Das CDO-Paradoxon
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INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 02.02.2024

Das CDO-Paradoxon

Es könnte kaum unlogischer sein: Die Bedeutung von Daten steigt, aber die Zahl der Chief Data Officer sinkt.

WIEN. Angetrieben durch das aktuell sehr große Interesse an generativer künstlicher Intelligenz (KI) stehen Daten weit oben auf der Agenda der Führungskräfte. Viele Unternehmen entscheiden sich für einen verstärkten Einsatz von Daten- und Analysetechnologien. Und dennoch: Laut aktueller „Chief Data Officer”-Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC in Zusammenarbeit mit Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, wurden 2023 weniger Chief Data Officer (CDO) ernannt als in den Vorjahren. Auch der Anteil der Unternehmen, die eine solche Rolle besetzt haben, sinkt.

Strategischer Faktor Daten

„Wir befinden uns an einem Wendepunkt, was die Nutzung von KI im Alltag vieler Menschen angeht. Infolgedessen überdenken Unternehmen ihre Datenstrategie, die als notwendige Grundlage für KI gilt”, kommentiert Matthias Schlemmer, Partner bei Strategy& Österreich und Experte im Bereich Data und AI. Die Analyse von Tausenden von Geschäftsberichten habe bestätigt, dass die strategische Nutzung von Daten aktuell einen wichtigen Erfolgsfaktor darstelle: So werde das Thema in den Geschäftsberichten häufiger erwähnt als im Vorjahr – im Durchschnitt 81-mal (plus 13%).

Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass die Anzahl der Firmen, die über einen CDO verfügen, im Vergleich zum Vorjahr um 14% gesunken ist. Nur 590 der 2.500 untersuchten Unternehmen beschäftigen einen CDO. Das entspricht einem Anteil von 24%. 2022 waren es mit 682 Unternehmen noch 27% der Firmen. Auch die Zahl der Neueinstellungen von obersten Datenchefs ist rückläufig: 2023 wurden 71 CDOs ernannt, im Jahr davor waren es 104. Global betrachtet sieht man Rückgänge in Europa und Nordamerika, während der Anteil der CDOs in Süd- und Lateinamerika sowie im Asien-Pazifik-Raum wächst.
Am höchsten ist die CDO-Dichte nach wie vor in der Finanzdienstleistungsbranche: 47% der Banken und 40% der Versicherungen beschäftigen einen CDO. Trotz Rückgängen von jeweils 51%. Besonders drastisch ist die Anzahl der CDOs in der Software- und Services-Branche gesunken – von 44% Prozent auf aktuell nur 27% .

Neue Chiefs am Start?

Diese Entwicklung kann laut PwC-Experten verschiedene Gründe haben: Zum einen dürfte der Hype rund um die CDO-Position langsam abflachen, denn viele Unternehmen haben mittlerweile die Rolle und Aufgaben im Unternehmen integriert. Aber auch Budgetkürzungen kommen als Erklärung in Betracht: „Im aktuell herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld verteilen Unternehmen die Verantwortung für die Daten möglicherweise auf verschiedene andere Rollen auf”, meint Rudolf Krickl, CEO von PwC Österreich.

In einer Welt, in der KI zunehmend als Schlüsselfaktor für Wettbewerbsvorteile gelte, seien in naher Zukunft jedoch auch neue Rollen wie die des Chief Knowledge Officers oder Chief AI Officers denkbar. „Diese wären betraut, die Sammlung, Analyse und Anwendung von Wissen und künstlicher Intelligenz innerhalb ihrer Organisationen zu steuern, um einen effizienten und vor allem sicheren Einsatz neuer Technologien zu gewährleisten”, so Krickl.

Spannungsfeld mit Fazit

Laut Schlemmer steckten Chief Data Officers oft in einem Dilemma: In vielen Unternehmen würden innovative Datenlösungen innerhalb der Fachbereiche entwickelt, unterdessen seien CDOs mit den weniger spannenden Aufgaben rund um Data Management und Data Governance betraut. Fest steht: Eine solide Datengrundlage wird für Unternehmen, die die Produktivitätsvorteile dieser Technologien nutzen wollen, ein wichtiger Erfolgsfaktor. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss sich auch die Rolle des CDO weiterentwickeln. (hk)

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