, in der Steiermark 67% und in Oberösterreich 63%. In den vom Tourismus geprägten Bundesländern ist die Zustimmung noch höher: In Kärnten und Tirol äußerten sich 81% der Befragten positiv, in Salzburg 84% und in Vorarlberg 80%.

Breite Allianz

Die Österreichische Krebshilfe und die Ärztekammer hoffen indes auf die gesundheitspolitische Vernunft, was die Umsetzung des bisher geplanten Rauchverbots angeht. Die Vorarbeiten für ein allfälliges Volksbegehren laufen, sagten Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda und Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. „442.000 Menschen haben unsere Petition für die Umsetzung des Rauchverbots unterzeichnet. Wir werden die Petition übergeben, damit es in den Petitionsausschuss des Nationalrats kommt. Für uns waren die hohe Zustimmung und die vielen Unterschriften sehr überraschend und überwältigend”, sagte Sevelda.

Unterstützung erhält er von der ehemaligen Gesundheitsministerin und SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner. Die meisten europäischen Länder hätten bereits vor Jahren Rauchverbote eingeführt, Krankheiten wie Herzinfarkte oder Atemwegserkrankungen nähmen dort signifikant ab. In Österreich würden jährlich rund 13.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben.

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